Schweizer NationalteamAkanji verletzt, Xhaka im Vaterschaftsurlaub: Yakin sorgt für grosse Überraschung
Für die Testspiele gegen Nordirland und Luxemburg muss der Nationaltrainer auf seine besten Spieler verzichten. Er bietet gleich vier Neulinge auf.
Neues Gesicht fürs Abwehrzentrum
Das Fehlen von Manuel Akanji kommt nicht überraschend. Der Innenverteidiger von Manchester City musste sich im Februar einer Operation an den Adduktoren unterziehen. Wie Nationaltrainer Murat Yakin auf die Absenz seines Abwehrchefs reagiert, erstaunt hingegen sehr wohl.

Er bietet fürs Trainingscamp im portugiesischen Faro sowie die Testspiele in Nordirland (21. März) und gegen Luxemburg (25. März, in St. Gallen) erstmals Stefan Gartenmann auf.
Gartenmann, wer? Die Frage ist berechtigt. Der 28-Jährige spielte einst für Dänemarks Juniorennationalteams, er hat den Schweizer Pass erst am Dienstag erhalten. Yakin sagt, er sei durch einen Tipp darauf aufmerksam geworden, dass sich Gartenmann einen Nationenwechsel vorstellen könne. Daraufhin besuchte er ihn in Budapest, wo der Innenverteidiger bei Ferencvaros Stammkraft ist.
Gartenmanns Grossvater stammt aus der Schweiz, sein Heimatort liegt im Thurgau. Deshalb war eine rasche Einbürgerung möglich. Der Prozess wurde erst vor eineinhalb Monaten eingeleitet.
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Yakin bezeichnet Gartenmann als «robusten Spieler» und «Kämpfer», er kann sich ihn sogar als «Sprachrohr» vorstellen. Gartenmann spricht fliessend Englisch. Aber dass er nun zu seinem Debüt kommen wird, zeigt vor allem eines: Wie angespannt die Lage im Abwehrzentrum ist.
Es war die Problemzone im ernüchternden Herbst. Nach dem Rücktritt von Fabian Schär vermochte sich bis auf Eray Cömert keiner für den Posten neben Akanji zu empfehlen. Nico Elvedi figuriert diesmal nicht einmal im Aufgebot, dafür dürfte Cédric Zesiger mal wieder eine Chance erhalten. In Augsburg erlebt er gerade einen beachtlichen Aufstieg.
Ausgerechnet Überflieger Jashari sagt ab
Im Mittelfeld fehlt Captain Granit Xhaka, der in diesen Tagen zum dritten Mal Vater wird. Ihn hätte Ardon Jashari vertreten können. Anders als etliche Nationalspieler hat er sich im Ausland durchgesetzt, beim Club Brügge ist er im defensiven Mittelfeld unumstritten. Aber er ist angeschlagen und hat Yakin abgesagt. So bleibt der 22-Jährige vorerst bei bloss zwei Einsätzen für die Schweiz stehen.
Das könnte Denis Zakaria wieder einmal die Gelegenheit bieten, sich für eine grössere Rolle im Nationalteam aufzudrängen. In Monaco ist er Captain, im Nationalteam seit längerem nur ein Nebendarsteller. Zudem hat Yakin im zentralen Mittelfeld erstmals seit Ende 2023 wieder Djibril Sow aufgeboten. Beim FC Sevilla gehört er zum Stamm.
Zwei Neulinge für die Problempositionen
Es gab mal eine Zeit, da musste der Schweizer Nationaltrainer keine Gedanken an seine Aussenverteidiger verschwenden. Rechts beackerte Stephan Lichtsteiner die Seite, links sorgte der stoische Ricardo Rodriguez für Ruhe. Aber Lichtsteiner ist längst Trainer, und selbst der ewige Rodriguez wird irgendwann nicht mehr zur Verfügung stehen.


So nutzt Yakin die Testspiele zum Casting. Weder Silvan Widmer noch Edimilson Fernandes, Ulisses Garcia und Kevin Mbabu figurieren im Aufgebot. Stattdessen setzt Yakin auf zwei Neulinge: Aus Buenos Aires reist Rechtsverteidiger Lucas Blondel an. Aus Leeds kommt Isaac Schmidt, der auf beiden Seiten eingesetzt werden kann. Beim Tabellenführer der englischen Championship ist er allerdings meist Ersatz. Aber Yakin mag diesmal nicht wählerisch sein. Er verwendet selbst den Begriff Casting, er will Eindrücke sammeln, auf wen er im Herbst in der WM-Qualifikation setzen kann. Und auf wen nicht.
Das Aufgebot für Blondel hat sich abgezeichnet. Im Januar besuchte ihn Yakin in Buenos Aires. Der 28-Jährige ist Stammkraft bei den Boca Juniors, diesem Club mit globaler Ausstrahlung. Blondel verfügt über den Schweizer Pass, weil sein Vater Jean-Yves, ein früherer Tennisspieler, aus der Romandie stammt. Ansonsten hat er kaum einen Bezug zur Schweiz, er wird in diesen Tagen erstmals seit langem wieder in seine zweite Heimat reisen. Yakin nennt ihn einen «Glücksfall» und erzählt, dass er schon vor einem Jahr mit dem Gedanken spielte, Blondel aufzubieten. Dann erlitt dieser aber einen Kreuzbandriss.
Auch Sanches erstmals dabei
Erstmals dabei ist auch Lausannes Alvyn Sanches. Der 22-Jährige ist mit 11 Toren zweitbester Torschütze der Super League. Als schneller, dribbelstarker Spielmacher verfügt er über ein Profil, das rar ist.

Umso überraschender war es, dass Yakin ihn nicht schon im November aufbot, als er etlichen Hinterbänklern in der Nations League eine Bewährungschance gewährte. Sanches hat auch den portugiesischen Pass. Selbst wenn er gegen Nordirland und Luxemburg zum Einsatz kommt, kann er sich noch gegen die Schweiz entscheiden. Erst nach einem Einsatz in einem Wettbewerbsspiel ist ein Nationenwechsel nicht mehr möglich.
Aber das scheint Yakin nicht zu beschäftigen. Auf entsprechende Fragen berichtet er lieber vom Telefonat mit Sanches am Vortag, bei dem Lausannes Trainer Ludovic Magnin als Dolmetscher fungierte. Yakin hat dabei den Eindruck erhalten, dass sich Sanches enorm über das Aufgebot freue. Er nennt ihn ein grosses Talent. «Nun kann er zeigen, dass er auch auf diesem Niveau mithalten kann.»
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