Extreme in ZahlenSchweizer Gletscher so stark geschmolzen wie noch nie
Mehr als sechs Prozent des Eisvolumens gingen 2022 verloren. Bislang galten schon Jahre mit zwei Prozent Eisverlust als «extrem».
Nach einem schneearmen Winter und anhaltenden Hitzewellen im Sommer haben die Gletscher in der Schweiz mehr als sechs Prozent ihres Eisvolumens verloren. Das übertrifft die bisherigen Rekorde aus dem Hitzesommer 2003 deutlich, wie es im Bericht der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (SCNAT) heisst, der am Mittwoch veröffentlicht wurde.
Die Gletscher haben demnach in diesem Jahr rund drei Kubikkilometer Eis verloren. Diese sechs Prozent des verbleibenden Volumens sind alarmierend, bezeichnete man bislang schon Jahre mit zwei Prozent Eisverlust als «extrem».
Besonders einschneidend war der Eisverlust für kleine Gletscher: Der Pizolgletscher im Kanton St. Gallen, der Vadret dal Corvatsch in Graubünden und der Schwarzbachfirn in Uri sind nahezu verschwunden.
Im Engadin und im südlichen Wallis wiederum verschwand auf 3000 Metern eine Eisschicht von vier bis sechs Metern Dicke. Das ist teilweise mehr als doppelt so viel wie das bisherige Maximum. Selbst an den allerhöchsten Messpunkten wie am Jungfraujoch wurden deutliche Verluste gemessen.
Der mittlere Eisdickenverlust liegt in allen Regionen bei rund drei Metern. Beobachtungen zeigen laut SCNAT, dass viele Gletscherzungen zerfallen und dass Felsinseln aus dem dünnen Eis inmitten des Gletschers auftauchen. Diese Prozesse beschleunigten den Zerfall weiter.
Schnee nur im Frühwinter
Das Einschneien erfolgte im Winter 2021/22 für die meisten Gletscher Anfang November, was der Norm entspricht. Allerdings verschwand die Schneedecke auf allen Höhenstufen rund einen Monat früher als üblich.
Die Schneehöhe in den Alpen war im Frühjahr entsprechend gering, vor allem im Süden der Schweiz. Hinzu kamen grosse Mengen an Saharastaub zwischen März und Mai. Der verunreinigte Schnee nahm mehr Sonnenenergie auf und schmolz schneller. Damit verloren die Gletscher den schützenden Schnee bereits im Frühsommer.
Die Eisschmelze im Juli und August hätte genügend Wasser geliefert, um sämtliche Stauseen der Schweiz Alpen zu füllen.
Die anhaltende, teils massive Hitze zwischen Mai bis Anfang September verminderte deshalb das Gletscher-Eis. Gerade in heissen und trockenen Jahren seien Gletscher wichtig für den Wasserhaushalt und die Energieversorgung, betont die Akademie der Naturwissenschaften. Das zeige die Entwicklung der Schmelze. Allein die Eisschmelze im Juli und August hätte demnach genügend Wasser geliefert, um sämtliche Stauseen der Schweizer Alpen von null auf zu füllen.
Der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz gehören nach eigenen Angaben 35’000 Expertinnen und Experten an, die sich regional, national und international für die Zukunft von Wissenschaft und Gesellschaft einsetzen. Die SCNAT ist Teil des Verbundes der Akademie der Wissenschaften Schweiz.
SDA
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