Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Neues Bürgerrechtsgesetz
So bekommen Sie in Zürich künftig den Schweizer Pass

Nur in einem Punkt geht Zürich weiter als der Bund: Kriminelle Jugendliche bekommen eine Wartefrist von zwei Jahren.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Dem Kosovaren Mergim Ahmeti wird der Schweizer Pass verweigert, weil er nicht genug Dorfbeizen aus Montlingen in St. Gallen aufzählen kann. Die Gemeinde Freienbach in Schwyz wollte einen Briten nicht einbürgern, weil er nicht wusste, woher Raclette kommt oder was Capuns sind. Und manchmal bekommt jemand den Schweizer Pass auch einfach nicht, weil die Nachbarn finden, die Person habe ihn «nicht verdient» (so geschehen bei einem Deutschen aus der Zürcher Gemeinde Neerach).

Wer sich in der Schweiz einbürgern lassen will, muss so einige Hürden nehmen. Alle sollen sie belegen, dass der Ausländer oder die Ausländerin integriert ist. Doch was «integriert sein» genau bedeutet, liegt im Auge des Betrachtenden. Bis 2018 war es Sache der Gemeinden und Kantone, über diese Frage zu entscheiden. Entsprechend unterschiedlich wurde das Einbürgerungsverfahren gehandhabt.

Dem Bund war das bewusst, darum revidierte er 2018 das Bürgerrechtsgesetz. Es definiert einheitliche Grundvoraussetzungen für die Einbürgerung.

Dennoch lässt der Bund den Kantonen etwas Spielraum. Gewisse Voraussetzungen können sie selber bestimmen, zum Beispiel, ob die Mindestwohndauer im Kanton zwei oder doch eher fünf Jahre lauten soll. Diesen Montag ging die Debatte über die kantonalen Anpassungen des Bürgerrechtsgesetzes im Zürcher Kantonsrat in die zweite Runde.

Eins vorab: Der Kantonsrat orientiert sich beim neuen Gesetz zum grössten Teil an dem vom Bund ausgearbeiteten Vorschlag. Für alle, die Zürcherinnen und Zürcher werden wollen, ändern sich vor allem zwei Dinge (die bereits in der ersten Debattenrunde bekannt wurden):

Bei kriminellen Jugendlichen will Zürich strenger durchgreifen. Wer als Jugendlicher kleine Vergehen wie Ladendiebstahl begangen hat, kann erst zwei Jahre nach der Tat ein Gesuch zur Einbürgerung stellen. Bei schweren Verbrechen wie Raub gilt eine Frist von bis zu fünf Jahren. Dies ist der einzige Punkt, in dem Zürich weiter geht als der Bund.

Zudem soll neu auch die Prüfung der Grundkenntnisse mit einem kantonalen Test vereinheitlicht werden. Das bedeutet, dass eine Bewerberin sich künftig vor allem über Geografie, Politik und Bildungssystem auf Kantonsstufe informieren muss. Dazu gehören auch historische Schlüsselereignisse oder wichtige Sehenswürdigkeiten im Kanton Zürich. Grundsätzlich gilt das gleiche Anforderungsprofil wie für die Grundkenntnisse über die Schweiz. Auf den Nachweis von Grundkenntnissen auf Stufe der Gemeinde wird hingegen künftig verzichtet.

Zur Orientierung einige Zahlen: Im Kanton Zürich leben rund 1,55 Millionen Menschen, Ende 2020 hatte rund ein Viertel von ihnen einen ausländischen Pass. Davon besitzen rund die Hälfte eine Niederlassungsbewilligung (Ausweis C), also den Ausweis, mit dem man sich einbürgern lassen darf.

Doch Einbürgerung, wie geht das überhaupt?

Diese Voraussetzungen müssen Sie erfüllen

Grundsätzlich gilt: Nur wer eine Niederlassungsbewilligung (C) besitzt, kann sich einbürgern lassen. Zudem muss die Person seit mindestens zehn Jahre in der Schweiz wohnen, davon zwei Jahre in der eigenen Gemeinde. Bei unter 25-Jährigen reichen zwei Jahre Aufenthalt im Kanton. Das hat der Kantonsrat in der ersten Runde der Debatte beschlossen. 

Weiter muss die Bewerberin mit «den schweizerischen Lebensverhältnissen vertraut» sein, über Grundkenntnisse der geografischen, historischen, politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse im Kanton und in der Gemeinde verfügen und am lokalen Wirtschaftsleben teilnehmen. Klingt kompliziert, ist es auch. Dazu später mehr.

Und auch ein paar persönliche Voraussetzungen müssen gegeben sein. Die Person muss zum Beispiel genügend Deutschkenntnisse (Niveau B1 mündlich und A2 schriftlich) besitzen, darf nicht vorbestraft sein, keine Sozialhilfe bezogen haben und muss alle «wichtigen» Rechnungen wie Steuern, Mieten, Krankenkassenprämien, Bussen und Unterhaltszahlungen beglichen haben.

