Riesenslalom in KillingtonShiffrin stürzt schwer und muss pausieren – Rast fährt aufs Podest
Nichts wird es aus dem 100. Sieg im Weltcup: Mikaela Shiffrin scheidet auf dem Weg zum historischen Erfolg aus. Die Schweizerin Camille Rast glänzt als Dritte, Lara Gut-Behrami kann nicht mithalten.
Die Zuschauer in Killington kreischen, toben und was auch immer alles. Es ist enorm laut im Zielraum, als Mikaela Shiffrin unterwegs ist im zweiten Lauf. Noch vor der Einfahrt in den Steilhang liegt die Amerikanerin vorne, befindet sie sich in ihrem Heimrennen auf dem Weg zum 100. Weltcupsieg. Und dann: Schreckmoment auf der Piste, Schockstarre und fast totale Stille im Ziel. Shiffrin leistet sich einen Fehler, der so gar nicht zu ihr passt, sie stürzt schwer und bleibt liegen. Sie wird ins Spital gebracht. Traurige Geschichte statt Sportgeschichte also.
Vom Sturz profitiert Sara Hector, die Olympiasiegerin aus Schweden siegt vor der Kroatin Zrinka Ljutic und Camille Rast. Die Walliserin ist das Gesicht des Schweizer Frauen-Skiteams in dieser noch jungen Saison, nach der Podestpremiere vor Wochenfrist im Slalom von Gurgl gelingt ihr an der US-Ostküste ihr mit Abstand bestes Riesenslalom-Ergebnis, bisher war dies Rang 7.
«Ich kann derzeit gut Ski fahren und sagte mir: Zeig das!», so das Resümee der 25-Jährigen. Sie ist angekommen, wo sie Experten schon lange zuvor erwartet hatten – in der absoluten Weltspitze. Durch Schwierigkeiten mit dem Material, vor allem aber wegen gesundheitlicher Probleme wie schwerer Knieverletzungen, des pfeifferschen Drüsenfiebers und einer schweren Depression war Rast über Jahre hinweg entscheidend zurückgeworfen worden. Sie wollte einst gar ihre Karriere vorschnell beenden und bat ihre Eltern, sämtliche Ski und andere Ausrüstungsgegenstände zu verkaufen. Rast hat es gutgetan, ihren Gesundheitszustand öffentlich zu machen. Sie weist andere Spitzensportler gerne darauf hin, sich in dieser Hinsicht früh genug zu öffnen.
Gut-Behrami tut sich schwer
Doch selbst Rasts Freude wirkt trotz ihres Husarenstücks ein wenig getrübt angesichts dessen, was Shiffrin widerfahren ist. Die Seriensiegerin kann nach dem Sturz nicht aufstehen und wird nach rund 20 Minuten Behandlung am Pistenrand mit dem Rettungsschlitten abtransportiert. Rund drei Stunden später gibt sie Entwarnung: «Es gibt derzeit keinen Grund zu grosser Sorge. Ich kann mich nur nicht richtig bewegen», liess sie verlauten. Sie hat Prellungen und Schürfungen erlitten und wird am Sonntag im Slalom nicht starten können, die Scans in der Klinik seien aber weitgehend zufriedenstellend verlaufen. Bereits im Januar war die 29-Jährige in Cortina schwer gestürzt, als Folge dessen verzichtet sie in diesem Winter gänzlich auf Abfahrten.
Im Drama um Shiffrin geht der Saisoneinstand von Lara Gut-Behrami beinahe unter. Ende Oktober in Sölden verzichtete die Tessinerin überraschend auf die Teilnahme am Riesenslalom, nach schwierigen Wochen mit Knieschmerzen und krankheitsbedingten Pausen fühlte sie sich nicht bereit dazu, das Vertrauen fehlte – im Interview mit dem Schweizer Fernsehen hatte sie gar Tränen in den Augen.
Nun geht es der letztjährigen Disziplinensiegerin wieder besser; an die Leistungen der vergangenen beiden Jahre, als sie in Killington jeweils triumphiert hatte, vermag sie jedoch nicht ansatzweise anzuknüpfen. Die Ski stellt sie zu oft quer, es reicht nur für Rang 13. Im Ziel wirkt sie entsprechend ratlos. Unmittelbar vor ihr reiht sich Wendy Holdener ein, Simone Wild und Michelle Gisin müssen sich mit den Positionen 22 und 25 begnügen.
