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Meinung

Kolumne «Tribüne»
Sehnsucht

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Wonach sehnen wir uns? Wir sehnen uns danach, wieder unbeschwert leben und arbeiten zu können, Leute zu treffen, in den Zug oder ins Flugzeug zu steigen und ins Restaurant zu gehen. Je länger wir mit Corona leben, umso paradiesischer werden die Erinnerungen an das Zuvor. Ist Sehnsucht also ein Zurücksehnen nach alten Zeiten? Solche Sehnsucht kann krank machen. Selbst bei einem Silberstreifen am Horizont wie den Impfungen sucht man noch die Gefährdung.

Es gibt Sehnsuchtslieder nach verlorenen Menschen, verlorener Heimat, verlorener Geborgenheit, einem verloren Davor. Ein solches Sehnsuchtslied ist der Psalm 42 in der Bibel. Der Dichter schreibt auf, wonach er sich sehnt. Das Lied wird nicht in den leeren Raum hinausgesungen. Es ist an Gott gerichtet. Glaubende aller Religionen können sich glücklich schätzen, dass sie ihre Sehnsucht adressieren können. Sie können mit Gott reden. Sie können fragen: «Wo bist Du, Gott, in unserer Not?» Sie können klagen und bitten: «Gott, hilf uns.» Sie können auch darum bitten, dass Wissenschaftler wie Behörden gute Lösungen finden oder neu entdecken.

Die Sehnsucht nach einem guten Leben nach Corona ist gar nicht so verkehrt, wenn wir uns nicht nach dem unerreichbaren Zuvor sehnen, sondern nach einem Neuen, einer neuen Art zu leben, hoffentlich bewusster, dankbarer, reflektierter. Eine Beziehung mit Gott hilft auch im Jetzt dankbar wahrzunehmen, was wir können und gerade lernen. Haben Sie zuvor am Computer gesungen oder Enkelkindern via Internet Geschichten vorgelesen? Haben Sie sich zuvor mit Menschen direkt am Bildschirm immer wieder ausgetauscht? Haben Sie so viel telefoniert oder Karten geschrieben bzw. erhalten wie jetzt? Einige haben neue Fähigkeiten an sich entdeckt und Hobbys weiterentwickelt.

Im Psalm 42 wird geklagt und doch ist da Hoffnung, weil man an Gott festhält. Das Wissen um Gott lässt mich nicht aufgeben, sondern ich weiss: Gott hat noch etwas mit uns vor. Das sind gute Aussichten für das Jahr 2021. Mit Gott wird uns nicht alles gelingen, aber Gott gelingt mit uns alles. Wir sind ein Teil seines Planes. Die Sängerin Bette Midler meint. «Ich wär nichts ohne Dich. Ich danke Gott, dass es dich gibt, den Wind unter meinen Flügeln.» Spüren Sie ihn schon?

Berthold W. Haerter, Pfarrer, Oberrieden.