Glosse über Gender-PflanzenSie ist pflegeleicht und heisst Jack
Die Männerpflanze steht unter Sexismusverdacht. Echt jetzt?
Eigentlich weiss man es: Bei Galaxus findet sich «fast alles für fast jede*n». Getreu diesem Werbespruch hat der Onlinehändler also kürzlich die Männerpflanze ins Sortiment aufgenommen, ein Produkt, das sich die Firma Fleurop ausgedacht hatte, um ihre Ware endlich auch an den Mann zu bringen.
Des Mannes neue grüne Kumpel heissen Bruce, Jack oder auch Frankie. Ihre beste Eigenschaft ist «pflegeleicht», ihr grösstes Handicap der Preis: Für einen 15-Zentimeter-Jack, übrigens ein dicker Kaktus, muss man 69 Franken hinblättern. Für Bruce, 100 Zentimeter, Typ Western-Film-Gewächs, sogar satte 209 Franken. Immerhin: Im Starter-Kit inbegriffen ist nicht nur die Pflanze, sondern auch ein hübscher Übertopf. Weder Bruce noch Jack müssen also umgetopft werden – Mann bestellt, packt aus, stellt hin, fertig ist die Wohndeko.
Allerdings sind die potenziellen Käufer nicht nur begeistert. Richtig krasse Abzocke sei das, finden einige User. Die meisten regen sich jedoch ganz grundsätzlich auf: Gender-Pflanzen, das sei wirklich völlig unnötig und ganz mieses Marketing, heisst es in den Onlinekommentaren. Auf dem Newsportal «Nau» beklagte sogar eine Geschlechterforscherin allen Ernstes, der Begriff «Männerpflanze» suggeriere, dass Männer keinen grünen Daumen hätten und darum sexistische Stereotypen zementiere.
Beim Frauenrasierer schreit auch niemand, dass die Bezeichnung sexistisch ist. Zumindest bisher nicht.
Tatsächlich so schlimm? Beim Frauenrasierer schreit doch auch niemand, dass die Bezeichnung sexistisch ist. Zumindest bisher nicht. Beim Männer-WC oder bei Männerparfüms ist man sogar froh um die Deklaration. Gerade in einer Zeit, in der selbst Geschlechtsidentitäten fluid werden, bietet so eine Männerpflanze im Prinzip wieder etwas Orientierung. Wer sie bestellt, weiss genau, was ihn oder sie erwartet: ein unspektakuläres Exemplar, dafür anspruchslos in der Handhabung, wie Deko eben sein soll. Und ja, auch Frauen, die nicht so gern mit Pflanzen reden, profitieren davon. Weil sie sich dann direkt in der Männerpflanzenabteilung umsehen, statt erst mühsam zu googeln, welches Gewächs denn pflegeleicht wäre.
Überhaupt: Was ist falsch daran, wenn sich Männer neben Gartengrills oder Fussball auch mit Pflanzen identifizieren? Begriffe wie den «Papi-Tag» zelebrieren sie ja auch gern – und Frauen sind durchaus froh darum. Am Schluss haben alle etwas davon, wenn sich Männer – dank cleverem Marketing – in neue Sphären vorwagen. Längst fällig wäre zum Beispiel auch der Männerstaubsauger, Modell Hulk. Oder die Männerwaschmaschine Rocky. Und natürlich das Männerbügeleisen Terminator.
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