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Flexibler Verkehr auf dem Land
Praktisch, aber wenig erfolgreich: Warum es Sammeltaxis in der Schweiz so schwer haben

Le taxi londonien electrique aux couleurs de CarPostal fait une demonstration le vendredi 8 octobre 2021 a Pomy pres d'Yverdon. Le "plus petit CarPostal" de la flotte PubliCar est un vehicule electrique qui peut transporter jusqu'a six passagers. (KEYSTONE/Jean-Christophe Bott)
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Die Namensgeber haben Kreativität bewiesen. Die Palette reicht von Kollibri und Mobilisk bis hin zu Taxito oder Mybuxi. Die Rede ist von Sammeltaxis und sogenannten Rufbussen, die Fahrgäste je nach Bedarf und auf Bestellung zum Zielort chauffieren. Meist ohne festen Fahrplan. Stattdessen geben die Passagiere per App oder Telefon an, wann sie wohin möchten. Und je nach Möglichkeit nimmt die Fahrerin oder der Fahrer dann nicht nur eine Person, sondern gleich mehrere mit. In der Branche spricht man von Mobility-on-Demand oder Pooling. Für die Passagiere lohnt sich das, weil die Fahrt deutlich weniger kostet als ein Taxi.

Die Idee solcher Angebote gibt es bereits seit längerem. Das zeigt ein politischer Vorstoss aus dem Jahr 1996 zur Finanzierung von Rufbussen. Bereits damals – vor knapp 30 Jahren – hat sich der Bundesrat für einen weiteren Ausbau des Angebots ausgesprochen.

Doch der ging seither nur im Schneckentempo voran. Viele Anbieter mussten ihre Dienste wieder einstellen – sei es, weil die Zahl der Fahrgäste zu klein war oder öffentliche Geldgeber die Finanzierung aufkündigten. So erging es etwa den Shuttlediensten Sowiduu in Biel und Kollibri in Brig, die sogar eine eigene App hatten, oder dem Nachtfahrdienst Mobilisk in Basel.

Das schleppende Wachstum wird auch in den Zahlen deutlich: 1995 gab es nach Angaben des Bundesrats fast 40 Rufbuslinien. Knapp 30 Jahre später, im Jahr 2022, waren es über 50 Angebote. Das geht aus einer Erhebung der Beratungsfirma Rapp im Auftrag mehrerer Kantone hervor.

BAV will On-Demand-Betreibern helfen

Das Scheitern diverser Anbieter ruft nun das Bundesamt für Verkehr (BAV) auf den Plan. Noch im November will das Amt einen Leitfaden veröffentlichen, der Hilfestellung bietet. Hinter den Betreibern der Sammeltaxis stehen zum Teil Privatpersonen mit einem Förderkreis, engagierte Kantone und Gemeinden oder auch ganze Mobilitätsverbünde, an denen sich Grossfirmen wie die SBB beteiligen.

Nicht nur in der Schweiz, auch in Deutschland setzt die Politik auf die Einführung von Rufbussystemen, die es teilweise für ganze Bundesländer oder auch nur für eine Region geben soll. Doch auch dort führen lange nicht alle Projekte zum Erfolg.

Warum viele scheitern

Das Hauptproblem der Schweizer Betreiber ist, dass sie meist keinen Gewinn erwirtschaften. Gegenwärtig gibt es nach Kenntnis des Bundesamts für Verkehr kein konzessionspflichtiges Angebot, das kostendeckend wirtschaftet. Eine Konzession brauchen die Rufbusse dann, wenn sie eine grössere Anzahl von Passagieren befördern können, das regelmässig machen und damit Geld verdienen wollen. Das trifft beispielsweise auf Postauto-on-Demand-Angebote zu.

Ein Überblick über die grössten Hürden:

Hohe Kosten

Weil die Sammeltaxis nur nach Bedarf fahren, ist die Personalplanung herausfordernd. Wenn die Fahrerinnen und Fahrer während der Bereitschaftszeit nichts anderes machen können und diese Leerzeiten ebenfalls abgegolten werden, lassen sich im Vergleich zum Linienverkehr kaum Kosten sparen. Zu diesem Ergebnis kommen die Expertinnen und Experten der Beratungsfirma Rapp in ihrer Erhebung im Auftrag einiger Kantone.

Hier könnten unkonventionelle Lösungen helfen, etwa durch Partnerschaften mit anderen Betrieben, die ihre Angestellten als Chauffeure zur Verfügung stellen. Und dereinst könnten autonom fahrende Busse das Fahrpersonal gar überflüssig machen. Bislang haben sich diese jedoch trotz diverser Versuche in der Schweiz nicht durchgesetzt.

Neben der Personalplanung kann auch die Einhaltung des Behindertengleichstellungsgesetzes mit Zusatzkosten verbunden sein.

Der wichtigste Geldgeber für Sammeltaxis oder Rufbusse ist die öffentliche Hand.

Mangelnde Nachfrage

Der öffentliche Verkehr ist in der Schweiz in und rund um die Ballungszentren sehr gut ausgebaut und ein Grossteil des Marktes damit abgedeckt. Dort sind zusätzliche Angebote wenig erfolgversprechend.

In ländlichen und wenig erschlossenen Gegenden können Rufbusse hingegen sinnvoll sein. Naturgemäss ist dort aber auch die Nachfrage gering und somit auch die Einnahmen, wie das Bundesamt für Verkehr ausführt. Daher könne der Betrieb schwierig werden – es sei denn, die Anbieter verlangen Preise, wie sie etwa bei einer Taxifahrt üblich sind.

Dennoch sind sich die Fachleute einig, dass der On-Demand-Verkehr wenn, dann in ländlichen Gebieten funktioniert. Postauto beispielsweise betreibt solche Angebote auf dem Land – etwa Publicar im Appenzellischen und in der Waadt oder den Abendverkehr in und um Thusis.

Geringer Bekanntheitsgrad

Ausserhalb ihrer Regionen sind die Rufbusse oft nicht bekannt. Passagiere, die ihre Reise über die üblichen Kanäle buchen, nehmen sie nicht wahr. Helfen könnte da die Integration in bekannte Fahrplan-Apps, wie etwa jene der SBB. «Dies ist heute noch nicht der Fall und könnte zur vermehrten Nutzung der Angebote führen», so das BAV.

Die SBB haben das Problem erkannt und unternehmen «Anstrengungen, On-Demand-Verkehre zukünftig in Fahrplänen abbilden zu können», so ein Sprecher.

In das Tarifsystem für den öffentlichen Verkehr sind einige dieser Mobilitätsangebote bereits integriert. Neben dem regulären Ticket kann je nach Angebot ein Zuschlag von fünf Franken fällig werden.

Sparmöglichkeiten und Umweltschutz als Treiber

Trotz aller Schwierigkeiten ist das Interesse der Verkehrsbranche an Angeboten auf Bestellung weiterhin gross. Das liegt zum einen an einfacheren Buchungsmöglichkeiten über Apps, die es vor etlichen Jahren noch nicht gab. Zum anderen suchen die Kantone als Besteller des öffentlichen Verkehrs nach Möglichkeiten, Geld zu sparen: Da drängt es sich geradezu auf, in abgelegenen ländlichen Regionen statt kostspieliger Regelverkehre ein bedarfsgerechtes Rufangebot zu installieren. Auch Umweltschutzüberlegungen spielen eine Rolle: Wenn unnötige Leerfahrten mit grossen Autobussen entfallen und stattdessen bei Bedarf kleine Sammeltaxis verkehren, bringt das einen Zusatznutzen.