Schweizer Börse sackt so stark ab wie seit dem Brexit nicht mehr
Nach der Festnahme der Huawei-Finanzchefin brechen die Kurse europaweit über drei Prozent ein.
Am Donnerstag sind die Aktienkurse an den Börsen weltweit regelrecht eingebrochen. Auslöser war die Festnahme der Finanzchefin des chinesischen Netzwerkausrüsters Huawei. Meng Wanzhou, Tochter des Huawei-Firmengründers Ren Zhengfei, muss offenbar mit einer Auslieferung in die USA rechnen. Für Freitag sei eine Anhörung angesetzt, ob die Managerin gegen Kaution auf freien Fuss gesetzt werden könne, teilte das kanadische Justizministerium mit.
Meng Wanzhou sei am 1. Dezember in Vancouver festgenommen worden, hiess es weiter. Einem Bericht der Zeitung «The Globe and Mail» zufolge wird ihr zur Last gelegt gegen Sanktionen verstossen zu haben, welche die USA gegen den Iran verhängt hatten. Das US-Justizdepartement wollte sich nicht äussern.
Börsen reagieren heftig
Der Ausverkauf an den Aktienmärkten hatte sich im Tagesverlauf mit den wachsenden Sorgen um den Handelskonflikt beschleunigt. An der Schweizer Börse rutschte das Leitbarometer SMI zu Beginn unter die Marke von 8'900 Punkten und durchbrach in der Folge 8'800 und 8'700 Punkte ohne nennenswerten Widerstand. Am Ende verlor der SMI 3,1 Prozent auf 8'660 Punkte. Das war für den Index der grösste Tagesverlust seit beinahe zweieinhalb Jahren. Ende Juni 2016 hatte das Brexit-Referendum zu einem Kurssturz geführt.
Die Finanztitel gehören zu den grössten Verlierern. Die CS-Aktie verliert fast fünf Prozent. Die Anleger befürchten einen Rückschlag für die fragilen Beziehungen zwischen den USA und China. «Wir beobachten einen Vertrauensverlust der Anleger», sagte George Alevrofas, Anlagechef des Zürcher Vermögensverwalters VT Wealth Management. «Sie befürchten, dass die Handelsgespräche zwischen den USA und China scheitern könnten.»
Kalte Füsse bekamen die Anleger auch an anderen Handelsplätzen: Der EuroStoxx 50 als Leitindex der Eurozone ging mit einem Minus von 3,3 Prozent aus dem Handel, die britische FTSE 100 büsste 3,2 Prozent ein und auch der deutsche Leitindex DAX sackte um deutliche 3,5 Prozent auf 10'811 Zähler ab. Mit einem Minus von gut 16 Prozent seit Jahresbeginn droht dem DAX nun ein tiefrotes Börsenjahr 2018.
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Am Flughafen festgenommen
Huawei bestätigte die Festnahme in einem Statement. Der Konzern habe aber nur wenige Informationen erhalten, was der Managerin vorgeworfen werde, und ihm sei kein Fehlverhalten bekannt. Huawei halte sich an alle Gesetze und Regulierungen, inklusive Exportkontrollen und Sanktionen der Vereinten Nationen sowie der USA und der EU, hiess es weiter. Huawei zufolge wurde Meng festgenommen, als sie an einem kanadischen Flughafen umsteigen wollte.
Die chinesische Botschaft in Kanada protestierte zudem am Mittwoch (Ortszeit) gegen Mengs Festnahme und sprach von einer Menschenrechtsverletzung. Die Managerin müsse umgehend freigelassen werden. Sie habe weder gegen kanadisches noch gegen US-Recht verstossen, hiess es weiter.
«Neue Eskalation»
Die Festnahme versetzt Hoffnungen auf eine Entspannung im Handelskrieg zwischen den USA und China einen Schlag. US-Präsident Donald Trump und Chinas Präsident Xi Jinping hatten sich am G-20-Gipfel in Buenos Aires vorläufig darauf geeinigt, keine zusätzlichen Zölle nach dem 1. Januar zu erheben und die Verhandlungen fortzusetzen. «Peking dürfte wütend auf diese jüngste Festnahme eines chinesischen Bürgers in einem Drittland reagieren, weil er gegen das US-Recht verstösst», schrieben Analysten der Risikoberatung Eurasia Group laut dem US-Sender CNBC.
