Einflussreiche PolitikergattinRon DeSantis hört nur auf seine Frau
Die wichtigste Strategin und Beraterin des neuen US-Präsidentschaftskandidaten ist dessen Gattin Casey – und diese wirkt alles andere als diskret im Hintergrund.
Bei seinen Auftritten ist sie fast immer dabei. Aber nicht als Accessoire oder als moralische Unterstützung. Casey DeSantis steht zusammen mit ihrem Mann auf der Bühne. Sie lächelt dort, wie man es von amerikanischen Politikergattinnen gewohnt ist. Was man sich hingegen nicht gewohnt ist: dass sie auf dem Podium mehr Redezeit beansprucht als er, Floridas erzkonservativer Gouverneur Ron DeSantis.
So zum Beispiel wie Mitte Mai, als eine ihrer Antworten geschlagene acht Minuten dauerte. Ihr Mann hatte beim selben Thema in zwei Anläufen nicht annähernd so viel zu erzählen gewusst. Casey DeSantis sagt ihre Sätze gerne im Plural, wie «wir haben viel erreicht» oder «wir haben uns das vorgenommen», was klingt, wie wenn das Paar das Gouverneursamt von Florida im Jobsharing erledigen würde.
Ankündigung auf ihrem Twitter-Account, nicht seinem
Tatsächlich ist sie seine engste Beraterin und Chefstrategin, die beiden gelten als derart symbiotisch, dass man von ihnen als The DeSanti spricht. Ob bei der Verteidigung des Rechts auf Waffen, der radikalen Ablehnung des Schwangerschaftsabbruchs oder des LGBTI-Unterrichts an Schulen – das Paar ist sich einig.
Seit dieser Woche ist nun offiziell, dass The DeSanti antritt, um für die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten zu kandidieren. Es war nur folgerichtig, dass der erste Hinweis darauf auf Caseys Twitter-Account erfolgte und nicht etwa auf Rons. «America is worth the fight. Every. Single. Time», stand da am Mittwoch über einer US-Flagge und einer im Gegenlicht fotografierten Silhouette des Gouverneurs.
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Casey bringt mit, was Ron fehlt: Charisma. Lockerheit. Herzlichkeit. Und, nicht zu unterschätzen, Glamour.
Es heisst, ihr Einfluss bringe seine Entourage mitunter zur Verzweiflung. Gleichzeitig ist allen klar, dass die politische Karriere von Ron DeSantis mit der First Lady steht und fällt. Denn noch wichtiger als ihre Arbeit im Hintergrund – sie hat sich im Büro, das sonst für den Chief of Staff vorgesehen ist, einquartiert – ist ihr Auftritt in der Öffentlichkeit, dort also, wo ein Präsident gemacht wird. Casey bringt mit, was Ron fehlt: Charisma. Lockerheit. Herzlichkeit. Und, nicht zu unterschätzen, Glamour.
Optische Hinweise auf die Kennedys
Als ehemalige Fernsehjournalistin weiss sie um die Macht der Bilder. Über ihre Kleiderwahl sagte der Kostümausstatter der Polit-Serie «House of Cards» in der «New York Times»: «Sie kleidet sich entweder dafür, Prinzessin der Welt oder First Lady zu sein.» Derart viel Sorgfalt und Kalkül steckten dahinter. Und der ehemalige Kommunikationsberater der amtierenden First Lady Jill Biden doppelte nach: «Die Amerikaner lieben Glanz, Glamour und Attraktivität, Prominente und das Fernsehen. All das versteht Casey DeSantis.»
Tritt das Paar mit seinen drei kleinen Kindern auf, sind sie farblich so perfekt aufeinander abgestimmt, wie man das sonst nur von Prinz William und seiner Familie kennt, die diese Fotoalbum-Poesie zur hohen Kunst erkoren haben. Und natürlich knüpft Casey DeSantis mit ihrem Stil bei einer der grossen modischen Ikonen der amerikanischen Geschichte an: Jackie Kennedy.
