Absage um AbsageDie Fahrer sind «verrückt drauf» – Chaos im Skiweltcup
In Beaver Creek konnte keines der drei geplanten Rennen stattfinden. Nachgeholt werden können nicht alle. Und Marco Odermatt äussert schon mal Sicherheitsbedenken.
Sieben Rennen angesetzt, eines durchgeführt – Differenz sechs. Es ist bislang ein äusserst komplizierter Weltcupwinter für die Männer, abgesehen vom Slalom in Gurgl wurde abgesagt, was abgesagt werden konnte. Nach den beiden Abfahrten konnte in Beaver Creek auch der für Sonntag vorgesehene Super-G nicht durchgeführt werden, es wütete ein Schneesturm, und der Wind wehte derart heftig, dass phasenweise die Lifte abgestellt werden mussten. «Es steht 3:0 für die Natur», sagte Markus Waldner, beim Weltskiverband FIS als Rennchef tätig. Und er sagte, was am Sonntag wohl alle Athleten und Betreuer beschäftigte: «Hoffentlich erwischen wir bei diesen schwierigen Wetterverhältnissen alle den Flieger. Die Rückreise könnte ziemlich kompliziert werden.»
Der Tross verliess den US-Bundesstaat Colorado also unverrichteter Dinge, der erste von zwei Übersee-Trips war wie zuletzt so vieles: für die Katz. Immerhin konnte die eine oder andere Trainingsfahrt bei guten Bedingungen durchgeführt werden, das Schweizer Team etwa war schon am 14. November nach Nordamerika gereist. Die Speedfahrer aber warten noch immer darauf, erstmals rennmässig in Aktion zu treten. Und ja: Marco Odermatt steht auch nach dem ersten Adventssonntag ohne einzigen Weltcuppunkt da.
«So schlimm wie jetzt war es nie»
Und so stellt sich bereits im ersten Saisonviertel die Frage: Wie weiter? Es ist davon auszugehen, dass zumindest zwei der bisher ausgefallenen Speedbewerbe ersatzlos gestrichen werden. Die eine in Zermatt ausgefallene Abfahrt wird in Gröden nachgeholt, je ein zusätzliches Speedrennen könnte zudem Mitte Januar in Wengen und einen Monat später in Kvitfjell ausgetragen werden.
Aber aus den ursprünglich geplanten 21 Bewerben in den schnellen Disziplinen wird kaum etwas werden – und weitere Absagen sind in den nächsten Wochen und Monaten alles andere als ausgeschlossen. «Die Abfahrer sind gerade ziemlich angefressen», sagte Österreichs Alpinchef Herbert Mandl. «Da gehen Preisgelder verloren, das schmerzt. Und die Fahrer haben weniger Chancen, sich den Sponsoren präsentieren zu können.» Hans Flatscher, Mandls Pendant bei Swiss-Ski, hielt fest: «Ich kann mich nicht an einen solch komplizierten Saisonbeginn erinnern. So schlimm wie jetzt war es nie.» Flatscher sagt, die Fahrer müssten nun geduldig bleiben. «Wer das schafft, wird in den nächsten Rennen einen Vorteil haben.»
«Da müssen wir über die Bücher gehen»
Die Woche in Beaver Creek deckte einmal mehr die Schwächen im System auf. Am Donnerstag etwa war das Wetter perfekt, die Fahrer aber genossen einen freien Tag, weil sie bereits zwei Trainings absolviert hatten. Viele verstanden nicht, dass wegen der schlechten Prognosen nicht eines der Rennen vorgezogen wurde. Nur: Das ist nicht möglich, die TV-Verträge erlauben derlei kurzfristige Anpassungen nicht. Wobei selbst FIS-intern mittlerweile einige eine Anpassung der Kontrakte fordern.
Überdies ist der Kalender überladener denn je, freie Wochenenden gibt es bis Ende März keine. «Da müssen wir über die Bücher gehen», resümierte ÖSV-Alpinchef Mandl. Es droht in diesem Winter jedenfalls ein krasses Missverhältnis zwischen Speed- und Technikrennen, sind doch 13 Slaloms und 11 Riesenslaloms geplant, deren Durchführung in der Regel weit weniger gefährdet ist. Wobei: In diesem Winter schaffte es der Wind sogar, dass in Sölden der erste Riesenslalom-Lauf abgebrochen werden musste.
Vor der Abreise aus Beaver Creek liess Justin Murisier ausrichten, es seien gerade viele Fahrer etwas «verrückt drauf», es sei eine sehr mühsame Situation. Teamkollege Marco Odermatt seinerseits fordert nun Vernunft bei der Programmgestaltung. «Ich verstehe alle, die Rennen nachholen wollen. Aber es muss auch Sinn ergeben. In Gröden und Alta Badia wird es fünf Rennen in fünf Tagen geben, davor sind zwei Trainings angesetzt. Und dann gibt es bei der FIS Arbeitsgruppen bezüglich Verletzungsprophylaxe, das widerspricht sich.» Auch FIS-Rennchef Markus Waldner stellt klar, dass nicht einfach willkürlich Rennen eingeschoben werden dürfen. «Sonst wird es für die Athleten gefährlich.»
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