«Das Festnahme- und Auslieferungsersuchen der US-Regierung stellt eine neue Stufe der Eskalation in einer Reihe von US-Bemühungen dar, chinesische Unternehmen für Verstösse gegen das US-Recht zur Verantwortung zu ziehen, einige davon gehen auf Jahre zurück», so die Eurasia-Gruppe. «US-Polizeibeamte scheinen grünes Licht von hochrangigen Regierungsbeamten zu haben, um Personen zu verfolgen, denen die USA vielleicht nicht in einem freundlicheren, bilateralen politischen Klima nicht nachgegangen wäre.»
Das Weisse Haus bestätigte später, dass eine angedrohte Anhebung bisheriger Strafzölle in Höhe von 10 Prozent auf 25 Prozent für 90 Tage ausgesetzt werde. Auch Chinas Aussenminister Wang Yi erklärte, man sei übereingekommen, die Verhängung weiterer Sonderzölle auf Importe zu stoppen.
Die USA ermitteln Insidern zufolge seit mindestens 2016 gegen Huawei wegen des Verstosses gegen Ausfuhr- und Sanktionsgesetze. Dabei geht es um den Vorwurf, dass Huawei Produkte aus den USA in den Iran geliefert haben soll. Laut der «New York Times» geht es auch um Verstösse gegen die Sanktionen gegen Nordkorea.
Huawei ist einer der weltgrössten Anbieter von Telekommunikationsausrüstung und Dienstleistungen in dem Bereich. Der chinesische Konzern hat in diesem Jahr Apple als zweigrössten Smartphone-Hersteller überholt. Dem Marktführer Samsung ist das Unternehmen auf den Fersen.
Spionagevorwürfe
In den USA ist Huawei weitgehend von der Belieferung staatlicher Stellen und deren Auftragnehmer ausgeschlossen. Washington sieht Huawei als Gefahr für die Cybersicherheit. Trump hatte im Handelskrieg zudem bereits zuvor Stimmung gegen den chinesischen Telecomausrüster gemacht. Demnach haben Vertreter der Administration Trump auf höchster politischer und wirtschaftlicher Ebene die westlichen Partner über ihre Bedenken bei der nationalen Sicherheit informiert, sollten diese Produkte und Netzwerkkomponenten von Huawei einsetzen, schrieb das «Wall Street Journal». Der Vorwurf lautete auf Spionage durch die Hintertür.
Dem Vernehmen nach sollen die USA bisher Deutschland, Italien und Japan informiert haben. Trumps Spitzenbeamte sollen sogar finanzielle Entschädigungen angeboten haben, wenn die Verbündeten auf Ausrüstung von Huawei verzichten.
Sunrise hält zu Huawei
Hierzulande hat sich Huawei vor zehn Jahren niedergelassen. Inzwischen beschäftigt das Unternehmen rund 300 Mitarbeiter. Der Swisscom liefert das Unternehmen Komponenten, um das Internet auf den herkömmlichen Kupferleitungen zu beschleunigen. Aktuelles Prestigeprojekt ist aber das neue 5G-Mobilfunknetz, das Huawei für Sunrise bauen wird.
Sunrise hält zum chinesischen Partner. «Wir haben keine Pläne, den Technologiezulieferer zu wechseln», sagte Firmensprecherin Thérèse Wenger zuletzt dieser Zeitung. Bei den Vorgängen in den USA handele es sich um politische Entscheide. «Wir sehen keinen Anlass, dass Schweizer Behörden zu gleichen Einschätzungen kommen sollten.»
Laut der Sunrise-Sprecherin zeigten die Erfahrungen aus den grössten Datenklaus in der Schweiz und im Ausland, dass solche Lecks keine Frage des Technologiezulieferers seien, sondern der kriminellen Energie der Täter.
sda/afp/cfr/chk/fal
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