Wirtschaftskrise in RusslandPutins wichtigste Frau steht vor einer «Mission Impossible»
Zentralbankchefin Elwira Nabiullina muss den Absturz der russischen Wirtschaft verhindern.
Keine Experimente: Mitten im Krieg nominiert Russlands Präsident Wladimir Putin Elwira Nabiullina (58) für eine weitere Amtszeit als Chefin der russischen Zentralbank, wie am Freitag bekannt wurde. Nabiullina hat den für die russische Wirtschaft mit Abstand wichtigsten Posten inne. Seit Verhängung der Sanktionen befindet sich das Land in der schwersten Krise seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion zu Beginn der 1990er-Jahre.
Am Freitagmittag veröffentlichte die Zentralbank ihren monatlichen Zinsentscheid. In Abweichung vom üblichen Programm beantwortete Nabiullina diesmal keine Fragen dazu.
Brosche soll Geldpolitik verständlicher machen
Auf ihren Auftritt war man trotzdem gespannt. Sie ist bekannt dafür, nicht nur über Worte zu kommunizieren. An ihren Pressekonferenzen trug sie stets Broschen, die als Zeichen für den Zustand der Wirtschaft oder die Ausrichtung der Geldpolitik interpretiert werden konnten. Eine Taube symbolisierte eine lockere Geldpolitik, ein Falke Zinserhöhungen. Zentralbanker seien oft zu ernst und unverständlich, das versuche sie zu ändern, begründete sie ihren Broschentick.
Als sie nach der Verhängung der Sanktionen die Anhebung des Leitzinses auf 20 Prozent bekannt gab, erschien sie ganz in Schwarz – düster wie die Zukunft der russischen Wirtschaft. Der Rubel hat stark an Wert verloren, vor den Bancomaten bildeten sich lange Schlangen, der Aktienmarkt ist geschlossen, ausländische Firmen verlassen das Land.
Die Preise schiessen in die Höhe. Allein in den letzten zwei Wochen sind sie um mehr als 4 Prozent gestiegen – damit übersteigt die Teuerung bereits jetzt den Wert, den die Zentralbank für das Gesamtjahr anvisiert. Fachleute erwarten eine Jahresrate von 20 Prozent. Bereits werden Zucker, Medikamente und importierte Waren knapp. Es gibt kaum ein Industrieunternehmen, das nicht auf Teile oder Ausrüstungen aus dem Westen angewiesen wäre.
Westliche Zeitschriften kürten sie 2015 zur Zentralbankerin des Jahres und 2017 zur besten Zentralbankerin Europas.
Verständlich, dass Putin an Nabiullina festhält. Sie war seine Wirtschaftsberaterin, bevor er sie zur Zentralbankchefin machte. Und sie hat sich schon einmal bewährt. 2014 nach der Krim-Annexion setzte sie mehr als 70 Milliarden Dollar Währungsreserven ein, um sich gegen den Zerfall des Rubels zu stemmen. Zudem steuerte sie einen harten Kurs gegen die Inflation. Mit Erfolg: Bald kehrte das Wachstum zurück. Westliche Zeitschriften kürten sie 2015 zur Zentralbankerin des Jahres und 2017 zur besten Zentralbankerin Europas.
Jetzt steht sie aber vor einer «Mission Impossible». Der Westen hat die Hälfte der Währungsreserven blockiert, die sie mühsam aufgebaut hatte. Die Zentralbank rechnet mit einem Schrumpfen der Wirtschaftsleistung um 8 Prozent im laufenden Jahr, ausländische Beobachter erwarten einen weit stärkeren Einbruch.
Als Einzige nicht mit Sanktionen belegt
Sie passt nicht richtig in die russische Führungsriege – zum einen ist sie die einzige Frau auf einem hohen Staatsposten, zum anderen zählt sie zu den Wirtschaftsliberalen, die stark an Einfluss im Putin-Staat verloren haben. Und sie ist bisher die Einzige aus der russischen Führungsriege, gegen die der Westen keine Sanktionen verhängt hat.
Es sei Zeit, dies zu ändern, forderte am Mittwoch der Russlandexperte Michael McFaul, ehemaliger US-Botschafter in Russland und Professor an der Stanford University, auf Twitter: «Ich hatte gehofft, sie würde den Mut haben, zurückzutreten, aber sie hat sich anders entschieden.»
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