Rettungsschirm für StromkonzerneDas Zögern des Parlaments ist unverständlich
Mit dem Rettungsschirm für Stromkonzerne handelt der Bundesrat vorausschauend. Doch das Parlament stellt sich quer. Hat es aus der Pandemie nichts gelernt?
Die Lage war ernst – so ernst, dass sich der Stromkonzern Alpiq im Dezember gezwungen sah, den Bund um eine Milliarde Franken zu ersuchen. Am Ende konnte Alpiq das Geld selbst auftreiben. Doch das Risiko von Liquiditätsengpässen und Kettenreaktionen bleibt; mit dem Ukraine-Krieg haben die Unsicherheiten noch zugenommen.
Energieministerin Simonetta Sommaruga hat rasch reagiert und die Grundlagen für einen Rettungsschirm geschaffen, der die Stromkonzerne im Notfall stützen und die Energieversorgung gewährleisten soll. Nun ist das Parlament am Zug. Doch dieses zögert.
Dass sich die Stromkonzerne gegen strenge Auflagen wehren, liegt auf der Hand: Sie vertrauen darauf, dass sie im Notfall ohnehin gerettet würden. Bezahlen möchten sie dafür lieber nicht, eine Rettung per Notrecht ohne Auflagen wäre für sie angenehmer. Unverständlich ist hingegen der Widerstand im Parlament.
Ob bei der UBS-Rettung oder in der Pandemie: Greift der Bundesrat auf Notrecht zurück, ist Kritik aus dem Parlament garantiert. Dessen Mitglieder mahnen den Bundesrat umgehend zur Zurückhaltung und fordern, dass das Parlament so rasch wie möglich rechtliche Grundlagen beschliessen kann. Diesmal will der Bundesrat vorsorglich Grundlagen schaffen, um nicht mit Notrecht regieren zu müssen. Und nun sagen Parlamentarier – unter ihnen FDP-Ständerat Ruedi Noser – das sei überflüssig, weil der Bundesrat bei Bedarf auf Notrecht zurückgreifen könne.
National- und Ständerat halten die Sache auch nicht für dringend: Sie weigern sich, das Geschäft in beiden Räten in der Sommersession zu behandeln – trotz der Alpiq-Episode, trotz der Unsicherheiten angesichts des Ukraine-Krieges. Damit verzögert das Parlament seine eigene Mitsprache. Kommt es zur Krise, wird es sich seiner Verantwortung nicht entziehen können. Es darf sich auch nicht wundern, wenn der Bundesrat in einem anderen Krisenfall wieder mit Notrecht regiert.
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