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Als Terrororganisation eingestuft
Das Hamas-Verbot ist wohl erst der Anfang

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Den Grundsatzentscheid hatte der Bundesrat wenige Tage nach dem Anschlag der Hamas auf Israel vom 7. Oktober gefällt: Die Hamas soll in der Schweiz als terroristische Organisation eingestuft und verboten werden. Auch das Parlament sprach sich später dafür aus. Nun hat der Bundesrat seinen Vorschlag für die Umsetzung in die Vernehmlassung geschickt.

Justizminister Beat Jans erläuterte den Plan an seiner ersten Medienkonferenz zu einem Bundesratsentscheid. Das Hamas-Verbot sei kein Paradigmenwechsel in der Aussenpolitik, betonte Jans. Die Schweiz bleibe zurückhaltend mit dem Verbot von Organisationen.

Eigene Kriterien umgangen

Experten erwarten allerdings, dass das Hamas-Verbot einen Wechsel der bisherigen Praxis einleitet. Armin Stähli von der Universität Zürich hat seine Dissertation zum Thema verfasst. Er sagt: «Das Hamas-Verbot bringt die Gefahr mit sich, dass die Schweiz politisch unter Druck gerät, weitere Organisationen zu verbieten.»

Der Grund: Mit dem Hamas-Verbot umgeht die Schweiz ihre eigenen Kriterien, die im Nachrichtendienstgesetz verankert sind. Demnach darf der Bundesrat nur Organisationen verbieten, die auf der Sanktionsliste der UNO stehen. Das ist bei al-Qaida und IS der Fall, nicht aber bei der Hamas.

Notrecht verworfen

Für das Hamas-Verbot stand deshalb zur Diskussion, die gesetzlichen Kriterien zu lockern. Auch Notrecht zog der Bundesrat in Betracht. Am Ende verwarf er beides und entschied sich für ein spezifisches Hamas-Gesetz. Dies habe den Vorteil, dass die Regelung keine Rechtswirkungen auf andere Organisationen entfalte, schreibt der Bundesrat.

Für Stähli geht der Gesetzesentwurf aus rechtsstaatlicher Sicht in die richtige Richtung. Indes wurde aus seiner Sicht zu wenig diskutiert, wie der Bundesrat künftig mit politischen Druckversuchen umzugehen gedenkt. Es sei gut möglich, dass sich die Schweiz bald mit der Frage konfrontiert sehe, weshalb sie andere Organisationen wie etwa die Hizbollah oder die PKK nicht auch spezialgesetzlich verbiete.

Mit dem Hamas-Verbot können nebst der Hamas auch verwandte Organisationen verboten werden. Dazu gehören Tarn- und Nachfolgeorganisationen sowie Gruppierungen, die im Auftrag der Hamas handeln oder eine besondere Nähe zu ihr haben. Voraussetzung ist, dass sie die innere oder äussere Sicherheit «konkret bedrohen». Hier stelle sich die Frage, was dies genau bedeute, sagt Stähli.

Finanzströme unterbinden

Der Bundesrat schreibt, das Verbot habe eine präventive und eine repressive Wirkung. Es verringere das Risiko, dass die Hamas die Schweiz als Rückzugsort nutze. Die Strafverfolgungsbehörden könnten leichter Einreiseverbote oder Ausweisungen verhängen. Das Verbot erleichtere zudem die Beweisführung und ermögliche es, gezielter gegen Unterstützer der Hamas vorzugehen. So müssten Banken verdächtige Finanztransaktionen melden.

Wer die Hamas unterstützt, soll mit bis zu 10 Jahren Gefängnis bestraft werden. Für Personen mit massgeblichem Einfluss könnte die Strafe 20 Jahre betragen. Als Unterstützung gilt jede Handlung, die das Gefährdungspotenzial der Organisation erhöhen könnte.

Demonstrieren erlaubt

Die Meinungsäusserungsfreiheit bleibt dagegen gewährleistet: Es werde weiterhin zulässig sein, sich öffentlich für die Palästinenser einzusetzen, sagte Jans. Auch humanitäre Hilfe bleibt möglich. Vor allem in Gebieten, wo eine Organisation de facto die Staatsgewalt ausübe, könne es vorkommen, dass die Bereitstellung von Hilfsgütern für Zivilisten ungewollt und indirekt zur Unterstützung der Organisation führe, schreibt der Bundesrat. 

Palästina-Flagge vor dem Bundeshaus.

Foto: Jürg Spori / Tamedia AG.

Der Bundesrat will das Verbot auf fünf Jahre befristen, wobei Verlängerungen durch das Parlament möglich sind. Fedpol-Chefin Nicoletta della Valle erklärte, das entspreche der bisherigen Praxis und trage dem Umstand Rechnung, dass es um schwere Grundrechtseingriffe gehe. Das Gesetz zum Verbot von al-Qaida und IS galt ebenfalls befristet. Das Parlament verlängerte es nach fünf Jahren. Danach löste eine Verfügung des Bundesrates das Gesetz ab. Möglich war das, weil al-Qaida und IS auf der UNO-Sanktionsliste stehen.

Nachrichtendienst hat keine Hinweise

Das Hamas-Verbot stützt sich auf die Kompetenz des Bundes zur Wahrung der inneren und äusseren Sicherheit. Diese Kompetenz gilt, wenn eine Massnahme für die Sicherheit notwendig ist. Allerdings hat der Nachrichtendienst gegenwärtig keine Informationen, die darauf hindeuten, dass die Hamas in der Schweiz oder in Europa Anschläge durchführen kann und will. Für die Zukunft sei das aber nicht auszuschliessen, sagte Nachrichtendienstchef Christian Dussey.

Bis zum Anschlag vom 7. Oktober hatten sich der Bundesrat und die Mehrheit des Parlaments gegen ein Verbot ausgesprochen – nicht zuletzt mit der Begründung, ein Verbot würde die Guten Dienste der Schweiz erschweren.