Weshalb der 29. Februar ein Schalttag ist0,24 Tage sorgen für Schwierigkeiten
Unsere Zeitrechnung orientiert sich an der Tag-und-Nacht-Gleiche, aber so ganz gehts nicht auf – eine kurze Geschichte des Schaltjahres.
Irgendetwas stimmte hier nicht. Diese Erkenntnis setzte sich im Spätmittelalter unter Gelehrten immer stärker durch. Der Frühlingsanfang, einst festgelegt auf den 21. März, rutschte weit und weiter in den April. Mit Klimaveränderungen hatte die Verschiebung nichts zu tun, als Frühlingsanfang gilt die Tag-und-Nacht-Gleiche.
Das Ganze lag vielmehr daran, dass es nicht leicht ist, ein kalendarisches System für die Ewigkeit zu finden. Das Universum schert sich nicht darum, wie der Mensch seine Zeit zählt.
Die Erde bewegt sich auf einer Umlaufbahn um die Sonne. Erreicht sie auf dieser Umlaufbahn wieder ihren Ausgangspunkt, so ist ein astronomisches Jahr vergangen. Gleichzeitig dreht sich die Erde um sich selbst, das dauert 24 Stunden, und wir zählen einen Tag. Einfach wäre es nun, wenn die Erde genau 365 Tage brauchen würde, um einmal um die Sonne zu kreisen.
Doch unser Planet benötigt dafür 365,24 Tage. Und genau diese 0,24 Tage sorgen in fast allen Kalendersystemen für Schwierigkeiten. Sie entsprechen nämlich nicht sechs Stunden, sondern fünf Stunden, 48 Minuten und 46 Sekunden.
«Am erfolgreichsten sind Kalender, die komplexe Verhältnisse einfach darstellen», sagt Jörg Rüpke, Professor für Religionswissenschaft an der Universität Erfurt und Experte für Kalendersysteme. Unser heutiger Kalender ist ein solcher Versuch, auch wenn er noch Mängel hat.
Schon die alten Ägypter hatten einen Sonnenkalender
Was den Gelehrten im Spätmittelalter Sorge bereitete, hatte seinen Anfang schon in der Antike genommen. Das Grundgerüst unseres heutigen Kalenders haben die alten Römer und vor allem der Feldherr Julius Caesar (100 bis 44 v. Chr.) entwickelt.
Caesar orientierte sich an Vorbildern aus dem alten Ägypten. Dort hatten die Beamten des Pharaos schon im dritten vorchristlichen Jahrtausend einen 365-tägigen Sonnenkalender entworfen, um die Nilflut voraussagen zu können.
Caesar legte den Januar als ersten Monat des Jahres fest. Noch heute haben die deutschen Monatsnamen ihre Wurzeln im Lateinischen. Der Januar ist beispielsweise nach dem Gott Janus, der März nach dem Kriegsgott Mars benannt. Der «Februarius» galt als Unterweltsmonat.
Auch die verschiedenen Monatslängen haben wir römischem Aberglauben zu verdanken. Die Römer fürchteten, gerade Zahlen brächten Unglück, deshalb hatten die Monate 29 oder 31 Tage. Das wurde zwar mit der Zeit korrigiert, doch die unterschiedlichen Monatslängen hielten sich.
Die nach Caesar benannte julianische Kalenderreform führte auch Schalttage ein, doch rechnete man damals mit sechs Stunden für den 0,24 Tag, den die Erde länger als 365 Tage für eine Sonnenumdrehung brauchte.
Richtig sichtbar wurde dieser Fehler erst nach vielen Jahrhunderten, eben im Hoch- und Spätmittelalter, als sich die Tag-und-Nacht-Gleiche immer weiter in den April verschob. Schliesslich kam es Ende des 16. Jahrhunderts in Europa zu einer gross angelegten Kalenderreform. Erarbeitet hatten sie zwei Mathematiker, veranlasst wurde sie von Papst Gregor XIII (1502–1585).
Gregor führte den nach ihm benannten gregorianischen Kalender ein, dem wir noch heute folgen. Der Vatikan ordnete an, dass nach dem 4. Oktober 1582 der 15. Oktober folgte. Zudem strichen die Gelehrten innerhalb von 400 Jahren drei Schalttage, um die Zeitrechnung näher an das astronomische Jahr anzugleichen.
Die Menschen versuchen seit vielen Jahrhunderten, die Zeit zu messen. Schon prähistorische Monumente wie Stonehenge in Grossbritannien markieren mit der Ausrichtung ihrer Steine gewisse Ereignisse im astronomischen Jahr. Auch die Siebentagewoche, die sich am Lauf der Planeten orientiert, geht vermutlich auf griechische und babylonische Astronomen zurück.
Neben den Kalendern, die sich nach der Sonne richten, gibt es auch solche, die mithilfe des Monds zählen. Was wiederum für andere Probleme sorgt. Ein Mondmonat dauert rund 29,5 Tage. Zwölf Mondmonate ergeben deshalb nur ungefähr 354 Tage, und das Jahr ist immer schon vorüber, wenn die Umlaufbahn um die Sonne noch nicht geschafft ist.
Der islamische Kalender beispielsweise basiert auf den Mondzyklen. Er ist deshalb schneller. Nach 33 Sonnenjahren sind im Mondkalender schon 34 Jahre vergangen.
Widerstand der Protestanten und der Orthodoxen
Als der Vatikan 1582 die gregorianische Kalenderreform durchsetzte, gab es teilweise Widerstand. Nicht weil der neue Kalender schlecht war, sondern weil die katholische Kirche ihn hatte erarbeiten lassen. Deshalb waren protestantische Gebiete zum Teil wenig begeistert, auch die orthodoxen Kirchen im Osten wollten sich zuerst nicht anschliessen.
Trotzdem setzten nach und nach viele Gebiete, Königreiche, Herzogtümer in Europa den neuen Kalender schliesslich um. Auch in den Städten und Kantonen der alten Eidgenossenschaft akzeptierten katholische Gebiete die Reform schneller als reformierte. Zürich, Basel, Bern, Schaffhausen, Neuenburg und Genf führten den neuen Kalender erst im Jahr 1701 ein, St. Gallen 1724.
Sehr lange widersetzten sich zwei Gemeinden im heutigen Kanton Graubünden. Schiers und Grüsch weigerten sich mehr als 200 Jahre die gregorianische Kalenderreform umzusetzen. Im Jahr 1812 schliesslich zwang der wenige Jahre zuvor gebildete Kanton Graubünden die beiden abtrünnigen Gemeinden dazu, den gregorianischen Kalender auch anzunehmen.
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