Die langen weissen Handschuhe und die pastellfarbenen Kleider sollen nicht nur die Erinnerung an die todschicke einstige Präsidentengattin hervorrufen. Damit einher geht im kollektiven Gedächtnis auch die Botschaft, dass hier – genau wie damals beim Rennen von John F. Kennedy gegen Richard Nixon – ein junger, dynamischer Mann antritt und für frischen Wind im Weissen Haus sorgen wird: DeSantis ist heute 44, sein Konkurrent Donald Trump 76, der amtierende Präsident Joe Biden 80 Jahre alt.
Ihr überstandener Brustkrebs macht ihn menschlicher
Casey und Ron DeSantis lernten sich 2006 auf einem Golfplatz in Florida kennen und heirateten 2009 im Disney World in Orlando – da war sie noch Nachrichtenmoderatorin und er Marineoffizier (auf ihren Wunsch trug er keinen Smoking, sondern seine weisse Uniform: die Bilder!). Die zwei Töchter und der Sohn des Paares tragen alle Namen, die mit M beginnen – Madison, Mamie und Mason – was an eine weitere berühmte US-Familie erinnert, die Kardashians.
Die Kinder sind 6, 4 und 2 Jahre alt, kurz nach der Geburt des Jüngsten wurde bei Casey DeSantis Brustkrebs diagnostiziert. Sie musste sich einer belastenden Behandlung unterziehen, die aber erfolgreich verlief, seither gilt sie als «survivor».
Natürlich lässt sich selbst die lebensbedrohliche Krankheit politisch ummünzen: indem sie nun gerne erzählt, was für ein wunderbarer Partner und liebevoller Vater ihr Mann während dieser schweren Zeit gewesen sei. Bei der Vorstellung, wie der sonst so steife Politiker besorgt am Krankenbett seiner Frau wacht und seinen Kindern Gutenachtgeschichten vorliest, fliegen ihm auf einmal die Herzen zu. Seit ihrer Genesung jedenfalls kümmerte sie sich mehr um die Karriere ihres Mannes als je zuvor.
Verzicht auf Beratung durch einen Superprofi
Das Paar lebte immer schon zurückgezogen, pflegt nur einen kleinen Freundeskreis und vertraut niemandem, der von ausserhalb kommt, wie es heisst. Während der Pandemie, als Florida unter DeSantis eine Gegenstrategie zu Washingtons Covid-Politik fuhr und dafür ebenso viel Kritik wie Applaus erhielt im ganzen Land, soll sich The DeSanti als Paar nochmals neu verschworen haben – oder radikalisiert, wie manche Parteikollegen klagen.
Das ausgeprägte Misstrauen von Casey fast allen gegenüber sei etwa schuld am Zerwürfnis mit der ehemaligen Wahlkampfstrategin ihres Mannes, Susie Wiles. Die erfahrene und gewiefte Politberaterin hatte DeSantis 2018 zum Sieg in den Gouverneurswahlen verholfen. Weil Wiles davor das Wahlkampfteam von Donald Trump geleitet hatte, hegte die neue First Lady von Florida offenbar stets den Verdacht, diese sei nicht hundertprozentig loyal.
Mit Casey, liessen sich Weggefährten zitieren, solle man sich besser nicht anlegen. Es fiel der Begriff «Eiskönigin».
Susie Wiles wurde zum Entsetzen der Mitarbeitenden entlassen. Und nicht nur das. The DeSanti soll auch dafür gesorgt haben, dass sie in der Politszene von Florida zur unerwünschten Person erklärt wurde, wie die «New York Times» schrieb. Federführend dabei: Casey DeSantis. Mit ihr, liessen sich Weggefährten in zahlreichen Medien zitieren, solle man sich besser nicht anlegen. Es fiel der Begriff «Eiskönigin».
Susie Wiles weiss also, was auf sie zukommt. Sie koordiniert jetzt wieder den Wahlkampf von Ex-Präsident Donald Trump.
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