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Sichere Stromversorgung
Braucht es den Rettungs­schirm für die Energiekonzerne noch?

Die Gefahr einer Mangellage ist kleiner geworden, aber nicht gebannt: Starkstromleitungen im Kanton Zürich.
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Alpiq hat im ersten Halbjahr 744 Millionen Franken verdient, wie der Stromkonzern am Donnerstagmorgen mitgeteilt hat. Er erwartet auch ein «sehr gutes Jahresergebnis». Axpo und BKW haben zuletzt ebenfalls satte Gewinne geschrieben. 

Von Krise also keine Spur – was zur Frage führt: Braucht es den Rettungsschirm für die drei grossen Stromkonzerne, den der Bund letztes Jahr aufgrund heftiger Marktturbulenzen aufgespannt hat, überhaupt noch? «Das ist ein politischer Prozess, zu dem ich mich nicht äussern kann», sagte Alpiq-Chefin Antje Kanngiesser am Donnerstagmorgen anlässlich eines Mediengesprächs. 

Rückblende. Ende 2021 hatte Alpiq beim Bund vorsorglich die Möglichkeiten für Staatshilfe ausgelotet. Der Konzern kämpfte mit Liquiditätsproblemen, weil extreme Preisanstiege und eine aussergewöhnliche Volatilität an den Energiemärkten deutlich höhere Sicherheitszahlungen für die abgesicherte Stromproduktion erforderten. Diese Sicherheiten sind vorübergehender Natur und fliessen bei Vertragserfüllung vollständig zurück. 

Es war ein Hilferuf mit Folgen. Der Bundesrat schuf einen Rettungsschirm: Der Bund sollte künftig Darlehen von bis zu 10 Milliarden bereitstellen, um den drei Stromunternehmen, die er als systemkritisch einstuft, im Notfall die Liquidität zu sichern. Hätten sie kein Geld mehr, um am Handel teilzunehmen, so die Befürchtung, könnte ihre Stromproduktion ins Wanken geraten – und damit die Stromversorgung. 

Prompt deponierte die Axpo im Herbst 2022 vorsorglich ein Hilfegesuch. Der Bundesrat stellte ihr vier Milliarden Franken als Sicherheit bereit. Das Geld benötigte der Stromkonzern in der Folge aber nicht. Auch Alpiq und BKW haben den Rettungsschirm bisher nicht beansprucht.

Trotzdem verursacht das Instrument jedes Jahr Kosten in Millionenhöhe – welche die Stromkonzerne berappen müssen. Der Grund: Die 10 Milliarden Franken, die im Rettungsschirm bereitstehen, müssen liquide auf dem Konto liegen, damit sie sofort verfügbar sind. Der Bund verlangt von den Stromkonzernen eine Entschädigung dafür, dass er dieses Geld nicht wie gewohnt anlegen kann. Diese Bereitstellungspauschale kostet jährlich 63,5 Millionen Franken. 

Axpo zahlt am meisten

Den grössten Teil muss die Axpo beisteuern. Ihr Anteil beträgt 32,9 Millionen Franken pro Jahr, wie das Bundesamt für Energie (BFE) auf Anfrage bekannt gibt. Alpiq zahlt 20,6 Millionen Franken, die BKW 10 Millionen. Die unterschiedlichen Beträge sind die Folge eines vom Bund festgelegten Verteilerschlüssels: Axpo, Alpiq, BKW bezahlen gemäss ihrem Anteil an der Kraftwerksleistung, die sie in der Schweiz installiert haben. 

Ob es den Rettungsschirm dereinst doch brauchen wird, kann niemand sagen. Sicher ist nur: Nach den heftigen Verwerfungen an den Energiemärkten im letzten Jahr hat sich die Situation wieder etwas beruhigt. Die Gefahr einer Mangellage bei Strom und Gas und damit bei Energiepreisen, die durch die Decke gehen, ist kleiner geworden, aber nicht gebannt. Viel hängt davon ab, ob es einen kalten und langen Winter mit entsprechend hohem Energieverbrauch geben wird. 

Die Axpo jedenfalls sieht keinen Korrekturbedarf am Rettungsschirm: «Es müssen aus unserer Sicht keine Änderungen vorgenommen werden.» Die BKW dagegen lehnt den Rettungsschirm – wie schon bei dessen Einführung – ab. Es sei das falsche Instrument, um die Versorgungssicherheit in ausserordentlichen Situationen zu gewährleisten.

Vielmehr muss laut BKW sichergestellt werden, dass die Produktionsanlagen auch im Krisenfall eines einzelnen Unternehmens weiter zur Verfügung stehen. Alpiq-Chefin Kanngiesser spielt wie beschrieben den Ball der Politik zu. 

BKW will vorzeitiges Ende

Der Rettungsschirm soll bis Ende 2026 aufgespannt bleiben, die Kosten für seine Bereitstellung werden sich so auf rund 250 Millionen Franken summieren. Die BKW würde es begrüssen, wenn die Politik ihn vorher ablösen würde, wie ein Sprecher sagt. Doch das zeichnet sich nicht ab. Nach Ablauf der Frist will das Parlament den Rettungsschirm allerdings durch andere Regeln ersetzen. Dazu gehören zum Beispiel Vorgaben zu Liquidität und Kapitalausstattung der Stromkonzerne sowie ein Gesetz zu Integrität und Transparenz des Grosshandels von Strom und Gas. 

Das Parlament hat aber über die genaue Ausgestaltung noch nicht entschieden. Unter Druck geraten könnten im Zuge der anstehenden Debatten die Kantone – jene unter ihnen, die Anteile an den Stromkonzernen halten, so etwa Zürich (Axpo). «Ich erwarte, dass die Eignerkantone künftig mehr Verantwortung übernehmen», sagt FDP-Ständerat Damian Müller. Das könnte zum Beispiel bedeuten, dass diese Kantone selber darum bemüht sein müssten, einen Rettungsschirm für Notfälle zu schaffen.