Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Abstimmung über Ruanda-Gesetz
Rishi Sunak rettet sich ins neue Jahr hinüber

epa11022507 British Prime Minister Rishi Sunak arrives at the UK Covid-19 Inquiry to give evidence in London, Britain, 11 December 2023. Sunak is giving evidence over the UK government?s handling of the Covid-19 pandemic.  EPA/ANDY RAIN
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Im Ringen mit seiner Parteirechten ist Grossbritanniens konservativer Premierminister Rishi Sunak am Dienstagabend zu seiner Erleichterung einer parlamentarischen Niederlage entkommen. Die nächste schwere Kraftprobe mit den Tory-Rebellen steht ihm aber bereits für Januar bevor.

Abgestimmt wurde am Donnerstagabend im Unterhaus über Sunaks neues Ruanda-Gesetz, den zentralen Programmpunkt seiner Regierung. Nur mit ausdrücklichem Vorbehalt gaben viele Konservative für eine weitere Behandlung des Gesetzespakets im Parlament grünes Licht.

Freilich stimmte kein Tory-Abgeordneter gegen das Gesetz. Rund zwei Dutzend sollen sich enthalten haben. Insgesamt stimmten für das Gesetz 313 Unterhaus-Abgeordnete, während 269 dagegen votierten.

Allgemein wurde die Abstimmung als Vertrauensfrage für den Premierminister verstanden, wiewohl er selbst sie nicht als solche deklariert hatte. Sunak hatte tagelang, teils in Einzelgesprächen mit seinen Abgeordneten, darum gerungen, eine Niederlage zu vermeiden.

Ruanda für die Richter «nicht sicher genug»

Für ihn ging es ums Prestigeobjekt seiner Amtszeit, um das zentrale Stück seiner Antiflüchtlingspolitik. Bei der Gesetzesinitiative, die von Anfang an heiss umstritten war, ging es um seinen Versuch, die Ruanda-Kampagne der Regierung vor dem Untergang zu retten.

Vor 18 Monaten bereits hatten die Konservativen beschlossen, Tausende unerwünschter Asylbewerber aus England ins afrikanische Ruanda abzuschieben, das sich erbot, sie gegen Bezahlung aufzunehmen. Seither war allerdings kein einziger Flüchtling nach Ruanda deportiert worden – weil europäische und britische Gerichte der Aktion einen Riegel vorgeschoben hatten.

Zuletzt hatte, im November, Grossbritanniens oberster Gerichtshof die geplante massenhafte Abschiebung verboten, weil den Richtern Ruanda nicht «sicher» genug war. In Reaktion auf das Urteil legte die Regierung letzte Woche ihr Gesetz vor, das Ruanda nun schlicht und einfach für «sicher» erklärt. Die Gesetzesvorlage hat zugleich, auf bislang beispiellose Weise, alle Einsprüche und Berufungsmöglichkeiten der zur Abschiebung vorgesehenen Asylbewerber auf ein Minimum beschränkt.

Die betreffende Einschränkung löste in den letzten Tagen erhebliche Nervosität aus bei vielen Konservativen. Die «One Nation»-Tories, die Gruppe der eher moderaten Konservativen, befürchtete, dass ihr Land mit dieser Initiative an die Grenzen noch vertretbarer Aktion gestossen sei.

Weiter könne man mit der Einschränkung von Flüchtlingsrechten nicht gehen, ohne gegen international verbriefte Menschenrechte zu verstossen, erklärte etwa der frühere Vizepremier Damian Green diese Woche. Innenminister James Cleverly musste noch am Dienstag eingestehen, dass er nicht wusste, ob die Gesetzesvorlage überhaupt rechtmässig sei.

Einspruchsmöglichkeit der Justiz soll eliminiert werden

Rechtsexperten bezeichneten das Ruanda-Gesetz generell als «drakonisch» in seiner Härte – und als fragwürdig, verfassungsmässig gesehen. Professor Nick Barber, Verfassungsrechtler an der Universität Oxford, nannte die Gesetzesvorlage «einen empörenden Missbrauch der Verfassungsbefugnisse des Parlaments». Sein Cambridge-Kollege Mark Elliott sah in ihr «einen Affront gegen die Gewaltenteilung» im Staat.

Der Tory-Rechten aber, zu der Nationalkonservative, prominente Brexit-Hardliner und Donald-Trump-Fans gehören, geht die Gesetzesvorlage nicht weit genug. Sie verlangte von Sunak, absolut jede Einspruchsmöglichkeit der Justiz in der Ruanda-Frage zu eliminieren und den Flüchtlingen alles Recht auf Berufung zu nehmen. In der von Sunak vorgelegten Form habe das Gesetz «zu viele Löcher», klagte Mark Francois, einer der Wortführer der Rechten im Parlament.

Das Gesetz werde in seiner jetzigen Form «einfach nicht funktionieren», meinte Robert Jenrick, der vorige Woche sein Amt als Einwanderungs-Staatssekretär aus Protest niederlegte. Die rund hundert Kritiker des Ruanda-Gesetzes auf der Tory-Rechten kündigten an, dass sie bei den nun folgenden Ausschuss-Beratungen von Sunak klare Gesetzesverschärfungen fordern werden. Sollten sie diese nicht erhalten, würden sie das Gesetz bei der nächsten Lesung zu Fall bringen. Für Rishi Sunak würde dies also nur einen kurzen Aufschub bedeuten, mit einer neuen Zitterpartie schon im Januar.

Sunak und seine Minister hatten den ganzen Dienstag in zähen Verhandlungen verbracht mit den potenziellen Rebellen. Sie beorderten abwesende Abgeordnete zur Abstimmung nach Westminster zurück und riefen, zur Empörung britischer Klimaaktivisten, sogar den Klima-Staatssekretär Graham Stuart aus der kritischen Schlussphase des Cop-28-Gipfels in Dubai nach London zurück.