Polen gegen WeissrusslandProvokationen und Blamagen
Warschau brüstet sich mit dem Schutz der Grenzen. Trotzdem konnten zwei weissrussische Helikopter in den polnischen Luftraum eindringen.
Es sind bedeutende Kräfte, die die polnische Regierung an der Grenze zu Weissrussland stationiert hat: Grenzbeamte, Polizisten und Tausende Soldaten mit Nachtsichtgeräten sowie Drohnen, Radare, Helikopter und F-16-Flugzeuge. In der Tat schüren Weissrusslands Diktator Alexander Lukaschenko und Kremlchef Wladimir Putin Ängste vor einer Ausweitung des Moskauer Angriffskrieges.
Kürzlich sprach Putin über angebliche Absichten Polens, im – früher einmal zu Polen gehörenden – Westen der Ukraine einzumarschieren und diesen zu annektieren. Mehr noch: Es sei allgemein bekannt, dass Polens Führer «von weissrussischen Ländern träumen». Doch Weissrussland gehöre zum Unionsstaat mit Russland, ein polnischer Angriff auf Weissrussland bedeute einen Angriff «gegen die Russische Föderation», der mit «all unseren Ressourcen» beantwortet werde. Lukaschenko erklärte zwei Tage später, man könne nicht zulassen, dass Polen die westliche Ukraine besetze. Dann fügte er hinzu, die in Weissrussland stationierten Wagner-Söldner würden darauf brennen, «nach Westen zu fahren» und auf Warschau vorzurücken.
Polens Regierung macht Wahlkampf
In abgeklärten Zeiten würde eine polnische Regierung derlei ans russische Publikum gerichtete Fantastereien wohl übergehen. Doch in Polen wird im Herbst gewählt. Die um ihre Macht fürchtende Regierung nutzt im Wahlkampf nicht nur die üblichen Feindbilder wie Migranten oder Deutschland. Auch das Säbelrasseln von Putin und Lukaschenko kam ihr gerade recht.
Mit Polens faktischem Regierungschef Jaroslaw Kaczynski, Ministerpräsident Mateusz Morawiecki, Innenminister Mariusz Kaminski und Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak fuhr die gesamte Führung an die Grenze, um einerseits vor der angeblich beispiellosen Gefahr zu warnen und sich gleichzeitig selbst zu rühmen. «Unsere Armee wird die stärkste auf unserem Kontinent und die Grundlage der Verteidigung der gesamten Ostflanke der Nato sein», rühmte sich Kaczynski.
Dann kam der 1. August: Im polnischen Grenzgebiet bei Bialowieza wunderten sich die Einwohnerinnen und Einwohner, als drei Kilometer von der Grenze entfernt über ihren Köpfen in einigen Hundert Metern Höhe zwei Mi-17-Militärhelikopter auftauchten – mit weissrussischen Kennzeichen. Die Fotografin Eliza Kowalczyk stellte Bilder der in aller Gemütlichkeit kreisenden und ungestört nach Weissrussland zurückkehrenden Helikopter auf ihre Facebook-Seite. Doch die «Gazeta Wyborcza» bekam beim Verteidigungsministerium in Warschau die Auskunft, es sei nichts von weissrussischen Helikoptern im polnischen Luftraum bekannt.
Verletzung des polnischen Luftraums
Erst am Abend ruderte das Verteidigungsministerium zurück und erklärte, es sei tatsächlich «zur Verletzung des polnischen Luftraums durch zwei weissrussische Helikopter» gekommen. Dass man zunächst nichts davon gewusst habe, habe daran gelegen, dass die Helikopter «in sehr geringer Höhe» geflogen seien und so «die Entdeckung durch Radarsysteme erschwert» hätten. Die Blamage für Polens Regierung war da.
Polens Regierung erfinde «falsche Bedrohungen», sei aber nicht in der Lage, «auf faktische Bedrohungen zu reagieren», sagte Ex-General Miroslaw Rozanski.
Der polnische Ex-General Miroslaw Rozanski betonte, dass Weissrussland Polen zuvor über die – angeblich nur auf weissrussischem Grenzgebiet – geplanten Flüge informiert, doch Warschau gleichwohl jede effektive Kontrolle versäumt habe. Rozanski erinnerte daran, dass im letzten April beim Dorf Zamosc in der Nähe des Militärstützpunktes Bydgoszcz Trümmer einer russischen Kh-55-Marschflugrakete gefunden wurden – eine öffentliche Aufklärung blieb aus. Polens Regierung erfinde «falsche Bedrohungen», sei aber nicht in der Lage, «auf faktische Bedrohungen zu reagieren», sagte Rozanski.
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