Protest gegen das Lukaschenko-RegimePolitik fordert Absage des nächsten Schweizer Spiels
Protest gegen das Lukaschenko-Regime
21 Mitglieder von National- und Ständerat verlangen, dass Belarus – der erste EM-Qualifikation-Gegner der Schweiz – sofort international geächtet wird. Die Uefa will dies nicht.
Das für den 25. März terminierte EM-Qualifikation-Spiel Belarus gegen Schweiz «darf nicht stattfinden». Das verlangen mittlerweile nicht nur Menschenrechtsorganisationen. In einem heute publik gemachten offenen Brief schliessen sich der Forderung auch neunzehn Schweizer Nationalrätinnen und Nationalräte sowie zwei Ständerätinnen an. Weissrussische Teams sollen von der Ausscheidung für die Fussball-Europameisterschaft 2024 und allen anderen internationalen Wettbewerben ausgeschlossen werden. Im Eishockey sind analoge Massnahmen längst ergriffen worden.
Adressiert ist das von der schweizerisch-deutschen Menschenrechtsorganisation Libereco initiierte Schreiben an den Präsidenten des europäischen Fussballverbands Uefa, den Slowenen Aleksander Ceferin. Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine vor etwas mehr als einem Jahr hat die Uefa zwar die russische Mannschaft von den Qualifikationsspielen ausgeschlossen.
Das Nachbarland Belarus kam jedoch mit einer deutlich milderen Sanktion davon, obwohl der weissrussische Diktator Alexander Lukaschenko ganz offen die Kriegspolitik Wladimir Putins unterstützt. Sein Nationalteam darf an der Ausscheidung für die Endrunde in Deutschland teilnehmen, seine Partien muss es aber auf neutralem Boden, also im Ausland, und vor leeren Rängen austragen.
Zehn Jahre Haft für Regimekritiker
In der Qualifikation spielt Belarus gegen Israel, Rumänien, Kosovo, Andorra – und bereits am 25. März gegen die Schweiz. Dieser Auftaktmatch soll in Serbien stattfinden. Das Verbot von Heimspielen allein sei jedoch viel zu wenig, finden die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des offenen Briefs. Denn Belarus unterstütze nicht nur Putins Krieg: Das Regime Lukaschenko habe 1400 Menschen aus politischen Gründen inhaftiert.
Im offenen Brief wird auf das Schicksal eines Trägers des Friedensnobelpreises, Ales Bialiatski, verwiesen, der kürzlich zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt wurde. 2021 habe sich die Uefa selbst zur Förderung der Menschenrechte verpflichtet, heisst es weiter. Sie dürfe nun nicht «die Augen von den Verbrechen des Lukaschenko-Regimes verschliessen».
«Die Verantwortung liegt bei Sportverbänden und Politik. Das sollten nicht die Sportler ausbaden müssen.»
Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner kommen aus den Reihen der Sozialdemokraten, der Grünen, der Grünliberalen und der EVP. Von FDP, SVP oder Mitte hat sich niemand dem Protest angeschlossen. Gefragt worden seien alle Parteien, sagt SP-Nationalrat Fabian Molina. Er hält eine kurzfristige Absage des Spiels gegen die Schweiz zwar für unwahrscheinlich, aber: «Der Druck auf die Uefa ist mittlerweile so gross, dass alles passieren kann.» Dass die Nati von sich aus das Spiel boykottieren sollte, hält Molina für die falsche Forderung: «Die Verantwortung liegt bei Sportverbänden und Politik. Das sollten nicht die Sportler ausbaden müssen.»
Dieser Meinung schliesst sich auch EVP-Nationalrätin Lilian Studer an: Für die Spieler sei es ohnehin keine einfache Situation. Denn schon die Austragung des Spiels in Serbien habe «politische Sprengkraft». Der Ball liege deshalb allein bei der Uefa, so Studer: «Sport sollte verbinden. Aber es gibt Grenzen, und in diesem Fall müsste ein klares Zeichen gesetzt werden.»
Die Uefa selbst reagierte auf die Anfrage dieser Zeitung nicht. Ähnliche Erfahrungen machte auch schon die weissrussische Stiftung für Solidarität im Sport BSSF. Sie forderte den Internationalen Sportgerichtshof in Lausanne auf, mutmassliche Verstösse weissrussischer Fussballfunktionäre gegen das Statut der Uefa zu untersuchen. Doch der Gerichtshof hat die Entscheidung darüber nun bereits zum zweiten Mal verschoben. Nun gibt es eine Frist bis zum 31. März – also eine Woche nach Belarus - Schweiz. Eine Begründung dafür gab es nicht. Auch die Anfrage dieser Zeitung an den Gerichtshof blieb unbeantwortet.
Viel entschiedener als die Uefa geht das Regime in Belarus vor: Nachdem im Herbst 2020 Lukaschenko die Demonstrationen gegen seinen Wahlbetrug brutal niederknüppeln liess, nahmen an die hundert aktive Fussballer ein Video auf, in dem sie ihre Unterstützung der friedlichen Proteste erklärten.
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Seitdem das Video auf Youtube zu sehen ist, mussten einige der Unterzeichner ins Ausland fliehen. Die anderen Sportler stehen in Belarus auf einer schwarzen Liste. Sie dürfen weder in Clubs noch im Nationalteam spielen.
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