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Der grosse Müll-Report
Was Schweizerinnen und Schweizer alles in den Abfall werfen

Kerichtverbrennungsanlage Hagenholz, fotografiert am 16. Maerz 2016 in Zuerich
(KEYSTONE/Gaetan Bally)
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Zeig mir deinen Mülleimer, und ich sag dir, wer du bist. Das haben sich wohl die Fachpersonen vom Bundesamt für Umwelt (Bafu) gedacht, als sie die Abfallsäcke in 33 Gemeinden untersuchten. Insgesamt durchwühlten sie 16,5 Tonnen Kehricht, je 200 Säcke pro Gemeinde. «Es war nicht die angenehmste Arbeit», sagte Katrin Schneeberger, Direktorin des Bafu, am Dienstag vor den Medien.

Nach gutschweizerischer Art gruppierten die Fachpersonen des Bundes den Hauskehricht in 14 verschiedene «Abfallfraktionen», wie zum Beispiel Kunststoffe, Textilien oder Karton.

Pro Person fielen im letzten Jahr insgesamt rund 700 Kilogramm Siedlungsabfall an.

Nun haben sie einen 122 Seiten langen Bericht präsentiert. Die erste Feststellung: Die Schweizerinnen und Schweizer sind meisterhaft darin, Abfall zu produzieren. Pro Person fielen im letzten Jahr insgesamt rund 700 Kilogramm Siedlungsabfall an. Die Schweiz gehört damit wohl zu den Spitzenreitern in Europa. Aber: In den letzten zehn Jahren haben die Mengen abgenommen. Deutlich zeigte sich das etwa bei Glas und Papier. Gegenüber 2012 nahmen die Anteile im Kehricht um je einen Prozentpunkt auf 3 respektive 12 Prozent ab. Das liegt gemäss Bafu daran, dass sich das Sammelangebot in den Gemeinden verbessert hat. Beim Papier dürfte auch die Digitalisierung eine Rolle spielen.

Doch immer wieder landen rezyklierbare Abfälle und Lebensmittel im Müllsack. «Hier sehen wir den grössten Handlungsbedarf», sagte Michel Monteil, Chef der Abteilung Abfall und Rohstoffe beim Bafu. Pro Person könnten fast 20 Kilogramm biogene Abfälle – also Abfälle aus Küchen und Gärten, wie zum Beispiel Rüstabfälle oder Lebensmittel – wiederverwertet werden. Hierfür müsste die Sammlung in allen Gemeinden – vor allem in den städtischen – so ausgebaut werden, dass neben Gartenabfällen auch sämtliche Lebensmittelabfälle gesammelt werden könnten. Das ist heute noch nicht überall möglich, weil einige Gemeinden aus hygienischen Gründen keine Speisereste in der Grünabfuhr entgegennehmen. (Lesen Sie hier, wie unsere Autorin versucht hat, Foodwaste zu vermeiden.)

Das Bafu hat bereits fünfmal eine solche Kehrichtsackanalyse durchgeführt – das erste Mal im Jahr 1982, die letzte Untersuchung war 2012. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Wie hat sich die Zusammensetzung des Kehrichtsackes im Laufe der Zeit verändert?

Die Zusammensetzung hat sich in den letzten zehn Jahren nicht wesentlich verändert, dafür aber die Menge an Hauskehricht, also der brennbare, nicht wiederverwertbare Siedlungsabfall aus privaten Haushalten. Im Jahr 2022 betrug diese Menge 148 Kilogramm pro Person, im Jahr 2012 waren es 206 Kilogramm pro Person. Zustande kam die Reduktion durch die Bemühungen zur Förderung des Recyclings. Die biogenen Abfälle, die sich kompostieren oder vergären lassen, haben neben dem Papier die markanteste Entwicklung durchgemacht. Zwischen 2002 und 2012 hat eine deutliche Zunahme, zwischen 2012 und 2022 eine deutliche Abnahme stattgefunden.

Warum gibt es regionale Unterschiede?

Es fallen deutlich mehr Lebensmittelverluste im städtischen als im ländlichen Kehrichtsack an. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass auf dem Land die Möglichkeit zur Kompostierung im eigenen Garten tendenziell grösser ist als in der Stadt. Mit 53 Kilogramm pro Person gibt es in städtischen Gemeinden deutlich mehr biogene Abfälle im Kehrichtsack als in ländlichen Gemeinden mit 40 Kilogramm pro Person. Bei den anderen Abfallkategorien gibt es wenige Unterschiede zwischen Stadt und Land.

Zürich, 27.04.2015
Ein Zürisack steht in einer Quartierstrasse.

© Michele Limina 
Abfallsack
Abfallsäcke
Abfall

Welche Rolle spielt der Tourismus bei der Abfallmenge?

In Gemeinden mit viel Tourismus fällt die Kehrichtmenge pro Person aufgrund der Hotelgäste höher aus als in anderen, nicht touristischen Gemeinden. Das liegt daran, dass Touristinnen und Touristen Kehricht produzieren, aber nicht in der Einwohnerzahl mitgerechnet werden. Werden die Logiernächte herausgerechnet, so verringert sich die Kehrichtmenge pro Person durchschnittlich um 32 Prozent.

Wie lautet die Bilanz der Untersuchung über die letzten zehn Jahre?

«Bei der Verschwendung von Lebensmitteln sind wir nicht am Ziel», sagt Bafu-Direktorin Katrin Schneeberger. Pro Kopf hätten sich 31 Kilo Kehricht zur Wiederverwertung geeignet. Dabei handelt es sich gemäss dem Bafu besonders um die Reste verarbeiteter und gekochter Speisen, Rüstabfälle von Gemüse und Früchten sowie Kunststoffverpackungen wie Milch- oder Shampooflaschen.

Durchschnittlich landeten 2022 pro Person 23 Kilo Rüstabfälle, 25 Kilo Lebensmittel sowie 2,2 Kilo Fisch und Fleisch im Hauskehricht. Davon wäre über die Hälfte bei rechtzeitigem Konsum essbar geblieben. «Das passiert allen, aber das müssen wir verändern», sagte Monteil. Bafu-Direktorin Schneeberger wies darauf hin, dass man ein Joghurt «auch ein paar Tage nach dem Verfallsdatum konsumieren kann, wenn es noch gut ist».

Welche Befunde sind überraschend?

Das Bafu führt zwei frappante Beispiele auf: 166 Millionen Aludosen und 101 Millionen PET-Flaschen landeten im Kehrichtsack, obwohl es Sammelsysteme für diese Abfälle gibt. «Ich war schockiert und finde das unbegreiflich», sagte Monteil. Hier müsse die Bevölkerung die bestehenden Möglichkeiten nutzen, auch um das Klima und die Umwelt zu schonen.