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Resultate der Umfrage
Bäume oder Parkplätze? Wie sich Schweizer die Stadt der Zukunft wünschen

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Wie sollen Schweizer Städte und Gemeinden künftig aussehen? Eine repräsentative Umfrage des Forschungsinstituts Sotomo hat dies im Auftrag des Paketdienstes DPD Schweiz erkundet. Dafür wurden im Juni über 2200 Personen online befragt – nicht nur in den Städten, sondern auch in den Agglomerationen und auf dem Land.

Ihr Verdikt: Sie wollen mehr Platz für Fussgänger, Velofahrerinnen und die Natur. Im Gegenzug soll die Planung weniger auf die Autos fokussieren. Konkret möchten sechs von zehn Befragten den Verkehr mittels autofreier Zonen und Temporeduktionen beruhigen. Ein Teil der Parkplätze soll weg, um an ihrer Stelle Bäume pflanzen zu können. Und Autospuren sollen zugunsten von Velowegen weichen.

Auf Widerstand stösst dagegen Roadpricing. Die Strassennutzungsgebühr für Autos fällt bei über der Hälfte der Befragten durch. Nur in grösseren Städten findet sie eine Mehrheit. In den Agglomerationen hingegen pochen zwei Drittel auf einen kostenlosen Zugang per Auto zu den Stadtzentren, auf dem Land gar drei Viertel.

Anders sieht es beim Abbau von Parkplätzen und Autospuren aus. Dies befürwortet auch in den Agglomerationen eine knappe Mehrheit. Mit anderen Worten: Solange die kostenlose Anfahrt mit dem Auto möglich ist, dürfen die Innenstädte verkehrsberuhigt werden.

Anwohner der Fritschistrasse verweilen auf der unter dem Motto "Brings uf d'Strass!" gesperrten Strasse, aufgenommen am Sonntag, 18. Juli 2021 in Zuerich. Die Fritschistrasse sowie Abschnitte der Rotwand- und Konradstrasse werden waehrend der Sommerferien von dem Tiefbauamt fuer dieses Projekt umgestaltet. (KEYSTONE/Ennio Leanza)

Dazu passt, dass sich eine Mehrheit der Befragten für einen Ausbau der Autobahnen ausspricht, nicht aber für eine Erhöhung der Strassenkapazität in überbauten Gebieten. Gar satte 84 Prozent wollen den öffentlichen Verkehr in der Schweiz ausbauen. Und 88 Prozent wünschen sich ein dichteres Schnellzug- und Nachtzugnetz in Europa.

Bemerkenswert ist dabei, dass der Ruf nach einem Ausbau des öffentlichen Verkehrs sowohl von links als auch von rechts ertönt. Bei allen grossen Parteien ist die Basis dafür – bei der SVP sind es immerhin 78 Prozent.

Netto null gilt als Luftschloss

Sotomo hat die 2269 Personen auch gefragt, welche Visionen sie in 30 Jahren für wünschenswert halten. Und welche für realistisch. Dabei zeigt sich in der Klimafrage eine grosse Kluft zwischen Wollen und Erwarten. Wünschen sich doch 74 Prozent, dass die Schweiz in 30 Jahren nur so viel CO2 ausstösst, wie sie der Atmosphäre entziehen kann (netto null). Für realistisch halten dies jedoch nur 21 Prozent. «In den Augen der meisten Befragten ist das Netto-null-Ziel also ein Luftschloss», sagt Sotomo-Chef Michael Hermann.

Sie wollen es aber nicht unversucht lassen. Über drei Viertel der Befragten plädieren für mehr Subventionen für energetische Gebäudesanierungen, um der Klimaerwärmung entgegenzuwirken. Mehr als zwei Drittel befürworten eine Solarpflicht bei Neubauten und Umbauten.

Dabei fällt auf, dass auch unter den Sympathisanten der SVP und der FDP zwei Drittel für Subventionen bei energetischen Gebäudesanierungen sind, obwohl ihre Parteien dies kritisch bewerten.

Soziale Durchmischung sicherstellen

Und wer soll künftig in den Städten wohnen? Eine Mehrheit der über 2200 Befragten will nicht, dass die Innenstädte zu exklusiven Wohngegenden für Reiche werden. Stattdessen plädieren 70 Prozent für mehr gemeinnützige Wohnungen. Gar über 90 Prozent möchten, dass der Staat preisgünstige Alterswohnungen fördert. So könnten Seniorinnen und Senioren, denen das Haus oder die Wohnung nach dem Auszug der Kinder zu gross geworden ist, in eine altersgerechte Wohnung umziehen und ihre bisherige Bleibe freigeben. (Wir haben das Problem der fehlenden Alterswohnungen am Beispiel von Rosmarie A. aufgezeigt.)

Auch sind zwei Drittel bereit, die Bauvorschriften zu lockern, um höhere Gebäude zu ermöglichen. Die Städte sollen also nicht nur grüner, sondern gleichzeitig stärker verdichtet werden. Dies kommt auch bei der linken Basis gut an. Im Zürcher Stadtparlament haben die Linken solche Aufstockungen freilich vereitelt.

Nicht beliebt ist bei den Befragten eine gesetzliche Mindestbelegung von Mietwohnungen an begehrten Lagen. Auch das Zulassen von mehr Markt bei den Mietpreisen ist nicht populär. Selbst die Sympathisanten von FDP und SVP sind skeptisch.

Hingegen stösst das Fördern von preisgünstigen Alterswohnungen von links bis rechts auf eine sehr hohe Zustimmung. Egal in welcher Partei, egal in welcher Altersklasse, egal ob auf dem Land oder in der Stadt wohnend: Überall sind mehr als 80 Prozent dafür, dass solch günstige Alterswohnungen unterstützt werden sollen. Es scheint ein grosses Bedürfnis zu sein, das bislang von der Politik noch zu wenig erkannt wurde.