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Meinung

Kommentar zur Pro Helvetia
Gebt der Kultur eine Stimme!

HANDOUT - Der Kulturmanager Michael Kinzer, undatierte Aufnahme. Michael Kinzer (*1972) wird per 1. Juli 2025 der neue Direktor der Kulturstiftung Pro Helvetia, wie die Stiftung am Mittwoch, 20. November 2024 bekannt gab. Er leitet seit 2017 die Dienststelle Kultur der Stadt Lausanne und ist Co-Praesident der Staedtekonferenz Kultur. (PRO HELVETIA/FEDERAL STUDIO) *** NO SALES, DARF NUR MIT VOLLSTAENDIGER QUELLENANGABE VERWENDET WERDEN ***
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Schade, schon wieder keine Frau! Seit ihrer Gründung im Jahr 1939 wird die Pro Helvetia von Männern geleitet. Der Nachfolger von Philippe Bischof – Direktor der Schweizerischen Kulturstiftung seit 2017 – heisst Michael Kinzer, wie am Mittwoch bekannt wurde. Er soll ab 1. Juli 2025 den Direktorenposten einnehmen. Seit 2017 amtiert er als Leiter der Dienststelle Kultur in Lausanne.

Ein Beamter gibt also dem nächsten die Tür in die Hand. Die Pro Helvetia verfügt über 46,7 Millionen Franken im Jahr, die aus der Bundeskasse stammen. Sie werden auf Künstlerinnen und Künstler verteilt, die Unterstützung beantragen. Die Stiftung ist so fest in der Hand von Bürokraten, dass die fehlende Frau an der Spitze gegenüber dem Fehlen von Ideen, Ausstrahlung und kulturpolitischer Haltung als das kleinere Problem erscheint.

Der letzte Direktor mit kulturpolitischem Gewicht und innovativen Ideen war Pius Knüsel, der mit seinem polemischen Buch «Kulturinfarkt» Kontroversen entzündete und international für Aufsehen sorgte. 2012 nahm er nach zehn Jahren an der Spitze der Kulturstiftung den Hut.

Seither steht die Lösung betriebswirtschaftlicher Probleme im Vordergrund. Unter Philippe Bischof, der die Stiftung wie ein Sonnenkönig leitet, wie die «NZZ am Sonntag» einmal sarkastisch bemerkte, schottete sich die Verteilbürokratie, die am Hirschengraben nahe dem Kunsthaus Zürich residiert, immer mehr ab.

Ein gewichtiger Teil der Kulturförderung durch die Pro Helvetia fliesst ins Ausland. Die Stiftung unterhält Büros in Johannesburg, Moskau, Kairo, Delhi, Shanghai, Santiago de Chile und Paris und ist damit so etwas wie der kulturelle Arm schweizerischer Aussenpolitik.

Leider hat aber der Direktor der Pro Helvetia kulturpolitisch gar keine Stimme, sieht man einmal von ein paar Feuilleton-Artikeln ab, die er regelmässig mit affirmativen Begleitsätzen auf Social Media postet.

Ein ausgesprochen klägliches Bild gibt die Pro Helvetia jedenfalls mit ihrer Aussenstelle in Moskau ab, die 2017 mit grossem Aplomb eröffnet wurde. Das war drei Jahre nach der völkerrechtswidrigen Eroberung der Krim. Nach 1000 Tagen brutalstem Vernichtungskrieg Russlands gegen die Ukraine wird die Aussenstelle noch immer betrieben, obwohl schon lange kein Kulturaustausch mehr stattfindet. Erst Ende 2024 ist ihre Schliessung vorgesehen.

Auch in der Frage, wie schweizerische Kulturinstitute mit israelfeindlichen oder offen rassistischen Künstlern umgehen sollten, herrschte bei der Pro Helvetia dröhnendes Schweigen. Gleiches gilt in Sachen Identitätspolitik und Dekolonisierung. Dabei wäre genau in solchen Fragen, welche die Kulturszene und die politische Öffentlichkeit bewegen, eine kluge, moralisch begründete und schweizweit hörbare Stimme vonnöten. Sie darf auch von der Meinung des Bundesrats abweichen.

Und wer könnte diese Rolle besser verkörpern, wenn nicht der Direktor oder eben die jetzt nicht gewählte Direktorin der vom Bund finanziell alimentierten, aber organisatorisch von der Politik völlig unabhängigen Schweizerischen Kulturstiftung Pro Helvetia?