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Abrüstungsvertrag mit USA
Russland lenkt bei Atomwaffen-Streit ein

Will keine US-Inspektoren: Russlands Präsident Wladimir Putin auf dem Roten Platz in Moskau. Hinter ihm Verteidigungsminister Sergej Schoigu und Armeechef Oleg Salyukow.
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Nimmt man die Stellungnahme des US-Aussenministeriums zum Massstab, wäre die Verlängerung des letzten Abkommens zur Begrenzung strategischer Atomwaffen mit Russland nur ein Treffen von Diplomaten beider Seiten entfernt. Die USA begrüssten die Bereitschaft Moskaus, «Fortschritte bei der nuklearen Rüstungskontrolle zu machen», teilte eine Sprecherin mit. Washington sei zu einem sofortigen Treffen bereit, um ein «verifizierbares Abkommen abzuschliessen» und erwarte, dass Russland seine Diplomaten ebenfalls dazu ermächtige.

Die Regierung von US-Präsident Donald Trump reagierte damit auf ein Angebot aus Moskau. Hatte Präsident Wladimir Putin am Freitag noch von einer Verlängerung des New-Start-Vertrags um ein Jahr «ohne Vorbedingungen» gesprochen, offerierte das Aussenministerium nun eine beiderseitige «politische Verpflichtung», die weitere Produktion aller Atomsprengköpfe für ein Jahr einzufrieren – und ging damit auf eine zentrale US-Forderung ein. Doch ob ein Deal vor der US-Wahl am 3. November möglich ist, wie Trump es gern hätte, ist offen.

Denn Moskau schob zugleich nach, dass dieses Angebot strikt und ausschliesslich dann umgesetzt werden könne, «wenn damit keine weiteren Anforderungen der USA verbunden sind». Aus Sicht der USA muss diese politische Verpflichtung aber auch überprüfbar sein – und da beginnen die Probleme. Die technischen Fragen sind äusserst komplex und die politischen Auswirkungen brisant.

Der New-Start-Vertrag umfasst nur strategische Atomwaffen, die auf landgestützten und auf U-Booten stationierten Interkontinentalraketen montiert sind, sowie Langstreckenbomber; jede Seite darf 1550 Gefechtsköpfe und 700 Trägersysteme einsatzbereit halten. Nun müssten nach den US-Vorstellungen beide Seiten ein komplettes Inventar aller Sprengköpfe ihres Arsenals liefern und sich verpflichten, diese Zahl nicht zu überschreiten.

Russland müsste auch die Anzahl seiner taktischen Atomwaffen offenlegen, die keinen Beschränkungen unterliegen. Das US-Verteidigungsministerium schätzt, dass Russland etwa 2000 solcher Sprengköpfe gefechtsbereit hält, Tausende weitere sollen als Reserve eingelagert sein, die im Krisenfall mobilisiert werden können. Die genauen Zahlen kennen aber wohl nicht einmal die westlichen Geheimdienste.

Moskau betrachtet die Bomben, die mit landgestützten Mittelstreckenraketen, Marschflugkörpern oder Kampfjets ins Ziel gebracht werden, als Mittel, die wahrgenommene konventionelle Überlegenheit der Nato in Europa auszugleichen und einen möglichen Krieg zu für Russland günstigen Bedingungen zu beenden.

Unklar ist schon die scheinbar triviale Frage, was eigentlich als ein Sprengkopf zählt: nur ein komplettes System, das mindestens aus einem Plutoniumkern und einem Zündmechanismus besteht? Oder könnten beide Seiten weiter Komponenten produzieren, solange diese nicht zu einsatzbereiten Bomben montiert werden? Und wie liesse sich das in den hochgeheimen Produktionsstätten durch Inspektoren oder technische Mittel überwachen?

Angelehnt an frühere Verträge könnten etwa die Sprengköpfe gezählt werden, die von den Waffenlaboren ausgeliefert und dorthin zurückgebracht werden. Damit wäre eine Modernisierung der Arsenale, die sowohl Russland als auch die USA betreiben, weiter möglich. Unklar ist, ob Russland bereit ist, solchen Verifikationsregeln zuzustimmen. Putin hatte es als Vorteil bezeichnet, dass inzwischen keine US-Inspektoren mehr in den entsprechenden Anlagen in Russland zugegen sind.

In der Nato und bei den europäischen Alliierten begrüsst man die Bemühungen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte vor dem virtuellen Treffen der Verteidigungsminister, die Allianz habe sich stets für nukleare Abrüstung eingesetzt und seit 1990 die Zahl der Atomwaffen in Europa um mehr als 90 Prozent reduziert.