Euro 2024Kwadwo Duah – für die Schweiz hat er Ghana einen Korb gegeben
Der Stürmer und Michel Aebischer waren schon als Jugendliche im gleichen Team. Dann haben sich die Wege der beiden Matchwinner gegen Ungarn getrennt.
Sie sorgen für das grosse Augenreiben. Wer steht da in der Startaufstellung der Schweizer? Kwadwo Duah und Michel Aebischer? Nach zwölf Minuten sind aus den Fragezeichen Ausrufezeichen geworden. Pass Aebischer, Tor Duah. Nach 45 Minuten sind die Ausrufezeichen dick und rot. Tor Aebischer per Weitschuss – 2:0 für die Schweiz.
«Ich bin dankbar», sagt Duah später strahlend, «dankbar, dass ich hier sein darf. Dankbar, dass ich in der Startelf gestanden bin. Ich bin dankbar für das Tor, das ich schiessen durfte.» Und wenn die Uefa noch kurzfristig einen Sponsor finden würde, der den Preis «sympathischster Auftritt des Turniers» bezahlt, Duah wäre bereits jetzt heissester Kandidat auf den Titel. Der Auftritt passt dazu, wie er sich selber beschreibt: «Ich bin ein warmer Typ.»
Die Geschichte der beiden Überraschungsgäste in der Schweizer Startformation ist auch darum eine ganz besondere, weil die zwei einst bei den Young Boys gemeinsam die Stufen im Nachwuchs erklommen haben: U-17, U-18, etwas U-21. Schon da schickt Mittelfeldmann Aebischer immer wieder mal Stürmer Duah steil. «Das kann er, er war ja mal Zehner», sagt Duah an diesem Samstag in Köln.
Von Bern nach Europa
Aber die Wege der beiden trennen sich. Mit Aebischer geht es stetig nach oben. Debüt im ersten Team der Young Boys mit 19. Es folgen vier Meistertitel und ein Cupsieg in Bern, dann zieht er in die Serie A nach Bologna weiter. In Italien lobt Trainer Thiago Motta seine Intelligenz, seine Voraussicht: «Er macht phantastische Dinge.» Manchmal trägt er gar das Captainband. Eine Karriere, wie auf dem Reisbrett entworfen.
Ähnlich abgeklärt steht er nach dem 3:1 gegen Ungarn vor den Medien. Klar, auf dem linken Flügel spielt er eigentlich nie. Aber das ist noch lange kein Grund für ihn, überrumpelt zu sein. Am Dienstag habe ihm Yakin gesagt, welche Idee er für ihn habe: «Und war von ihr überzeugt.» Aebischer gibt viersprachig Antwort. Deutsch, Französisch, Italienisch, Englisch – alles kein Problem.
Bei Duah ist alles etwas komplizierter. Also, nicht sprachlich. In der Karriere. Von YB geht es erst einmal in die zweithöchste Liga zu Neuchâtel Xamax. Dann folgen Winterthur und Servette. Er muss einen weiteren Umweg nach Wil machen, wo ihm Ciriaco Sforza gut zuredet, weil er das nach dem verunglückten Aufenthalt in Genf braucht. Er hat schon über sich selber gesagt: «Ich bin sensibel. Ich glaube, Stürmer sind allgemein so.»
In St. Gallen dann scheint sein Stern aufzugehen. Aber er verschwindet danach wieder aus dem Schweizer Bewusstsein, weil es ihn nach Nürnberg in die 2. Bundesliga zieht. Und dass er eben mit Rasgrad bulgarischer Meister geworden ist, war in der Heimat eine Randnotiz.
Duah gibt Ghana einen Korb
Aber jetzt steht er da, als einer der Matchwinner. Gemeinsam mit seinem Jugendfreund Aebischer. 27 Jahre ist er, als ihn die Fussballschweiz erstmals so richtig wahrnimmt. Vor zwei Jahren hat sich der ghanaische Verband um Duah bemüht, weil er auch für das Heimatland seiner Eltern hätte spielen dürfen. Duah hat abgelehnt. Die «richtige Entscheidung», kann er jetzt sagen.
Ob er jetzt Ansprüche stellt, wenn es um die Startplätze gegen Schottland geht, wird er noch gefragt. «Ansprüche hat man immer», meint er. Um gleich klar zu machen, dass er dieses Turnier als ganzes zunächst einfach mal als Geschenk betrachtet.
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