So reagiert der NationaltrainerKeine Tore, keine Ideen – und Yakin sagt einfach: «Es läuft vieles gegen uns»
Das 0:2 gegen Serbien in der Nations League macht deutlich, dass die Schweizer ihre EM-Form verloren haben. Sie riskieren, dass die Erinnerungen an den schönen Sommer rasch verblassen.
- Die Schweiz verliert im dritten Spiel zum dritten Mal und steht nun auf dem letzten Platz der Nations League.
- Die Verteidigung zeigt Unsicherheiten ohne Schär und Sommer im Team.
- In der Offensive mangelt es an effektiven Abschlüssen trotz viel Ballbesitz.
Einen Satz wiederholt Murat Yakin nach dem 0:2 gegen Serbien immer wieder. In der Medienkonferenz, vor den TV-Kameras, in manchen Antworten spricht er diesen Satz sogar mehrmals aus. Er trägt ihn vor sich her, als müsse er ihn nur oft genug sagen, damit er irgendwann stimmt. «Es läuft vieles gegen uns», das ist der Satz.
Natürlich ist es nicht falsch, wenn Yakin das nach einem 0:2 sagt. Er kann nach so einem Auftritt ja schlecht behaupten, dass viel für sein Team gelaufen sei. Besser wäre es jedoch gewesen, wenn er den Satz leicht angepasst hätte: «Es läuft nicht viel bei uns», wäre treffender gewesen für den Schweizer Auftritt in Serbien.
«Kosovo ist das Herz Serbiens»
Nach drei Niederlagen aus den ersten drei Spielen stehen die Schweizer in ihrer Nations-League-Gruppe punktlos auf dem letzten Platz. Sie brauchen am Dienstag in St. Gallen gegen Dänemark einen Sieg, sonst könnte der Abstieg aus der obersten Liga bereits Tatsache sein. Und das liegt nicht nur daran, dass viel gegen sie läuft.
Nach den ersten zwei Länderspielen nach der EM konnte Yakin seinen Satz noch mit gutem Gewissen sagen. Da war die Rote Karte gegen Nico Elvedi gegen Dänemark, da waren auch andere Schiedsrichterentscheidungen. Gegen die Spanier fehlte ihm mit Granit Xhaka der wichtigste Einzelspieler. Aber diesen Samstag, gegen Serbien?
Es ist nicht viel gegen die Schweizer gelaufen, sondern so gut wie gar nichts bei ihnen. 25 Minuten lang waren sie das aktivere Team. Dann wurde Serbien stärker und gewann verdient 2:0. Und nach den letzten Duellen gegen die Serben war es dieses Mal keine hochemotionale Partie, in der die Dinge aus dem Ruder liefen.
Zwar sangen die Zuschauer in Leskovac «Kosovo ist das Herz Serbiens», vor dem Stadion wurden Flaggen mit ähnlicher Aufschrift von der Polizei eingesammelt, und Granit Xhaka wurde in der ersten Halbzeit bei jedem Ballkontakt ausgepfiffen. Aber anders als 2018 und 2022 kochten die Emotionen nicht über.
Die Schweizer haben verloren, weil sie am Ende das schlechtere Team waren.
Die Abwehr sucht nach Stabilität
In der Defensive hat die Schweiz ihre Stabilität verloren. Fünf Gegentreffer hat das Team in den ersten neun Spielen des Jahres kassiert, die Elfmetertore im Viertelfinal der EM gegen England nicht mitgerechnet. In der Nations League sind es in drei Partien nun schon acht Gegentreffer.
«Wir haben die individuellen Duelle nicht für uns entschieden», sagte Yakin nach dem Spiel, «unsere Umschaltphasen haben funktioniert – jedoch nicht in den Situationen vor den beiden Gegentoren.» Dabei ist es offensichtlich, dass der Abwehr ohne Fabian Schär und ohne Torhüter Yann Sommer noch die Sicherheit fehlt.
Dazu kommen mit Silvan Widmer und Michel Aebischer zwei Spieler auf den Aussenbahnen, die entweder zu wenig Spielpraxis haben (Widmer) oder in ihrem Club regelmässig auf einer anderen Position spielen (Aebischer). Das spürt man besonders dann, wenn auch andere Mannschaftsteile nicht so gesichert sind.
In der Offensive das gleiche Bild: Ein Tor aus den ersten 270 Minuten nach der EM ist zu wenig für ein Team wie die Schweiz. Gegen Serbien gab es zwei starke Angriffe: der erste über Amdouni, Widmer und Embolo, der das Tor knapp verpasste. Der zweite führte zum Elfmeter, den erneut Embolo verschoss.
Aber auch hier greift Yakins «Es läuft vieles gegen uns» zu kurz. Es ist nicht so, dass die Schweizer reihenweise am Pfosten, an der Latte oder an einem starken Goalie scheitern würden. Trotz 62 Prozent Ballbesitz hatten sie am Samstag weniger Abschlüsse als der Gegner.
«Die Gegner wissen jetzt auch, wie wir spielen», hat Yakin gesagt, sie stellen sich auf die Schweizer ein. Und trotzdem fehlen in der Offensive wieder die Ansätze, so wie sie schon während der EM-Qualifikation über weite Strecken gefehlt haben. «Aber wir versuchen mit neuen Elementen, den Gegner zu überraschen», sagt Yakin.
Yakin sagt: «Es braucht Zeit»
Drei Monate nach der Europameisterschaft ist das Schweizer Team im Rekordtempo wieder in der Zwischen-Endrunden-Realität angekommen. «Es ärgert mich sehr», sagt Murat Yakin und meint damit: Die Schweiz hat sich beim Turnier in Deutschland etwas erarbeitet, eine Freude auf die Spiele, eine Verbindung zu den Fans. All das baut sie mit Auftritten wie in Serbien langsam wieder ab.
Der Abgang von drei so verdienten Spielern wie Sommer, Schär und Xherdan Shaqiri ist eine Begründung. «Es braucht Zeit», sagt Murat Yakin, «man kann die DNA nicht von heute auf morgen ändern.» Aber allein diese Sätze deuten bereits darauf hin, dass die aktuellen Probleme von innerhalb kommen.
Und dass es keineswegs so ist, dass im Moment einfach nur viel gegen ein ansonsten gut funktionierendes Schweizer Team laufen würde.
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