Kommentar zu RusslandPutin muss aufpassen
Die gelenkten Wahlen in Russland sind nach dem Wunsch des Kreml ausgegangen. Aber über die Stimmung in der Bevölkerung sagen sie wenig aus.
Wahlen sind Stimmungstests für die Regierenden, normalerweise. Wenn aber in Russland gewählt wird, wie zum Beispiel bei den Regionalwahlen am vergangenen Wochenende, dann künden die Ergebnisse nur davon, welche Stimmung sich der Regierende gewünscht hat. Wladimir Putin weiss genau, an welchen Schrauben er zu drehen hat. Und es lief alles wie geplant.
Putin konnte nicht nur alle seine Gouverneure durchsetzen, er hat offenbar auch die richtige Balance bei den Manipulationen gefunden. Es haben ja auch Oppositionelle gewonnen. In Tomsk und Nowosibirsk wurde deutlich, was passiert, wenn unabhängige Kandidaten zugelassen werden: Sie gewannen Stadtratssitze. In den beiden Städten hatte Alexei Nawalny die Kandidaten bis kurz vor seiner Vergiftung persönlich unterstützt.
Wladimir Putin hat nur ein Interesse: den Erhalt der eigenen Macht. Dem ordnet er alles unter. Die Empörung über die Vergiftung von Alexei Nawalny und die Wut der Wähler im Fernen Osten seines Reiches scheinen Putin nicht zu erschüttern. Um seine Macht zu erhalten, ist er bereit, immer neue Grenzen zu übertreten.
Um seine Macht zu erhalten, ist Putin bereit, immer neue Grenzen zu übertreten.
Die Verfassungsänderung, die ihm eine weitere Amtszeit ermöglicht, war so eine Grenze. Putins Hilfe für Alexander Lukaschenko könnte die nächste werden. Als vor vier Wochen die Folterberichte aus den belarussischen Gefängnissen drangen, erschien es schwer vorstellbar, dass Putin sich schnell auf Lukaschenkos Seite stellen würde. Nun scheint er es doch zu tun. Lukaschenko hat all sein Gerede von der belarussischen Unabhängigkeit vergessen und wirft sich nun in Moskaus rettende Arme.
Wladimir Putin könnte daraus lernen, wie gefährlich es ist, wenn ein Autokrat den Bezug zur Realität verliert. Die gelenkten Regionalwahlen geben kaum Hinweise darauf, wie stark der Wunsch nach Wandel in Russland ist. Neue Sanktionen aus Europa oder die Unruhen in Belarus bringen die Stimmung in Russland noch nicht zum Kippen. Doch auch Putin muss aufpassen, dass er nicht irgendwann zu viele Grenzen überschreitet.
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