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Nach Xhakas verbalem Angriff
Yakin bemüht sich, den Pulverdampf zu verwedeln

Switzerland's national team head coach Murat Yakin speaks during a press conference on the eve of the UEFA Euro 2024 qualifying group I soccer match between Switzerland and Andorra at the Stade de Tourbillon stadium, in Sion, Switzerland, Monday, September 11, 2023. (KEYSTONE/Laurent Gillieron)

Der Mediensprecher gibt sein Bestes. Es finde morgen auch noch ein EM-Qualifikationsspiel statt, sagt er, als könnte er so die Fragen umlenken und ein Treffen mit Andorra zum reizvollen Thema einer Pressekonferenz mit Murat Yakin machen. Die Fussballer aus den Pyrenäen sind aktuell die Nummer 154 der Weltrangliste. Grösse hört sich anders an.

Nein, beim Termin an diesem Montagnachmittag dreht sich in erster, zweiter und dritter Linie alles um ein Thema: Wie ist das jetzt zwischen Yakin, dem Trainer, und Granit Xhaka, dem Spieler? Um was soll es auch sonst gehen!

Die Kritik von Xhaka, gleich in den ersten Minuten nach dem 2:2 am Samstag in Kosovo, hat Wellen geschlagen. Diese Freiheit, die sich der meinungsstarke Spieler herausnahm, die lasche Arbeit in der vergangenen Trainingswoche so zu kritisieren, dass er damit nur einen, den Coach, treffen konnte.

«Das dulde ich nicht»

Yakin bemüht sich im Tourbillon von Sitten, den Pulverdampf wegzuwedeln. «Wir kennen Granit, ich kenne ihn sehr gut», sagt er. «Wir sind ähnlich aufgewachsen.» Ähnlich aufgewachsen heisst: als Kinder von Immigranten, der eine mit Wurzeln in der Türkei, der andere in Kosovo. Was das bedeutet, beschreibt Yakin darum so: «Wir sind uns gewohnt, eine laute Gangart zu haben.»

Am Sonntag haben sich die beiden ausgetauscht, der Chef und sein Star, eine Dreiviertelstunde lang, «offen und ehrlich», wie Yakin berichtet. Der Chef sagte seinem Star, dass ihm sein Vorgehen missfallen hat. Aus diversen Antworten zusammengesetzt bringt er das so zum Ausdruck: «Es war unnötig, öffentlich Kritik anzubringen. Es war nicht clever. Klar, ich dulde nicht, wenn er sich so äussert.»

An anderen Stellen an der Medienkonferenz sagt er aber auch: «Man muss das relativieren. Man muss Verständnis zeigen. Es ist schmerzhaft, fünf Sekunden vor Schluss den Ausgleich zu bekommen. Viele Emotionen sind dabei. Man muss nicht alles so ernst nehmen.» Und vor allem sagt er: «Eigentlich verstand ich das nicht als Kritik, sondern als Anregung.» Auf diese Deutung der Worte von Xhaka muss man auch zuerst einmal kommen. Wahrscheinlich zeigt sich darin der Freigeist Yakins.

Der Star wiederum hat in diesem Gespräch mit Yakin seine Ansprüche angemeldet. Er will mehr involviert sein in die Gestaltung der Trainingswoche. Es geht ihm darum, auf besseren Plätzen zu üben, als sie in den Tagen vor dem Ausflug nach Pristina offenbar in Saillon und Riddes zur Verfügung standen. Es geht um die Koordination der repräsentativen Aufgaben und um Termine mit Sponsoren, die bei einem solchen Zusammenzug für die Spieler anfallen, «klar», sagt Yakin, «die schmecken nicht jedem».

«Wenn er sich aus dem Fenster lehnt, ist er in der Verpflichtung und Verantwortung.»

Murat Yakin über seinen Captain

So ungefähr geht der Anforderungskatalog von Xhaka. Der Coach hat sich da nicht in jedem Detail so ausgedrückt, dass alles ganz genau verständlich sein könnte. Weil er es nicht kann? Weil er es nicht will? Die Interpretation bleibt offen. Nur eines ist ihm ein Bedürfnis, um es unmissverständlich klarzustellen: «Es geht dabei nicht um die Aufstellung. Am Ende entscheide ich.» Also entscheidet er schon einmal, dass Xhaka gegen Andorra von Anfang an spielen wird. (Und er erwähnt zudem: Gregor Kobel ist verletzt abgereist, darum steht Yvon Mvogo im Tor, während Anthony Racioppi neu die Nummer 3 ist.)

Und der Coach gibt seinem Captain gleich noch einen Rat mit auf den Weg: «Wenn er sich aus dem Fenster lehnt, ist er in der Verpflichtung und Verantwortung. Dann muss er vorangehen.» Das lässt sich nun als das verstehen, was nach Xhakas Leistung in Kosovo nur angemessen ist: als klare Aufforderung, hinterher nicht nur zu reden, sondern vor allem vorher zu liefern. Genau das ist nicht immer Xhakas Stärke gewesen. (Lesen Sie auch die Einzelkritik zum Kosovo-Match: Der Chef ist nirgends – und ein Star macht trotz allem gleich Selfies.)

