CO₂-Bilanz kippt«Schockierendes» Baumsterben in Australien hat weltweite Folgen
Seit den 80er-Jahren hat sich die Baumsterblichkeit in den Regenwäldern verdoppelt. Statt CO₂ zu speichern, geben die Bäume immer mehr Kohlenstoffe in die Luft ab.
«Es war ein Schock, eine derart ausgeprägte Steigerung der Baumsterblichkeit festzustellen, und auch, dass der Trend sich über die Vielfalt der untersuchten Arten und Areale erstreckte», berichtet David Baumann von der englischen Oxford-Universität, Erstautor der jetzt im Fachblatt «Nature» veröffentlichten Studie. Eine dauerhafte Verdoppelung der Sterberate bedeute, dass der in Bäumen gespeicherte Kohlenstoff doppelt so schnell in die Atmosphäre zurückkehre.
Dieser unter anderem auch im Amazonasgebiet beobachtete Trend gefährdet das Ziel des Pariser Klimaabkommens, die Erderwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit deutlich unter 2 Grad Celsius zu halten. Tropische Regenwälder nehmen den Forschenden zufolge bislang etwa 12 Prozent der vom Menschen verursachten CO₂-Emissionen auf und bremsen damit den Treibhauseffekt.
Liegt es an der Erderwärmung?
In der Studie hatte das Team mit Expertinnen und Experten aus Australien, Grossbritannien, Frankreich und den USA das Wachstum von 81 Baumarten in verschiedenen Arealen des australischen Bundesstaats Queensland von 1971 bis 2019 untersucht und dabei mehr als 70’000 Bäume vermessen. Demnach stieg die Sterblichkeit der Bäume ab Mitte der 80er-Jahre deutlich, und zwar bei fast allen Arten und in fast allen der mehr als 20 untersuchten Areale.
Eine geringere Lebenserwartung der Bäume bedeute auch eine geringere Verweildauer des gebundenen Kohlenstoffs. Unklar war zunächst die konkrete Ursache des Trends. «Auch wenn die gestiegene Sterblichkeit in unserer Analyse über die Arten und Areale hinweg eindeutig ist, ist es eine Herausforderung, diesen Trend auf konkrete Ursachen zurückzuführen», schreibt das Team.
Nach ihren Analysen halten die Forscher vor allem zwei Entwicklungen für massgeblich: gestiegene maximale Tagestemperaturen und, damit zusammenhängend, eine verringerte Feuchtigkeitssättigung der Luft. Beide Faktoren nahmen demnach über den Zeitraum von 49 Jahren zu, und wo diese Tendenz am ausgeprägtesten war, stieg auch die Sterblichkeit am deutlichsten. Tropische Wirbelstürme könnten zwar zu dem Trend beigetragen haben, würden ihn aber allein nicht erklären, schreiben die Forscher.
«Die Aufgabe, die Erwärmung auf unter 2 Grad Celsius zu begrenzen, wird dringender und schwieriger.»
Generell gehe die erhöhte Baumsterblichkeit darauf zurück, dass die wärmere Atmosphäre den Pflanzen mehr Feuchtigkeit entziehe. Dies erhöhe ihre Anfälligkeit für andere widrige Einflüsse, etwa für die Folgen von Stürmen oder von Krankheiten. Der Verlust der Biomasse wurde demnach weder durch neue Bäume aufgewogen noch durch ein stärkeres Wachstum.
Dieser Prozess betreffe möglicherweise die Tropen auch ausserhalb Australiens, mahnen die Forscher. «Sollte das der Fall sein, können tropische Wälder bald Kohlenstoffquellen werden und die Aufgabe, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius zu begrenzen, wird sowohl dringender als auch schwieriger», sagt Co-Autor Yadvinder Malhi.
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