Dynamische Preise im Wintersport«Die Schweiz tendiert in Richtung Zwei-Klassen-Skigesellschaft»
Der Konsumentenschutz kritisiert variable Tarife für Tagespässe. Dessen Geschäftsleiterin doppelt nun in der deutschen Presse nach.
Mal kostet die Tageskarte 71 Franken, drei Tage später 66: Flexible Preise haben sich in vielen Schweizer Skigebieten durchgesetzt. Der Konsumentenschutz hat die dynamischen Preismodelle von zwölf Destinationen untersucht und kürzlich Kritik daran geübt, weil das System intransparent sei.
Wie kontrovers die Preisgestaltung hierzulande diskutiert wird, dürfte nun auch die eine oder andere deutsche Zeitungsleserin wissen. Die Geschäftsleiterin der Schweizer Stiftung für Konsumentenschutz, Sara Stalder, hat dem Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» nämlich ein Interview zum Thema gegeben – und dabei kein Blatt vor den Mund genommen. Hier drei ihrer Kritikpunkte:
«Zwei-Klassen-Skigesellschaft»
«Es ist manchmal günstiger, auf die Malediven zu fliegen, als eine Woche Ski zu fahren», gibt Stalder im «Spiegel»-Gespräch zu bedenken. Mit dem Satz versucht sie zu verdeutlichen, dass der Wintersport in der Schweiz aus ihrer Sicht zwar nach wie vor zum Alltag gehöre, wegen steigender Kosten «allerdings bei der jüngeren Schweizer Bevölkerung immer weniger».
In grossen Skigebieten seien die dynamischen Preise «teilweise Abzocke». Für manche Familien und den Mittelstand seien sie nur noch schwer erschwinglich. Ihnen blieben nur noch die kleinen Wintersportorte. «Ob Zermatt oder die Aletsch-Arena – die sind international bekannt, dort reisen die Gäste oft aus dem Ausland an, und die kämpfen bestimmt nicht mit Existenzproblemen.»
Für die Geschäftsleiterin tendiert die Schweiz «in Richtung einer Zwei-Klassen-Skigesellschaft». Immerhin gehe manch kleineres Skigebiet mit gutem Beispiel voran und verabschiede sich wieder von dem Ticketsystem.
«Fantasiepreise»
Flexible Preise gibt es in vielen Bereichen, etwa bei Flugtickets, die je nach Nachfrage teurer oder billiger sind. Auf diese Weise kann man die Besucherströme lenken. Warum nicht auch in Winterdestinationen?
Für Konsumentenschützerin Stalder hinkt der Vergleich. «Das geht bei einem Flugzeug, das geht bei einem Hotel, das geht überall dort, wo die Kapazität beschränkt ist.» Nicht aber in Skigebieten. «Es wird niemals eine Deckelung der Besucherzahlen geben.»
Dynamische Preise führten nur dazu, dass «die Kunden nicht mehr wissen, was ein korrekter Preis wäre, sie verlieren das Gespür für einen guten Preis». Besonders dann, wenn ein Skigebiet nicht einmal die Minimal- und Maximalpreise für einen Tagespass angebe, könne es «Fantasiepreise» geben. (Hier geht es zum Datenvergleich zu den Skipässen.)
«Nur Skigebiete profitieren»
Bei den dynamischen Modellen gibt es für Stalder unter dem Strich nur einen Gewinner: «Aus unserer Sicht profitieren nur die Skigebiete.» Die Leidtragenden seien die Skifahrer und Skifahrerinnen.
Die Betreiber sagten zwar, dass Frühbucher günstigere Tickets bekämen, so Stalder. Doch sie lässt das Argument nicht gelten: «Wenn es neblig oder windig ist, die Schneebedingungen schlecht sind, sie krank sind und nicht auf die Piste möchten, setzen sie unter Umständen ihr Geld in den Sand.» Oft gebe es nämlich gar keine Rückgabemöglichkeit. Nur die Hälfte der zwölf untersuchten Gebiete erstatte Geld bei Unfall oder Krankheit zurück, fünf bei Betriebseinschränkungen.
Der einzige Fall, bei dem sich das frühe Buchen lohnen könnte, seien feste Ferientermine.
In einer ersten Version dieses Artikels wurde Sara Stalder fälschlicherweise als Präsidentin der Stiftung bezeichnet. Sie ist jedoch deren Geschäftsleiterin.
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