Erfinderin des mRNA-ImpfstoffsSie wird als Retterin der Menschheit gefeiert
Der mRNA-Impfstoff von Moderna und Biontech geht auf eine Frau am staatlichen amerikanischen Impfforschungszentrum zurück: Kizzmekia Corbett – Naturwissenschaftlerin und Feministin.
Die US-Regierung hat die Patentfrage wieder aufs Tapet gebracht und möchte während der Corona-Pandemie den Schutz des geistigen Eigentums aufheben. Was sie dabei nicht zum Thema machte: Ein wichtiges Patent auf die Technologie der mRNA-Impfstoffe gehört den USA. Denn es waren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Nationalen Gesundheitsinstituts (NIH), die den neuartigen Ansatz entdeckten. Unter den Namen der zwölf im US-Patent festgehaltenen Forschenden ist auch ihrer: Kizzmekia Corbett. Die inzwischen 35-Jährige ist die Leiterin des Corona-Teams des NIH-Impfforschungszentrums. Sie wird in den USA als Retterin der Menschheit gefeiert.
Die Mikrobiologin Corbett und ihr Team entwickelten einen zentralen Bestandteil der mRNA-Impfstoffe. Es geht dabei um das Verfahren, eine Kopie der genetischen Bauanleitung (mRNA) für das Spike-Protein des Coronavirus für den Impfstoff zu nutzen. Das Patent Nummer 10.960.070 – kurz 070 genannt – beschreibt den Weg, dieses Protein in einer gewissen Form zu stabilisieren, die für den Impfstoff am wirkungsvollsten ist. Die Grundlage für den Einsatz von mRNA zur Aktivierung des Immunsystems geliefert hat übrigens auch eine Frau: Katalin Karikó. Die nun 66-Jährige aus Ungarn stammende Biochemikerin forscht noch immer an einer US-Universität (seit 2013 ist sie zudem Vice President der deutschen Impfstoff-Firma Biontech).
Sie gibt den Impfstoff-Forscherinnen ein Gesicht
Auf Twitter nennt sich Corbett KizzyPhD (das Kürzel PhD steht in den USA für Doktor) und kündigt ihre Auftritte im Fernsehen oder auch auf Kirchenevents an. Sie fordert auf, sich impfen zu lassen. Aber sie spricht auch zum Thema «Rasse, Glaube und Wissenschaft in Covid-Zeiten». Denn die Afroamerikanerin ist nicht nur Naturwissenschaftlerin, sondern auch eine schwarze, feministische Aktivistin.
Corbett gibt dem Forschungserfolg gegen die Pandemie ein Gesicht. Und zwar ein farbiges, was gerade mit Blick auf die «Black Lives Matter»-Bewegung wichtig ist. Der US-Chefinfektiologe Anthony Fauci konnte so auf Corbett verweisen, als er auf einem Forum nach dem Beitrag der Afroamerikaner zur Impfstoffforschung gefragt wurde. Was zählt, ist nicht nur, dass eine hochwirksame neuartige Impfstoff-Technologie gefunden wurde, sondern auch, dass es eine farbige Frau ist, die dabei massgeblich war.
«Meine Tweets gehören mir, meine Wissenschaft der Welt.»
«Ich habe nicht begonnen, am Coronavirus zu forschen, um einen Impfstoff zu entwickeln. Sondern um ein tieferes Verständnis der Immunantworten auf eine Impfung zu bekommen, damit wir vielleicht mal einen Impfstoff entwickeln könnten», sagt Corbett. Sie befasst sich schon seit vielen Jahren mit MERS-CoV und anderen Coronaviren, das Patent 070 stammt schon aus dem Jahr 2017. Das neue Virus SARS-CoV-2 hat Corbetts Impftechnologie nun zu weltweiter Brisanz verholfen.
«Meine Tweets gehören mir, meine Wissenschaft der Welt», so definiert Corbett ihr Motto auf Twitter. Tatsächlich ist es so, dass die USA keine Exklusivhoheit auf ihr Patent einfordern. Sie haben es an eine Reihe von Firmen auslizenziert, das heisst, sie geben es weiter. Wie die «Financial Times» schreibt, zahlen die Unternehmen an die USA Lizenzgebühren, unter anderem Biontech. Die US-Firma Moderna ist dagegen ein Sonderfall, von ihr verlangt die Behörde keine Lizenzgebühr.
Kurz nach seinem Amtsantritt machte US-Präsident Joe Biden einen Besuch im NIH und liess sich von Corbett über die mRNA-Technologie unterrichten – ein Fototermin, mit dem er der Forscherin Respekt zollte. Die Wissenschaftlerin selbst hält sich jedoch aus der Politik heraus. Zur Patentfrage hat sie sich jedenfalls bislang nicht geäussert.
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