Analyse zu Trumps Panik-AussageEin Mann, der seinem Amt nicht gewachsen ist
Bob Woodwards Buch über Donald Trump ist ein Schocker und dürfte dem Präsidenten Probleme bereiten. Unter anderem spielt Trump die Coronavirus-Pandemie wider besseres Wissen herunter.
Nur selten werden Enthüllungsbücher zu einer politischen Belastung oder gar Katastrophe für die Enthüllten. Bob Woodward, diesem Altmeister schonungsloser Aufdeckung, könnte jedoch gelungen sein, was kein anderer Chronist der bizarren Präsidentschaft Donald Trumps bislang geschafft hat: In seinem am Mittwoch auszugsweise bekannt gewordenen Buch über Trump finden sich bemerkenswerte, ja schockierende Enthüllungen, die den Präsidenten in ein trübes Licht rücken und ihm beträchtlichen politischen Schaden zufügen könnten.
Im Zentrum von Woodwards Bericht steht ein Mann, der seinem Amt nicht gewachsen ist, ein Präsident, dessen Verteidigungsminister ihn als gefährlich und untauglich für die Präsidentschaft einstuft. Sein einziges Ziel ist die Wiederwahl, ihr zu Liebe geht Woodwards Trump buchstäblich über Leichen: Obschon ihm die vom Coronavirus ausgehende Gefahr bereits Anfang Februar bekannt ist, spielt Trump diese Gefahr herunter, weil er seine Wiederwahl nicht gefährden möchte. Statt zu handeln, polemisiert er, indes die Zahl der Corona-Toten steigt und steigt.
Grosse politische Gestalten wie Winston Churchill oder Franklin Roosevelt stellten sich einer Gefahr, sobald sie erkannt war, und führten ihre Nationen durch die Gefahrenstrecke. Sie schenkten ihren Bürgern reinen Wein ein, Trump hingehen verniedlichte die tödliche Wirkung des Virus. Anstatt die Amerikaner aufzuklären und Massnahmen zu ihrer Verteidigung gegen den Erreger zu ergreifen, belügt der Präsident die Bürger.
Warum sich Donald Trump wohl zu dieser Interviewserie mit Woodward hinreissen liess? Nicht einmal sein geschockter Wahlkampfstab hatte darauf am Mittwoch eine Antwort.
Zweifel daran gibt es keine: Dank Bob Woodward liegt nun ein Tonband vor, auf dem Trump die Pandemie wider besseren Wissens herunterspielt. Als seine Pressesprecherin Kaylie McEnany am Mittwoch von Reportern im Weissen Haus danach befragt wird, erwidert sie, Trump habe noch niemals das amerikanische Volk angelogen, er habe lediglich eine Panik vermeiden wollen.
Dazu gibt es nicht viel zu sagen. Denn die Tonbandaufnahmen der insgesamt 18 Interviews, die Woodward mit dem Präsidenten durchführte, sprechen für sich selbst. Trumps Standardlüge, er habe niemals gesagt, was hier und dort oder in diesem und jenem Buch behauptet wird, funktioniert angesichts dieser Mitschnitte natürlich nicht mehr.
Aber wird Woodwards erstaunlicher Report amerikanische Wähler bewegen, dem Präsidenten im November den Laufpass zu geben? Sein Fanklub wird sich wohl kaum durch dieses Buch erschüttern lassen, doch könnte es bei manchen Senioren und Vorstädtern den Verdacht erhärten, an den Schalthebeln der amerikanischen Regierungsmaschinerie sitze ein inkompetenter Präsident, dem nicht so sehr das Wohl der Bürger, sondern vor allem sein eigenes politisches Schicksal am Herzen liege.
Warum sich Donald Trump wohl zu dieser Interviewserie mit Woodward hinreissen liess? Nicht einmal sein geschockter Wahlkampfstab hatte darauf am Mittwoch eine Antwort.
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