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Meinung

Analyse zum Pflegenotstand
So geht das Spitalpersonal kaputt

Die Belastung nimmt zu: Pflegepersonal auf der Intensivstation im Spital in Locarno.
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Pflegefachleute in Heimen und Spitälern sind einer ausserordentlichen Belastung ausgesetzt, weil sie jenseits ihrer Belastbarkeit arbeiten müssen. Aber nicht erst jetzt. Sondern seit über einem Jahr. Inzwischen fühlt sich das Personal nicht nur erschöpft, viele Fachleute werden selber krank. Aus den Helfenden werden selber Patientinnen und Patienten. (Lesen Sie hier unsere Recherche dazu.)

Das hat viel mit der Pandemie zu tun. Letztlich hat das Virus aber nur Zustände verschlimmert, die schon lange herrschen. Wie der ehemalige SVP-Nationalrat Rudolf Joder errechnet hat, besteht seit über zehn Jahren ein Notstand. Zurzeit seien rund 25’000 Pflegestellen unbesetzt, sagt er. Erschwerend komme hinzu, dass viele der neu diplomierten Pflegefachleute den erlernten Beruf nach wenigen Jahren verlassen.

Die Pflegefachleute reden von einem Chaos auf den Stationen.

Derweil werden viele, die in diesem permanenten Ausnahmezustand arbeiten, von ihren Problemen überwältigt. Internationale Studien bestätigen, dass die psychischen Krankheiten bei den Pflegefachleuten zugenommen haben. Die Belastung führt zu Burn-outs. Dazu entwickeln sich Depressionen, Angstzustände, körperliche Versehrtheit, Schlaflosigkeit und posttraumatische Stresssymptome. Wodurch noch mehr Pflegende ausfallen. Und die Verbleibenden noch mehr schaffen müssen.

Die Pflegefachleute reden von einem Chaos auf den Stationen. Und sagen:

  • Kaum jemand trägt seine Maske korrekt.

  • Die Hygienevorschriften werden nicht durchgesetzt.

  • Das Pflegepersonal ist mehrheitlich nicht geimpft.

  • Die Krankenzimmer sind mit Patienten überfüllt, desgleichen manche psychiatrische Klinik.

  • Patienten, die ihre Stelle verloren haben, haben Geldprobleme und entwickeln Suizidgedanken.

  • Der Zugang zu Impfungen ist trotz Aufnahmestationen nicht überall gegeben.

  • Viele Minderjährige werden aus Platznot mit Erwachsenen platziert.

  • Die Information des Personals ist ungenügend.

Das alles erzählen Leute, die sich jeden Tag und viele Nächte um Patientinnen und Patienten kümmern. Dabei benötigen sie selber, was sie den anderen geben: Zuwendung, Unterstützung, Behandlung, Möglichkeiten zur Erholung. Also das, was Menschen aus einer Extremsituation heraushilft.

Damit ist die Politik gefragt, die das tut, was Politikerinnen und Politiker häufig tun: Sie signalisieren Sorge und Einsicht. Und geloben Besserung. Dennoch hat das Parlament einen indirekten Gegenvorschlag zur sogenannten Pflegeinitiative formuliert, der die Initiantinnen und Initianten enttäuscht. Sie sehen ihre Sorgen nicht genügend ernst genommen. Natürlich gehört ihre Kritik zum Drängen und Feilschen der Politik. Sie lässt sich aber nachvollziehen, weil die Belastung des Pflegepersonals schon so lange anhält.

Als wären die Probleme nicht schon gross genug, muss das Personal die Folgen der neuen bundesrätlichen Lockerungspolitik gewärtigen.

Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier vor allem der SVP und FDP lehnen die Initiative ab, weil sie grosse Mehrkosten befürchten. Je mehr Leistungen vollbracht würden und je mehr Menschen diese abrechnen könnten, so das Argument, desto mehr werde das Ganze kosten.

Als wären die Probleme nicht schon gross genug, muss das Personal die Folgen der neuen bundesrätlichen Lockerungspolitik gewärtigen. Sie werden die Leute noch mehr in die Überlastung treiben. Man fragt sich, was in den Spitälern noch passieren muss, bis etwas für die Leute passiert, die für die Kranken da sein müssten. Aber nicht als Patienten.

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