Armee entsorgt FliegerabwehrwaffenSchweiz verschrottet einsatzfähige Raketen
60 Rapier-Abwehrsysteme entsorgt die Armee derzeit. Dabei wären sie nicht nur funktionstüchtig, sondern dürften sogar in der Ukraine eingesetzt werden.
Die Schweizer Armee ist zurzeit daran, Dutzende Fliegerabwehrwaffen zu entsorgen. Die Verschrottung von 60 Abwehrsystemen hat Armasuisse gegenüber der «NZZ am Sonntag» bestätigt.
Es handelt sich dabei um das Waffensystem Rapier, das die Schweiz in den 1980er-Jahren beschafft hat. 2007 wurden im Zuge einer Modernisierung neue Lenkwaffen dazugekauft – auch diese werden jetzt verschrottet. Der Grund für die Entsorgung: Die Schweiz hat Rapier auf Ende 2022 ausser Dienst gestellt.
Gemäss Einschätzung eines Militärexperten hätten die Waffen in der Ukraine eingesetzt werden können – zum Beispiel zum Schutz ziviler Infrastruktur. «Die Raketen sind alt, aber sie sind auch nicht völlig veraltet», sagt Peter Schneider, ehemaliger Chefredaktor der «Allgemeinen Schweizerischen Militärzeitschrift», zur NZZ. Laut Schneider sind die Raketen vor allem wirksam gegen «tief fliegende Ziele wie Drohnen». In London sei 2012 dasselbe System zum Schutz der Olympiade eingesetzt worden.
Keine Auflagen für ausländische Produkte
Das Rapier-System wurde in Grossbritannien hergestellt. Aus diesem Grund könnten diese Waffen ohne Gesetzesänderung an die Ukraine weitergegeben werden, da dies ein Bundesratsbeschluss von 2006 ausdrücklich erlaubt. Dieser besagt, dass ausser Dienst gestellte ausländische Produkte in erster Priorität ans Herstellerland zurückverkauft werden sollen – und zwar ohne Auflagen. Das heisst: Grossbritannien könnte ohne Wiederausfuhrverbot frei über die Systeme verfügen.
Dieselbe Regelung ist bereits bei Leopard-Panzern zum Einsatz gekommen, die die Schweiz 2010 an Deutschland zurückverkauft hat. Gemäss SRF-Recherchen wurde ein Teil der insgesamt 40 Panzer letzten Sommer an andere Nato-Staaten weitergegeben.
Auch Grossbritannien hat Rapier verschrottet
Die Verschrottung der Rapier-Raketen hat der Bund bereits 2019 beschlossen, und in der Zwischenzeit ist kein Gesuch aus Grossbritannien eingetroffen. «Es ist nicht üblich, dass die Schweiz ausser Dienst gestellte militärische Systeme aktiv zum Kauf anbietet», erklärt Armasuisse-Sprecher Kaj-Gunnar Sievert. Das Königreich hat seine Rapier bereits 2021 ausgemustert, und laut Verteidigungsministerium waren bei Kriegsbeginn bereits alle Raketen entsorgt. Dies sorgte in Grossbritannien nach der russischen Invasion der Ukraine für Kritik.
Für einen Ukraine-Einsatz der Rapier-Systeme ist es zu spät, doch in den nächsten Jahren sollen in der Schweiz weitere Waffensysteme ausgemustert werden, zum Beispiel 248 Schützenpanzer M113 und über 100 Artilleriekanonen vom Typ M109. Beide kommen zurzeit in der Ukraine an der Front zum Einsatz. Und beides sind amerikanische Produkte, die ohne Auflagen an die USA zurückverkauft werden könnten.
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