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Billigmode von Shein
Der wahre Preis der 10-Franken-T-Shirts aus China

Arbeiter in einer Textilfabrik in Guangzhou nähen Kleidung für das Fast-Fashion-Unternehmen Shein, aufgenommen am 11. Juni 2024.
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Der chinesische Fast-Fashion-Riese Shein gehört in der Schweiz zu den grössten Onlinehändlern: 2023 generierte er hierzulande gemäss Schätzungen einen Umsatz von 220 Millionen Franken. Die BBC schätzt den Wert des gesamten Konzerns, der rund eine Million Pakete täglich in über 150 Länder liefert, auf rund 60 Milliarden Dollar.

Sheins Aufstieg vom Verkäufer von Hochzeitskleidern zum grössten Modehändler der Welt ist laut dem britischen Medium einer Mischung aus Tiefpreisen, einer smarten Social-Media-Strategie und Timing geschuldet. Shein hat enorm von der Zunahme des Onlineshoppings während der Coronapandemie profitiert. Die BBC hat sich nun im südchinesischen Guangzhou die Arbeitsbedingungen der Näherinnen und Näher angesehen, die die Fast Fashion für den Onlinegiganten fertigen.

Im Stadtbezirk Panyou liegt das sogenannte Shein Village: eine Anhäufung von etwa 5000 Fabriken, von denen die meisten den Billigriesen beliefern. Die BBC hat nach eigenen Angaben zehn dieser Fabriken besucht sowie mit vier Besitzern und über 20 Arbeiterinnen und Arbeitern geredet. Dabei wurde dem Medium von langen Arbeitszeiten, tiefen Löhnen und Stolz berichtet.

Näherin: «Arbeiten zehn, elf oder zwölf Stunden»

«Wir arbeiten normalerweise zehn, elf oder zwölf Stunden am Tag», wird eine 49-jährige Arbeitsmigrantin aus der chinesischen Provinz Jiangxi zitiert. «Sonntags arbeiten wir etwa drei Stunden weniger.» Der Lohn für die langen Arbeitsstunden sei tief, die Lebenskosten hoch. Viele der interviewten Arbeiterinnen und Arbeiter gaben an, sie hätten nur einen Tag im Monat frei.

Bezahlt werden sie pro Kleidungsstück. Für ein einfaches T-Shirt beispielsweise erhalte sie ein bis zwei Yuan, weniger als einen Franken, sagte die 49-Jährige. Sie könne davon aber etwa zwölf pro Stunde nähen. Bevor Näherinnen und Näher einen Job annehmen, berechnen sie darum, wie viele Kleidungsstücke sie pro Stunde herstellen können.

Arbeiter in einer Textilfabrik in Guangzhou schneiden Stoffe für Shein, ein Unternehmen für schnelle Mode.

Die Arbeiterinnen und Arbeiter, mit denen die BBC gesprochen hat, verdienen demnach zwischen 4000 und 10’000 Yuan im Monat (rund 500 bis 1300 Franken). Die Asia Floor Wage Alliance gibt 6512 Yuan als existenzsichernden Lohn an.

Die BBC schreibt von Standardarbeitszeiten von 8 bis 22 Uhr. Gemäss chinesischem Arbeitsrecht darf eine Arbeitswoche aber nicht länger als 44 Stunden betragen. Dazu sollten Arbeiter mindestens einen freien Tag pro Woche erhalten. Die Kritik an den Arbeitsbedingungen in der Lieferkette von Shein ist nicht neu: Die Schweizer NGO Public Eye hatte die Praxis schon mehrfach kritisiert.

Shein-Kleider werden auf Abruf bestellt

Die BBC beschreibt den Produktionsprozess im Shein-Universum so: Shein bestellt bei den Zulieferfirmen Kleidungsstücke auf Abruf, je nach Bestelleingang. Läuft ein Pullover gut, braucht der Onlinehändler mehr davon – und zwar schnell. Dann steigt das Auftragsvolumen bei den Zulieferern an und sie brauchen kurzfristig mehr Arbeitskräfte.

Für die Firmenbesitzer hat das Geschäftsmodell Vor- und Nachteile. Das Auftragsvolumen sei zwar gross, aber der Verdienst sei tief und unveränderlich, sagte ein Besitzer. Vor Shein hätten seine drei Fabriken eigene Kleidung hergestellt und verkauft. «Jetzt kontrolliert Shein den Preis und man muss darüber nachdenken, wie man die Kosten reduzieren kann», so der Fabrikbesitzer.

«Beitrag der Chinesen für die Welt»

Aber: Shein zahlt seine Rechnungen immer rechtzeitig, wie ein anderer Zulieferer der BBC sagte. Deswegen werde der Konzern noch weiter wachsen, ist er überzeugt. Mit der pünktlichen Bezahlung punkte er am meisten bei der Vertrauenswürdigkeit.

Für eine Abteilungsleiterin einer Firma ist die Arbeit gar eine Quelle des Stolzes: «Es ist der Beitrag, den wir Chinesen für die Welt leisten können», wird sie von der BBC zitiert.

«Shein hält sich an die Gesetze und Vorschriften in allen Märkten, in denen wir tätig sind», kommentiert das Unternehmen die Reportage von BBC. Man setze sich für eine faire und respektvolle Behandlung aller Mitarbeiter in der Lieferkette ein. Dazu arbeite Shein mit unabhängigen Auditoren zusammen, um die Einhaltung dieser Standards sicherzustellen.