Parlament spricht noch mehr GeldSBB hielten Sparprogramm für «unumgänglich» – jetzt legen sie es auf Eis
Die Bahn hatte sich mit dem Bundesrat im Winter auf Einschnitte geeinigt. Dann kam ihr im Frühjahr das Parlament zu Hilfe. Jetzt steht im Raum, auf die Einsparungen zu verzichten.
Nach der Ankündigung eines Sparprogramms gibt es für die SBB-Beschäftigten nun Grund zur Hoffnung. Der Konzern könnte auf die angekündigten Kürzungen bei Sozialleistungen verzichten. Der Grund dafür ist, dass die Politik die Strategie geändert hat, wie sie die Folgen der Pandemie für die Bahn abfedern will: Das Parlament will noch mehr Geld ausgeben.
In den ersten zwei Corona-Jahren hatte der Konzern ein Riesendefizit von 940 Millionen Franken eingefahren – und das, obwohl Bund und Kantone ihm mit mehr als 600 Millionen unter die Arme griffen. Um in Zukunft wieder eine ausgeglichene Rechnung zu präsentieren, einigten sich die SBB vergangenen Dezember mit dem Bund, ihrem Eigner, auf Einschnitte: Unter anderem sollten sie 80 Millionen Franken jährlich sparen.
SBB beteiligen sich stark an Lohnabzügen
Die SBB wollten das auf Kosten der Belegschaft erreichen. Sie planten, ihre Beteiligung an den Risikobeiträgen für die Pensionskasse zu senken und den Lohnabzug für Kosten von krankheitsbedingten Fehltagen zu erhöhen. Zudem sollten die Leistungen für den Fall der Berufsinvalidität wegfallen.
Konzernchef Vincent Ducrot bezeichnete die Einsparungen angesichts der massiven Hilfe durch die öffentliche Hand als «unumgänglich». Auch beteiligen sich die SBB laut eigenen Angaben im Vergleich mit anderen Unternehmen überdurchschnittlich stark an manchen Lohnabzügen. Hierzu sagte Ducrot: «Wir müssen uns diese Situation anschauen, wo wir zu grosszügig oder besser sind als andere.»
Mit Ausnahme des Wegfalls der Invaliditätshilfe stehen die Massnahmen jetzt wieder auf der Kippe. Die SBB haben die Umsetzung sistiert.
Der Stände- und der Nationalrat nahmen nämlich in der Frühlings- und der Sommersession eine Motion an, die den Spardeal zwischen SBB und Bund direkt angreift. Erstens forderte die Motion statt eines Sparprogramms mehr Finanzhilfen für die Bahn.
Zweitens, und darum drehte sich in den Räten der Grossteil der Diskussion, verlangte die Motion, dass der bereits Jahre zuvor beschlossene Plan zum Infrastrukturausbau im Bahnbereich nicht angetastet werden soll. Dies hatte der Bundesrat mit der Abmachung vom Dezember getan, indem er den SBB eine Reduktion der sogenannten Trassenpreise, also der Nutzungsgebühren für das Schienennetz, über rund 1,5 Milliarden gewährte.
Das jedoch wollte die Parlamentsmehrheit, die den Plan für den Bahnausbau bis 2035 in den vergangenen Jahren mühsam erarbeitet hatte, nicht – und nahm die Motion deutlich an.
«Die SBB haben nicht nur ein Corona-Problem. Wir haben dafür zu sorgen, dass die SBB mittel- und längerfristig vor allem im Fernverkehr wieder in die Ertragszone kommen.»
Jetzt muss der Bundesrat eine Umsetzung der Motion erarbeiten. Wie teuer das Ganze wird und wie es ausgestaltet werden soll, ist dabei noch unklar. Der Bundesrat wird im Herbst über das weitere Vorgehen befinden, teilte ein Sprecher der Finanzverwaltung mit.
Ob die Sparbemühungen der SBB damit passé sind, wird erst dann geklärt. Finanzminister Ueli Maurer hat eine klare Meinung dazu. «Die SBB haben ja nicht nur ein Corona-Problem», argumentierte er im März im Ständerat. «Wir haben dafür zu sorgen, dass die SBB mittel- und längerfristig vor allem im Fernverkehr wieder in die Ertragszone kommen.»
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