Noch immer ist Gut-Behrami ohne Kopfsponsor unterwegs, Experten finden, sie könne mit dem richtigen Partner jährlich gegen eine Dreiviertelmillion Franken verdienen. Dafür gibt es die 33-Jährige nun als Briefmarke: Swiss-Ski und die Post lancieren eine exklusive Krypto-Briefmarkenkollektion, abgebildet werden unter anderen auch Marco Odermatt, Vreni Schneider und Pirmin Zurbriggen. Der Erlös kommt der Förderung des Schweizer Schneesportnachwuchses zugute.
Die ersten Rennabsagen des Winters
Kurz vor dem Rennstart in Killington kam die Nachricht, dass am kommenden Wochenende in Mont-Tremblant nicht gefahren werden könne. Im kanadischen Skiort in der Nähe Montreals waren zwei Riesenslaloms der Frauen geplant, doch es hat zu wenig Schnee. Mont-Tremblant liegt 210 m über Meer und war im letzten Jahr das erste Mal Gastgeber im Weltcup. Ob und wo die Rennen nachgeholt werden, steht noch aus.
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19. – Estelle Alphand
Vater Luc fuhr für Frankreich und gewann 1997 den Gesamtweltcup. Estelle Alphand wiederum fährt für Schweden, das Heimatland ihrer Mutter, und an die Erfolge des Papas vermag sie nicht ansatzweise anzuknüpfen. Das heutige Rennen aber ist ein Schritt vorwärts. Sie wird Dritte und wird womöglich bald schon nicht mehr mit einer Nummer über 50 starten müssen.
20. – Giorgia Collomb
In ihrem erst dritten Weltcuprennen hat sich die Italienerin überraschend für die Entscheidung qualifiziert – und das mit Startnummer 54. Die Zeit von Holdener verpasst sie klar, sie wird mit Zwischenrang 4 aber leben können.
21. – Katie Hensien
Um drei Hundertstel verpasst die Amerikanerin die Bestzeit. Damit hat Holdener immerhin die Vierte des Riesenslaloms von Sölden hinter sich gelassen.
22. – Wendy Holdener
Mit Platz 4 im Slalom von Gurgl vor Wochenfrist hat die Schweizerin aufgezeigt, dass die Form doch schon erstaunlich gut ist. Im Riesenslalom aber harzte es schon vor ihrer Verletzung im vergangenen Winter. Insofern ist der zweite Lauf heute mehr als nur ein Aufsteller: Holdener übernimmt die Spitze klar, sie nimmt Zenere 81 Hundertstel ab und stellt Laufbestzeit auf. SRF-Experte Stefan Abplanalp sagt: «So gut haben wir Wendy schon lange nicht mehr gesehen in einem Riesenslalom.»
23. – Simone Wild
Die Zürcherin fährt nur Riesenslaloms, entsprechend gross ist der Druck, in den wenigen Rennen abzuliefern. Wild fährt eben nicht wild, sondern fast etwas zu brav, im ersten Streckenteil verliert sie zu viel Zeit. Es reicht für Zwischenrang 4. Den grossen Sprung nach vorne aber wird es kaum geben.
24. – Lara Della Mea
Beinahe wäre die Italienerin ausgeschieden. Sie kommt zwar ins Ziel, nach einem Quasi-Stillstand im Mittelteil aber ist das Rennen für sie trotzdem gelaufen. Platz 6 mit 2,81 Sekunden Rückstand. Gisin bleibt auf Rang 5.
25. – Emma Aicher
Die Deutsche wird unterschätzt, immerhin gehört sie zu den ganz wenigen Athletinnen, die in allen Disziplinen in die Top 30 fahren kann. Im zweiten Lauf fährt sie sehr engagiert, es reicht für Zwischenrang 2.
26. – Britt Richardson
Der Junioren-Weltmeisterin gehört die Zukunft -- keine Frage. Nun aber leistet sie sich Fehler en masse, im unteren Teil kann sie einen Ausfall nur knapp verhindern. Somit ist Gisin den letzten Platz los.
27. – Ilaria Ghisalberti
Doppelführung für Italien: In Sölden konnte Ghisalberti wegen einer Schulterverletzung nicht starten, nun reicht es für Zwischenrang 2 hinter Landsfrau Zenere.
28. – Michelle Gisin
Rang 28 im ersten Lauf mit über drei Sekunden Rückstand -- die Darbietung war die Fortführung einer bisher äusserst schwierigen Saison. Gisin wirkt verunsichert, der heutige Tag wird kaum Linderung bieten. Sie verliert 1,3 Sekunden auf Zenere und liegt zuhinterst im Klassement. Das wird nur ein paar wenige Punkte geben für die Engelbergerin.
