Wohnungsnot in ZürichDie Linke verhindert eine grossflächige Erhöhung der Stadt
Die FDP wollte in ganz Zürich Aufstockungen erlauben, um mehr Wohnungen zu schaffen. Verlockend sei diese Idee, sagten SP, Grüne und AL – und lehnten sie ab.
Um ein Haar wäre Zürich eine höhere Stadt geworden.
Dreimal musste der Gemeinderat am Mittwochabend abstimmen, bis das knappe Resultat feststand. Die links-grüne Mehrheit setzte sich mit 61 zu 60 Stimmen durch und wies eine Motion der FDP ab.
Die FDP schlug ein einfaches Mittel vor, um gegen die Zürcher Wohnungsnot vorzugehen: Überall in der Stadt soll einen Stock höher gebaut werden können, als dies bis anhin erlaubt ist. Ganz Zürich würde also um mindestens drei Meter nach oben wachsen (hier gehts zu einem Beispiel).
«Durch Aufstockungen in Leichtbauweise liessen sich rasch Tausende von neuen Wohnungen schaffen», sagte Hans Dellenbach (FDP). Diese würden dafür sorgen, dass die Mieten wieder sinken könnten. Das Ermöglichen von Aufstockungen verhinderte zudem Abbrüche und Neubauten.
Zürich würde die generelle Erhöhung vertragen, sagte Dellenbach, die Stadt sei relativ flach gebaut. Genf und Wien hätten schon länger solche umfassenden Aufstockungen erlaubt. Die Lebensqualität habe nicht gelitten darunter. «Vielmehr schützen Aufstockungen den bestehenden Grünraum.»
SVP, Mitte/EVP und GLP unterstützten das Vorhaben. Während der Erstellung eines zusätzlichen Stockwerks könnten die bisherigen Bewohner oft im Haus bleiben, sagte Reto Brüesch (SVP). Sven Sobernheim (GLP) sagte, man müsse den Mut haben, «die Glasglocke über Zürich» zu heben und die Verdichtung gegen innen voranzutreiben. Der seit kurzem geltende Mehrwertausgleich sorge dafür, dass die Stadt an den Aufwertungsgewinnen beteiligt würde. Claudia Rabelbauer (EVP) sagte, dass mehr Wohnungen zu tieferen Mieten führten.
Die Angst vor dem Abriss
Der linken Seite fiel es nicht ganz leicht, die Motion abzulehnen. «Die Idee ist bestechend», sagte Brigitte Fürer (Grüne). Aber eine solche «Holzhammermethode» löse das Problem nicht. In Zürich könne man schon heute an vielen Orten höher bauen. Dies führe allerdings nicht zwingend zu günstigen Wohnungen. Entscheidend sei, wem die Häuser gehörten.
Als «verlockend» bezeichnete Mischa Schiwow (AL) die Forderung. Das An- und Umbauen sei zeitgemässer als das Abreissen und Neubauen. Doch eine flächendeckende Erhöhung bedeute gerade «einen Freipass für Hausabbrüche». Die AL habe geprüft, eine Änderung des Postulats vorzuschlagen, im Sinne, dass alle aufgestockten Wohnungen zu gemeinnützigen Bedingungen vermietet werden müssten. Sie verzichtete darauf. Denn eine höhere Ausnutzung würden Hauseigentümer oft über Ersatzneubauten einziehen.
«Zürich hat mehr Sorgfalt verdient als eine Giesskannenlösung.»
Von der SP äusserte sich ausschliesslich der zuständige Stadtrat André Odermatt. Nicht alle Quartiere würden sich eignen für Aufzonungen, sagte Odermatt, zum Beispiel weil die Erschliessung durch den öffentlichen Verkehr nicht so gut sei oder weil eine Erhöhung städtebaulich nicht passe. Der kommunale Richtplan lege bereits Gebiete fest, in denen eine Verdichtung Sinn mache. Das Hochbaudepartement sei derzeit daran, diese Vorgaben in der Bau- und Zonenordnung (BZO) umzusetzen. «Zürich hat mehr Sorgfalt verdient als eine Giesskannenlösung», sagte Odermatt.
FDP-Rednerinnen entgegneten, dass es durchaus Ausnahmen von der Erhöhung geben könnte, zum Beispiel in der Altstadt. Denkbar wäre auch, eine Bedingung für Aufzonungen zu stellen: Diese würde nur Eigentümern gewährt, die ihr Haus stehen lassen. Die Revision der BZO hingegen daure noch viel zu lange.
Die ersten zwei Abstimmungen endeten in einem Patt. Nach der Behebung eines technischen Problems siegten SP, Grüne und AL mit einer Stimme.
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