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Meinung

Roger Federer und die Neider

Ein Federer-Schaukampf als willkommene Abwechslung? Roger Federer mit seinen jüngsten Fans in Quito, Ecuador.
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Der letzte gelbe Ball ist gespielt, das Tennis ruht kurz, und Roger Federer ist für zwei Wochen in die Ferien verreist. Doch in der Schweiz erregt er die Gemüter. Kollege Andreas Tobler stiess auf Kritik an seiner Südamerika-Tournee von letzter Woche und glaubt, den Schweizer Vorzeigesportler entlarvt zu haben (hier gehts zum Artikel). Sein «Teflon-Image» habe Risse, es sei «obszön», dass er Schaukämpfe in Argentinien, Chile, Kolumbien, Ecuador und Mexiko abhalte und zehn Millionen Dollar abkassiere, derweil auf den Strassen protestiert werde gegen soziale Unrast.

Nun ist es so, dass die Tournee geplant wurde, bevor die Massenproteste in Chile, Kolumbien und Ecuador ausbrachen. Federer hatte keine politische Agenda, liess sich nicht instrumentalisieren für Auftritte von Regierungen. Er spielte schlicht Tennis, weil die Leute ihn Tennis spielen sehen wollen. Der Sport ist in Südamerika sehr beliebt, doch der Kontinent ist im Tennis fast ein weisser Fleck. Hier finden nur sechs Turniere der zwei untersten ATP-Stufen statt. Für viele war Federers Gastspiel die einzige Chance, ihn jemals live zu sehen. Sie nahmen sie wahr – alle Spiele waren ausverkauft.

Hätte es zur Lösung der sozialen Probleme in Lateinamerika beigetragen, wenn er seine Tournee abgesagt hätte? Es ist zu bezweifeln.

Hätte es zur Lösung der sozialen Probleme in Lateinamerika beigetragen, wenn er seine Tournee abgesagt hätte? Wäre das ein Zeichen gewesen, das Machthaber aufgerüttelt hätte? Es ist zu bezweifeln. Es wären einfach Tausende enttäuschter Tennisfans zurückgeblieben. Soll man den Leuten aus der Ferne vorschreiben, sie dürften in diesen turbulenten Zeiten keine Sport- und Kulturveranstaltungen besuchen? Ist ein Federer-Schaukampf nicht eine willkommene Abwechslung?

In Kolumbien und Ecuador läuft die Fussball-Meisterschaft weiter, in Chile ist sie wegen Sicherheitsbedenken ausgesetzt. In Bogotà erreichten die Massenproteste just an jenem Tag den Höhepunkt, als Federer hätte auftreten sollen. Das Spiel musste wegen der Ausgangssperre der Regierung abgesagt werden. Eine heikle Situation, die Federer gut meisterte, indem er auf den Court ging und zu den Leuten sprach. Sein Manager sucht nun einen Ersatztermin, sonst werden die Tickets vergütet.

Damit sind wir beim Geld: Der Vorwurf, jemand, der mehr verdient als wir, sei geldgierig, verfängt immer. Willkommen in dieser Neiddebatte! Roger Federer ist gemäss «Forbes» mit 86 Millionen Dollar Werbeeinnahmen die Nummer 1 aller Sportler. Spricht das gegen ihn?

Federer vorzuwerfen, seine Stiftung sei nur ein Vehikel, um Busse zu tun, ist zynisch und anmassend. Er gründete sie 2003, mit 22.

Jedenfalls beweist das seine enorme Strahlkraft. Diese sollte er nutzen, fordert Kollege Tobler, Stellung beziehen zu aktuellen politischen Themen. Federer ist eine globale Figur, müsste sich also konsequenterweise zu allem äussern: Lateinamerika, Klimadebatte, Menschenrechtsverletzungen, Trump. Das tut er nicht. Er fokussiert sich mit seiner Stiftung auf Bildung für Kinder im südlichen Afrika. Dafür spricht er sogar bei Staatspräsidenten vor. Aber das ist wohl zu wenig trendy.

Federer vorzuwerfen, seine Stiftung sei nur ein Vehikel, um Busse zu tun, ist zynisch und anmassend. Er gründete sie 2003, mit 22. Wäre es nur sein Ziel, sein Image etwas aufzupolieren, könnte er einfach ab und zu Geld an gemeinnützige Organisationen überweisen. Doch er gründete eine Stiftung mit seinem Namen, für deren Wirken er geradesteht. Seine Bildungsprogramme haben schon über eine Million Kinder im südlichen Afrika erreicht. Ihnen dürfte es egal sein, ob das von einigen in der Ersten Welt als PR-Vehikel angesehen wird.

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