Reformhaus Müller ist pleiteSchweizer Bio-Kette schliesst alle 37 Filialen
Heute ist der letzte Verkaufstag bei Reformhaus Müller. In einem Communiqué nennt das Unternehmen Gründe für den Niedergang. Die Preise spielten eine Rolle – aber nicht nur das.
Die Reformhaus-Kette Müller schliesst ihre Türen. Mit einem kurzen Schreiben an der Türe machten die Filialen am Zürcher Rennweg und an der Stockerstrasse Kunden darauf aufmerksam, dass der Geschäftsbetrieb in der ganzen Schweiz mit dem 3. Januar 2023 eingestellt wird.
Vom Konkurs betroffen sind 298 Mitarbeitende und 37 Standorte in der Deutschschweiz und im Tessin, wie das Unternehmen auf seiner Homepage schreibt. Dafür verantwortlich sei, dass die Anzahl der Kunden in den Filialen seit 2016 rückläufig war. «Nach einem vergleichsweise erfolgreichen ersten Pandemiejahr 2020 ist der Umsatz im Frühling 2021 erneut stark eingebrochen», schreibt Reformhaus. Dieser Einbruch habe sich im zweiten Halbjahr 2022 noch weiter verschärft und halte bis zum heutigen Tag an.
Die meisten Filialen hat das auf Bioprodukte spezialisierte Reformhaus in Zürich und Bern betrieben. Jeweils sechs sind es gemäss Website. Darauf folgen Luzern mit drei und Basel mit zwei. Mit mehreren Standorten vertreten war das Unternehmen auch in der Region Zürichsee (sechs), dem Tessin (zwei) und St. Gallen (zwei).
Gerüchte über eine finanzielle Schieflage des traditionsreichen Unternehmens, das seine erste Filiale in Zürich 1929 eröffnet hat, kursierten schon vor dem Jahreswechsel. Wie hoch die Überschuldung von Reformhaus genau ist, ist nicht bekannt. Mischa Felber, Geschäftsführer der Reformhauskette war am Dienstag für Rückfragen nicht erreichbar. Die Reformhäuser sind Teil des Unternehmens Müller Reformhaus Vital Shop. Bekannt sind die Läden unter den Marken Müller, Egli Bio, Rupprecht, Drogerie Haas und Vital Shop.
Das Unternehmen habe diverse Möglichkeiten für eine Sanierung ausgearbeitet und geprüft, heisst es weiter. Bis kurz vor Weihnachten hat Reformhaus eigenen Angaben zufolge Gespräche mit möglichen Investoren geführt. Diese seien jedoch ohne Ergebnis geblieben. Sämtliche Löhne und Mietzinse seien bis und mit Dezember 2022 pünktlich bezahlt worden.
Stagnieren auf hohem Niveau
Bio ist in der Schweiz in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Laut der Branchenorganisation Bio Suisse kauften 2021 mehr als die Hälfte aller Konsumenten täglich oder mehrmals pro Woche Bioprodukte. Zwischen 2016 und 2021 sind die entsprechenden Pro-Kopf-Ausgaben kontinuierlich gestiegen und haben 2021 mit 459 Fr. pro Person eine neue Rekordmarke erreicht. Im selben Jahr erreichten Bioprodukte einen Marktanteil von 10,9% am Lebensmittelmarkt in der Schweiz.
Nun stagnieren die Umsätze jedoch. Das betrifft allerdings nicht alle Anbieter gleichermassen. Einen Rückgang bei der Nachfrage im vergangenen Jahr hat insbesondere der Bio-Fachhandel verzeichnet. «Der Grossteil der Branche ist wieder auf dem Niveau von 2019», sagt Andreas Lieberherr, Geschäftsführer von Bio Partner. Das Unternehmen liefert unter anderem Bioprodukte an Fachgeschäfte und die Gastronomie.
Den Umsatzrückgang spürt Bio Partner auch ganz direkt. Die 14 eigenen Läden, die das Unternehmen betreibt, haben 2022 laut dem Geschäftsführer einen Rückgang im tiefen zweistelligen Prozentbereich verzeichnet.
Konsumenten schauen auch bei Bio aufs Geld
Die Prioritäten der Konsumenten haben sich nach der Aufhebung der pandemiebedingten Einschränkungen verschoben: «Jetzt wird wieder verstärkt auswärts gegessen oder Ferien gebucht», sagt Lieberherr. Während der Pandemie wurde dagegen eher gesund und nachhaltig eingekauft und sich mangels anderer Möglichkeiten ein gutes Essen zu Hause gekocht.
Nun schauen auch bei Bioprodukten die Kunden verstärkt auf die Kosten. Die steigenden Energiekosten, der Krieg in der Ukraine und die Sorge vor einer wirtschaftlichen Abschwächung verstärkt den Trend. Im Oktober hat sich die Konsumentenstimmung laut dem Staatssekretariat für Wirtschaft weiter eingetrübt und verharrt auf einem historischen Tiefstand. Auch die Reformhauskette Müller gibt im Communiqué vom Dienstag an, dass ihre Mitarbeitenden täglich mit der Aussage konfrontiert worden seien, dass das Angebot zu teuer sei.
Grossverteiler.
Besser als bei den reinen Bio-Fachgeschäften hat sich die Nachfrage dagegen bei den Grossverteilern entwickelt. Sie profitieren davon, dass sie neben Bio auch ein konventionelles Angebot fphre
«Die Grossverteiler haben Bio in der Schweiz mehrheitsfähig gemacht», sagt Lieberherr. So kaufen Konsumenten ihre Bio-Kartoffeln dort und gehen dafür nicht extra in den Biomarkt. Grossverteiler hätten den Vorteil, dass sie die Bioprodukte die am stärksten nachgefragt sind ins Sortiment aufnehmen können
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