Departement in Bern greift einEDA kümmert sich um Schweizer Verhafteten in Minsk
In Weissrussland ist es nach neuen Protesten erneut zu Gewaltausbrüchen gekommen. In der Nacht auf Montag ist auch ein junger Schweizer festgenommen worden.
In der weissrussischen Hauptstadt Minsk wurde ein 21-jähriger Walliser im Umfeld der Proteste gegen Wahlfälschung bei der Präsidentschaftswahl verhaftet worden. Das Aussendepartement (EDA) in Bern verfolgt den Fall nach eigenen Angaben «mit hoher Dringlichkeit».
Die Botschaft in Minsk habe den Schweizer Staatsangehörigen noch nicht besuchen können, heisst es in einer Stellungnahme des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) vom Mittwoch. Es reagierte damit auf einen Bericht des Schweizer Fernsehens SRF vom Vorabend über die Verhaftung in Weissrussland (Belarus).
Gemäss der Sendung Forum des Westschweizer Radiosenders RTS handelt es sich um einen 21-jährigen Schwinger aus dem Wallis. Der Vater des jungen Mannes sagte in der Sendung, dass die Familie ein Video eines russischen Journalisten erhalten habe, der im Innern des Gefängnisses habe filmen können. Da hätten sie ihren Sohn erkannt. Die Familie wolle nun, dass der junge Mann so schnell wie möglich ausgeliefert werde.
Das EDA stehe mit den weissrussischen Behörden wie auch mit den Angehörigen des Verhafteten in Kontakt, hiess es weiter. Man trete zudem «über verschiedene Kanäle» für diesen ein. Staatssekretärin Krystyna Marty Lang habe den Fall am Dienstag mit dem weissrussischen Vize-Aussenminister Oleg Krawtschenko thematisiert. Auf die Umstände der Verhaftung und die Haftbedingungen ging das EDA nicht ein.
Prekäre Haftbedingungen
Die Haftbedingungen seien prekär, sagt ein Augenzeuge, der zusammen mit dem Schweizer in der Zelle sass, zu «SRF». So wurden den festgenommen Ausländern in dem Minsker Gefängnis weder Wasser noch Essen zur Verfügung gestellt. Die Haftbedingungen für weissrussische Staatsangehörigen seien allerdings noch schlimmer.
Der Schweizer sei unverletzt. Er spreche gut russisch, sagt der Augenzeuge. Der 21-Jährige soll sich seit dem vergangenen Herbst in Minsk befinden. In die Hauptstadt des osteuropäischen Landes zog es ihn laut 20min.ch, weil er dort das tun konnte, was ihm am allerwichtigsten war: Ringen. Zwar ist der Mann längst Mitglied im Schweizer Nationalkader, doch er wollte mehr – etwas, was kein Schweizer Ringer jemals vor ihm gemacht hat: in Minsk, einem regelrechten Ringer-Hotspot, nicht nur trainieren, sondern auch den Alltag und die Sprache kennen lernen.
Brutal gegen friedliche Demonstranten
Am dritten Abend in Folge hatte es auch am Dienstag in Weissrussland wieder viele Festnahmen gegeben. Im Internet gab es Berichte, wonach Sicherheitskräfte erneut brutal gegen friedliche Demonstranten vorgingen. Im Nachrichtenkanal Telegram wurden Videos veröffentlicht, die zeigen, wie Uniformierte Zivilisten verprügeln und treten.
Wie viele Menschen in Polizeigewahrsam kamen, war unklar. Insgesamt war die Lage nach Meinung von Beobachtern aber zunächst ruhiger als in den Nächten zuvor.
Hunderte Menschen beteiligten sich in mehreren Städten an den Protesten. In Minsk zogen grössere und kleinere Gruppen durch die Strassen. Die Polizei versuchte, die Menge zu zerstreuen. Dabei kam es erneut zu Zusammenstössen. Es sollen auch Gummigeschosse abgefeuert worden sein. Zu sehen war, wie Blendgranaten abgefeuert wurden. In Minsk errichteten Demonstranten Barrikaden.
Nur mit Wahlbetrug im Amt
Nach der Präsidentschaftswahl am Sonntag waren landesweit Proteste ausgebrochen. Die Wut vieler Menschen richtet sich gegen Staatschef Alexander Lukaschenko, der sich nach 26 Jahren im Amt an seine Macht klammert. Er drohte mehrfach mit dem Einsatz von Militär. Insgesamt wurden mehr als 5000 Menschen festgenommen.
Die Lukaschenko-Gegnerin in der Präsidentschaftswahl, Swetlana Tichanowskaja, ist unterdessen nach Litauen ausgereist – oder wurde von den Behörden dazu gezwungen. Tichanowskajas Mitstreiterin Veronika Zepkalo forderte den Westen auf, die 37-Jährige als Präsidentin anzuerkennen. Wahlen in Weissrussland waren bislang in der Regel entweder ohne Gegenkandidaten durchgeführt oder manipuliert worden.
SDA/red
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