29. – Asja Zenere
Nach diversen Verletzungen hat sich die 27-jährige Italienerin erst in der letzten Saison so richtig im Weltcup etablieren können. Zenere fährt stark, sie nimmt Lysdahl über eine Sekunde ab und geht in Führung.
30. – Kristin Lysdahl
Die Norwegerin hat es gerade noch in den zweiten Lauf geschafft. Die Team-Weltmeisterin von 2021 in Cortina setzt mit 1:57:84 die erste Richtzeit.
Die grossen Zeitabstände
Der erste Lauf hat stark selektioniert. Nur fünf Athletinnen liegen innerhalb von einer Sekunde, als Neunte liegt Lara Gut-Behrami schon 1,57 Sekunden zurück. Die Verhältnisse sind speziell, der Schnee wird als sehr schnell beschrieben, im ersten Lauf taten sich einige schwer damit. Zumal das Hangbefahren ausgefallen war.
So lief der erste Lauf
Es ist angerichtet für Mikaela Shiffrin, die halbe Arbeit auf dem Weg zum 100. Sieg im Weltcup ist getan. Beim Riesenslalom in Killington liegt die Amerikanerin nach dem ersten Lauf in Führung, 32 Hundertstel hat sie Olympiasiegerin Sara Hector abgenommen. Die Schwedin ist die einzige, die mit der Frau hat mithalten können, die heute Ski-, ja Sportgeschichte schreiben will. Als Dritte liegt die Norwegerin Thea Stjernesund schon über sechs Zehntel zurück. Nur fünf Fahrerinnen sind innerhalb einer Sekunde klassiert.
Shiffrin hat ihre glänzende Frühform einmal mehr unter Beweis gestellt, vorab im Steilhang fährt sie bestechend sicher. Sie wirkt locker und gelöst, vom Tamtam um ihre Person respektive der Möglichkeit, die magische Siegesmarke schon heute zu knacken, scheint sie sich nicht zusätzlich unter Druck zu setzen. Wobei es die im ersten Lauf ausgeschiedene Neuseeländerin Alice Robinson wohl richtig zusammenfasst: «Warum sollte sie nervös sein? Wenn sie heute nicht gewinnt, tut sie das morgen oder in den nächsten Wochen. Und sie wird es noch sehr viele Male tun.»
Ihren Saisoneinstand gegeben hat in den USA derweil Lara Gut-Behrami. Ende Oktober in Sölden hatte die beste Riesenslalomfahrerin der vergangenen Saison überraschend auf den Start verzichtet, mit Tränen in den Augen sagte sie, sie fühle sich nicht bereit für einen Start, das Vertrauen würde fehlen. Noch immer ohne Kopfsponsor unterwegs, geht es der Tessinerin besser, «der letzte Monat hat mir Zeit gegeben, um in Schwung zu kommen, wie ich mir das wünsche».
Rast beweist ihre starke Form
Nun, mit gut anderthalb Sekunden Rückstand befindet sich Gut-Behrami auf Zwischenrang 9, die Differenz aufs Podest ist beträchtlich. Sie leistet sich den einen oder anderen Drifter zu viel. Wobei diverse Konkurrentinnen noch massiv mehr Mühe bekunden mit den Bedingungen, einige greifen auch beim Material ziemlich daneben. Der Wind ist ein Faktor, die Schneeverhältnisse sind offenbar gewöhnungsbedürftig.
Gut-Behrami ist nur zweitbeste Schweizerin, auf Platz 4 liegt Camille Rast. Die formstarke Walliserin, die letzte Woche in Gurgl als Dritte erstmals auf dem Podest stand, könnte ihr bestes Riesenslalom-Ergebnis realisieren (bisher Rang 7). Ein klein wenig besser läuft es Wendy Holdener und Simone Wild, die rund zweieinhalb Sekunden verlieren und es als 22. und 23. in die Entscheidung schaffen. Michelle Gisin büsst über drei Sekunden ein und tut sich abermals schwer, darf aber so als dritte Fahrerin in den zweiten Lauf starten. Dieser startet um 19 Uhr, wir berichten für Sie im Rahmen eines Live-Tickers.
Killington an der US-Ostküste präsentiert sich dieser Tage äussert winterlich, es ist minus fünf Grad kalt und die Piste musste in den letzten Tagen von rund 35 Zentimeter Neuschnee befreit werden. Davon mangelt es hingegen im kanadischen Tremblant, wo am nächsten Wochenende zwei Riesenslaloms auf dem Programm gestanden wären – jene beiden Rennen sind wegen Schneemangels bereits abgesagt worden.
Guten Abend!
Um 19 Uhr geht es los mit dem zweiten Lauf des Riesenslaloms in Killington. Wir berichten für Sie live.
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