Bekämpfung von FlugzeugenSchwierige Suche nach geeigneten Luftabwehrsystemen für Ukrainer
Die USA wollen der Ukraine helfen, sich besser gegen russische Raketen zu verteidigen. Doch die ukrainischen Truppen sind praktisch nur mit dem russischen Flugabwehrsystem S-300 vertraut.
Die USA wollen der Ukraine helfen, sich besser gegen russische Raketen zu verteidigen. Doch die Suche nach geeigneten Luftabwehrsystemen gestaltet sich schwierig. Ideal wären nach Ansicht von Experten mobile Flugabwehrbatterien vom Typ Patriot, die in den vergangenen Jahren im Irak und am Persischen Golf erfolgreich eingesetzt wurden. Das ukrainische Militär ist jedoch nicht für den Umgang mit diesen hochentwickelten US-Waffen ausgebildet.
Die Patriot-Batterien sind auf Lastwagen montiert und verfügen über ein Radar, das Flugzeuge, Drohnen oder Raketen in einem Umkreis von mehr als hundert Kilometern automatisch aufspüren und abfangen kann. Doch die ukrainischen Truppen sind de facto nur mit dem Flugabwehrsystem S-300 vertraut, dem russischen Konkurrenten der ersten Generation der Patriot.
Die S-300-Reichweite ist zwar etwas geringer als die US-Technik. Sie würde jedoch ausreichen, um beispielsweise Charkiw oder Kiew zu schützen. Wie effektiv die S-300-Systeme gegen von Russland zuletzt auch eingesetzte Hyperschallraketen sind, ist allerdings unklar. Diese Raketen sind laut Moskau sehr manövrierfähig und eine Herausforderung für alle Luftabwehrsysteme.
«Eine S-300 ist besser als gar keine»
S-300 für die Ukraine könnten aus einigen Staaten des ehemaligen Ostblocks kommen, insbesondere aus der Slowakei und Bulgarien, wo US-Verteidigungsminister Lloyd Austin in der vergangenen Woche zu Besuch war. Diese Länder sind jedoch für ihre eigene Sicherheit nach wie vor auf die S-300 angewiesen und fordern einen Ersatz – also US-Patriots – bevor sie ihre Flugabwehr an die Ukraine abgeben.
Niederländische Patriots nicht vor drei Wochen verfügbar
Am Freitag erklärten die Niederlande, dass sie eine Patriot-Batterie auf dem slowakischen Militärstützpunkt Sliac stationieren würden. Zuvor hatte bereits Deutschland erklärt, ein Patriot-Raketensystem mitsamt einer Heeres-Kompanie der Bundeswehr in das an die Ukraine grenzende Nato-Land zu verlagern. Doch die Verlegung braucht Zeit, die niederländischen Patriots werden frühestens am 15. April eintreffen. Für die Ukraine jedoch zählt jeder Tag.
Zwar wollen mehrere Länder Kiew mit Ersatzraketen für die S-300 beliefern, aber die Ukraine braucht viele komplette Systeme, einschliesslich Radar und Überwachungsstationen. «Eine S-300 ist besser als gar keine», sagt Brent Eastwood vom Online-Fachmagazin 19FortyFive. «Aber es ist immer noch nicht genug.» Vor der Invasion hatte die Ukraine laut der Website etwa hundert S-300-Batterien. Moskau behauptet, gleich zu Beginn des Angriffs etwa 40 davon zerstört zu haben.
Die Ukraine ist riesig und allein um eine Stadt zu schützen brauche man zahlreiche Batterien, sagt Eastwood. «Wenn ich die ukrainische Verteidigung planen würde, würde ich vier S-300-Batterien in den vier Himmelsrichtungen von Kiew haben wollen. Dann würde ich nachts besser schlafen.»
Zwei weitere Nato-Länder, Bulgarien und Griechenland, verfügen über S-300, aber auch sie bräuchten Ersatz. Selbst wenn die US-Armee diesen Ländern ihre Patriots leihen wollte, würde es mehrere Wochen dauern, bis sie dort ankommen. Washington versucht deshalb, seine Verbündeten in anderen Regionen davon zu überzeugen, ihre Patriots zeitweise abzugeben. Aber auch das gestaltet sich schwierig.
US-Generalstabschef Mark Milley telefonierte unlängst mit seinem japanischen Amtskollegen, dabei könnte er das Land um Patriots gebeten haben. Auch die Golfstaaten verfügen über zahlreiche Luftabwehrbatterien, um sich vor iranischen Raketen zu schützen, aber sie halten sich mit Unterstützung für die Ukraine zurück. Saudiarabien und die Vereinigten Arabischen Emirate, zwei der grössten Erdölexporteure der Welt, haben enge Beziehungen sowohl zum Westen als auch zu Russland. Bislang haben sie es vermieden, Stellung gegen Russland zu beziehen.
AFP
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