So werden die Voraussetzungen überprüft

Ob die gesuchstellende Person die Kriterien erfüllt, überprüft der Kanton anhand von Registereinträgen. Die einzubürgernde Person muss also Betreibungsauszüge, Strafregisterauszüge, Nachweise über die Dauer des Aufenthaltes, Vermögensangaben, Empfehlungsschreiben von Schweizer Bürgern und vieles mehr einreichen. Die detaillierte Auflistung dazu, was im Kanton Zürich eingereicht werden muss, finden Sie hier.

Ob die Deutschkenntnisse ausreichen, entscheidet die Wohngemeinde. Als Nachweis reicht ein Sprachzertifikat oder ein Schulzeugnis. Auch die Antwort auf die Frage, ob die geografischen, historischen, politischen und gesellschaftlichen Grundkenntnisse ausreichen, obliegt der Gemeinde. Die einzubürgernde Person wird dafür zu einem Gespräch eingeladen, bei dem sie Fragen zu den kantonalen und lokalen Gepflogenheiten beantworten muss und gleichzeitig aufzeigen kann, dass sie im sozialen und kulturellen Leben der Gemeinde aktiv ist. Eine einheitliche Regelung gibt es hier jedoch nicht, manche Gemeinden sind dabei deutlich strenger als andere. Ob Sie die Kriterien der Stadt Zürich erfüllen würden, können Sie hier überprüfen.

So viel müssen Sie für die Einbürgerung bezahlen

Die Kosten für den Schweizer Pass setzen sich aus den Tarifen bei Bund, Kanton und Gemeinden zusammen. Das Staatssekretariat für Migration erhebt für Erwachsene 100 Franken und für Minderjährige 50 Franken. Beim Kanton kommen 500 Franken für über 25-Jährige und 250 Franken für jüngere Personen hinzu. 

Weiter kommen dann noch die kommunalen Gebühren dazu, wobei sich diese von Gemeinde zu Gemeinde stark unterscheiden. Die Stadt Zürich hat dieses Jahr zum Beispiel beschlossen, dass Bewerber unter 25 Jahren keine kommunalen Gebühren mehr bezahlen sollen. Über 25-jährige Ausländerinnen und Ausländer hingegen müssen 1200 Franken berappen, wenn sie nicht in der Schweiz geboren sind.

Auch die Kosten für den Deutschtest und die diversen Auszüge muss die Bewerberin selbst tragen. Alles in allem kann die Einbürgerung in Zürich (je nach Gemeinde und Alter des Bewerbers) zwischen 2000 und 4000 Franken kosten. Die SP und die Grünen wollten die Gebühren auf kantonaler und kommunaler Ebene komplett streichen, sind mit einem Minderheitsantrag jedoch gescheitert. 

Diese Gremien entscheiden, ob Sie den Pass bekommen

Ob Sie Schweizerin oder Schweizer werden, entscheidet je nach Gemeinde die Gemeindeversammlung, das Gemeindeparlament, der Gemeinderat oder eine besondere Bürgerrechtskommission. In vier von fünf Zürcher Gemeinden werden die Gesuche von der Exekutivbehörde, also vom Gemeinderat oder der Bürgerrechtskommission, bearbeitet. In den übrigen Gemeinden entscheidet die Legislative, also die Gemeindeversammlung oder das Parlament.

Dies war früher anders. Bis 2003 entschied stets die Gemeindeversammlung oder das Parlament über eine mögliche Einbürgerung. Dabei wird öffentlich darüber debattiert, ob die Bewerberin den Pass bekommen soll, kritische oder das Privatleben betreffende Fragen dürfen direkt an die anwesende Person gerichtet werden. Diese Praxis hat zu kuriosen Begründungen geführt, wieso eine Person den Schweizer Pass nicht bekommen sollte, und wurde grösstenteils eingestellt. Bewirkt hat das ein Bundesgerichtsentscheid von 2003. Wenn eine Gemeinde einen Ausländer heute nicht einbürgern will, weil er zu wenig über Raclette weiss, kann dieser nun Rekurs einlegen. Falls der Grund für die Ablehnung nicht stichhaltig ist, wird er trotz Gemeindewillen eingebürgert.

In etwa vier Wochen soll die Schlussabstimmung über das neue Bürgerrechtsgesetz folgen, es wird wohl angenommen werden. Doch ob es dann wirklich in Kraft treten wird, ist zu bezweifeln. Die SVP hat bereits ein Referendum angekündigt, weil sie die Kriterien zu lasch findet. Kommt dieses zustande, wird das Zürcher Stimmvolk das letzte Wort bekommen.