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AboEinbürgerungen im Kanton Zürich
SVP will Regeln für roten Pass verschärfen, beisst aber auf Granit

Wer wann den Schweizer Pass erhalten soll, war im Kantonsparlament umstritten.

Seit 2018 gelten neue, verschärfte Bundesvorgaben für die Einbürgerung von Ausländerinnen und Ausländern. Und sie gelten neu in der ganzen Schweiz. Als Voraussetzung gilt zum Beispiel, dass ein Gesuchsteller die Niederlassungsbewilligung C besitzt. Minimale Wohnsitzdauer ist zehn Jahre.

In der Schweiz wurden 2019 34’000 Personen im ordentlichen Verfahren eingebürgert, im Kanton Zürich 8500.

«Es heisst nicht mehr Daumen hoch oder Daumen runter.»

Jacqueline Fehr, Justizdirektorin

Justizdirektorin Jacqueline Fehr (SP) sagte am Montag im Kantonsparlament, seit zwei Leiturteilen des Bundesgerichts im Jahr 2003 sei die Einbürgerung «nicht mehr ein willkürlicher politischer Entscheid», sondern ein Verwaltungsakt. «Es heisst nicht mehr Daumen hoch oder Daumen runter.» Sie hatte vor Umsetzung des neue Rechts genauso wie die Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP) ausländische Staatspersonen ermutigt, sich einbürgern zu lassen, bevor das härtere Recht in Kraft tritt. Resultat war eine etwas höhere Einbürgerungsquote.

Den Kantonen lässt der Bund etwas Spielraum, um an den Voraussetzungen zu schrauben. Sie können etwa entscheiden, ob die Mindestwohndauer im Kanton zwei oder doch eher fünf Jahre lauten soll. Um einzelne Voraussetzungen debattierte der Kantonsrat am Montag leidenschaftlich. Auf der Traktandenliste stand die Totalrevision des Kantonalen Bürgerrechtsgesetzes aus dem Jahr 1926.

Der Entwurf des Regierungsrats entfernt sich nicht stark von der Bundesvorgabe. Strenger wird es etwa für kriminelle Jugendliche.

FDP hilft SVP nur teilweise

Jacqueline Fehrs Vorschlag kam gut an im Parlament. Ausser bei der SVP. Diego Bonato (Aesch) bezeichnete das Bürgerrecht als «alles überragendes politisches Recht» und sagte: «Die Vorlage ist viel zu weich.» Deshalb wolle man sie verschärfen – und das Referendum ergreifen, wenn die SVP-Vorschläge scheitern.

Alle anderen Fraktionssprecherinnen und -sprecher hielten dagegen. Sibylle Marti (SP) sprach von einem breit abgestützten Kompromiss. Michael Biber (FDP, Bachenbülach) sagte, man solle keine künstlichen Hürden aufstellen. Für Sonja Gehrig (GLP, Urdorf) solle der Kanton Zürich weltoffen bleiben. Es sei erwiesen, dass die Einbürgerung die Integration fördere. Silvia Rigoni (Grüne, Zürich) und Anne-Claude Hensch Frei (AL, Zürich) hätten gerne mehr Erleichterungen gehabt. Trotzdem lobte Rigoni die Regierung, die das Maximum herausgeholt habe, das im Kanton Zürich zu erreichen sei. Jean-Philippe Pinto (Die Mitte, Volketswil) meinte, die Schweiz habe eine vergleichsweise tiefe Einbürgerungsquote. Seit vor allem die Exekutiven über das Bürgerrecht entscheiden, habe sich die Diskussion versachlicht. Walter Meier (EVP, Uster) sprach sich gegen Verschärfungen aus.

Das sind die grössten Streitpunkte im Kantonsrat:

  • Deutschkenntnisse: Bewerberinnen und Bewerber müssen «fähig sein, sich im Alltag in Wort und Schrift (…) in deutscher Sprache zu verständigen», heisst es im neuen Gesetz. Das entspricht den Niveaus B1 (mündlich) und A2 (schriftlich). SVP und FDP forderten höhere Niveaus. «Die Sprache ist die Schlüsselkompetenz für eine gelungene Integration», sagte Fabian Müller (FDP, Rüschlikon). «Realitätsfremd», konterte Sonja Gehrig. Der SVP/FDP-Vorschlag entspreche den Französischkenntnissen auf Maturniveau. Das würde insbesondere Frauen und tiefere Bildungsschichten benachteiligen, sagte Silvia Rigoni. Der SVP/FDP-Vorschlag scheiterte mit 74:96 Stimmen.

  • Vorstrafen: Wer im Strafregister-Informationssystem des Bundes einen Eintrag hat, der eine bestimmte Strafhöhe übertrifft, wird nicht eingebürgert. Das gilt für alle. Im Fall von jugendlichen Einbürgerungswilligen ist die Zürcher Regierung strenger als der Bund. Er definierte eine Wartefrist von zwei Jahren bei Vergehen wie Ladendiebstahl bis fünf Jahren bei Verbrechen wie Raub. SP und Grüne wollten dieses «Unikum» (Sibylle Marti) rückgängig machen, scheiterten aber mit 51:112 Stimmen.

  • Aufenthaltsdauer: Schweizer, die sich in der neuen Wohngemeinde einbürgern lassen wollen, müssen zwei Jahre da wohnen. Der Versuch von Grüne/SP/GLP, diesen Passus ganz zu streichen, scheiterte mit 81:90 Stimmen. Umstritten war auch die Mindestaufenthaltsdauer der Ausländerinnen. Links wie rechts scheiterten mit Lockerungen respektive Verschärfungen. Am Ende blieb es beim Vorschlag der Regierung: Zwei Jahre in der Gemeinde – analog den Schweizer Bürgern. Bei unter 25-Jährigen reichen zwei Jahre Aufenthalt im Kanton.

Weitere umstrittene Punkte betrafen säumige Zahler und den Kostenvorschuss. Resultat: Wer sich einbürgern lassen will, sollte seine «wichtigen» Rechnungen bis fünf Jahre vor dem Gesuch rechtzeitig bezahlt haben. Wichtig sind etwa Steuern, Mieten, Krankenkassenprämien, Bussen oder Unterhaltsbeiträge. Und man sollte in der Lage sein, die Kosten für das Verfahren vorzuschiessen – ein Passus, den SP und Grüne erfolglos zu streichen versucht haben.

Am 4. Oktober wird die Debatte fortgeführt. Dabei wird um es etwa um die Gebühren gehen. Falls die SVP ihre Ankündigung wahrmacht, wird es zu einer Volksabstimmung über das Bürgerrechtsgesetz kommen.

2012 hatte das Zürcher Stimmvolk sowohl ein deutlich schärferes Bürgerrechtsgesetz à la SVP als auch ein etwas schärferes aus der Küche der gemässigten Rechten abgelehnt.