Es soll nicht mehr passieren

Damit soll aus seiner Sicht auch genug sein zum Thema, das so aufgewühlt hat, weil es um die beiden grossen Charakterköpfe und Reizfiguren in dieser Nationalmannschaft geht. Zumindest versucht Yakin an diversen Stellen seines Auftritts, den Schlusspunkt zu setzen. Das geht dann so: «Es ist okay für mich. Damit ist es erledigt.» Oder: «Es war ein gutes Gespräch, wir müssen nach vorne schauen.» Oder auch: «Ich denke, dass das nicht nochmals vorkommt.» Nicht nochmals vorkommt – das ist eine mutige Aussage angesichts des Temperaments von Xhaka.

«Wir sind gemeinsam auf dem richtigen Weg», sagt Yakin. Es wäre auch schwierig, in dieser Qualifikationsgruppe vom richtigen Weg abzukommen. Die Gegner sind von einer Qualität, die wirklich nicht Furcht einflössend sein darf. Yakin gibt allerdings den mahnenden Trainer und berichtet von den «letzten 12, 13 Spielen», in denen Andorra nicht mehr als ein Gegentor erhalten habe. So richtig informiert ist er in diesem Moment nicht. Andorra hat in den letzten elf Spielen viermal zwei Tore erhalten, unter anderem im Juni beim 1:2 daheim gegen die Schweiz.

Yakin erwartet ein Geduldsspiel, ein «richtiges Stück Arbeit», also das, was ein Trainer bei einer solchen Begegnung immer erwartet. «Es geht zuerst darum, den Gegner niederzukämpfen.» Und ob es spielerisch glanzvoll sein wird, das hängt für ihn auch vom Zustand des Platzes ab. «Man kann nicht immer sagen: Wir sind der Favorit, und der Gegner ist schwach. Wenn es der Gegner gut macht und der Platz nicht gut ist, wird es schwer.» Dann geht Yakin zum Training.

Das Ende

Das wars von der Medienkonferenz nach der Xhaka-Kritik an Trainer Murat Yakin und vor dem Länderspiel gegen Andorra morgen. In wenigen Minuten folgt hier eine kürzere Zusammenfassung mit den wichtigsten Sätzen und Erkenntnissen. Danke fürs Mitlesen.

Immer wieder Kritik von Xhaka – wie geht Yakin damit um?

Yakin behauptet, er sehe kein grundsätzliches Problem, und sagt gar: «Wir ticken da ähnlich.» Nur eben: Er hätte sich gewünscht, dass Xhaka seine Kritik anders geäussert hätte als so unmittelbar und heftig nach dem Kosovo-Match. Deshalb sagt er auch: «Clever war das nicht.» Und er lässt sich gar hinreissen zur Prophezeiung: «Das wird nicht mehr vorkommen.»

Hat Yakin über Xhakas Kritik auch mit anderen Spielern gesprochen?

«Der Mannschaftsrat kommt zu mir, wenn irgendetwas ist», sagt Yakin. Im Training gebe es einen hohen Spassfaktor, aber auch hohe Intensität. Und wie hoch die Intensität dann tatsächlich sei, liege immer auch am einzelnen Spieler.

Wir deuten daraus: Die angeblich fehlende Intensität war im Team kein grösseres Thema, bis Xhaka mit seiner Kritik vorgestossen ist. Yakin redet aber noch über Xhakas Rolle als Captain und sagt: «Granit ist vielleicht ein etwas speziellerer Spieler, weil er mehr Informationen möchte.»

Wird Xhaka gegen Andorra spielen – trotz seiner Kritik?

«Granit steht in der Startelf.» So kurz ist Yakins Antwort dazu.

Ist Andorra gerade jetzt ein guter Gegner, weil die Gegenwehr begrenzt sein dürfte?

Yakin glaubt nicht, dass es ein leichter Gegner sein wird. Er erwartet ein Geduldsspiel und auch, dass seine Mannschaft in der Offensive Risiken eingeht.

Yakin erwartet mehr von Xhaka

Yakin findet, die Kritik von Xhaka sei auf diese Weise unnötig und in dieser Phase nicht clever gewesen. «Ich dulde es nicht, wenn er so etwas unmittelbar nach dem Spiel öffentlich macht. Ich möchte das lieber unter vier Augen besprechen.»

Allen Emotionen zum Trotz: So viel Verständnis wie gerade vorher noch gesagt hat also Yakin doch nicht für Xhakas Sätze. Und der Nationaltrainer hätte auch erwartet, dass Xhaka auf dem Feld vorneweg geht, Leistung zeigt und nicht nur kritisiert: «Wenn Granit solche Äusserungen macht, ist er natürlich auch in der Pflicht.»

Trotz dem Zwist und nach dem Gespräch zwischen den beiden sagt Yakin nun aber auch: «Wir sind auf dem richtigen Weg.»

Wie soll es mit der verstärkten Einbindung von Xhaka in die Wochen- und Trainingsplanung funktionieren?

Yakin geht nicht gross auf diese Frage ein. Er ist aber offenbar bereit, Xhaka verstärkt miteinzubeziehen, wenn es um die Planung der Woche geht mit Trainings, aber auch mit Aktivitäten neben dem Rasen. Die Nationalspieler haben bei Zusammenzügen zum Beispiel häufig auch Wünsche von Sponsoren zu erfüllen.

Yakin zur Kritik, die Fortsetzung

«Ich habe verstanden, dass es für Xhaka ein emotionales Spiel war», sagt Yakin und fährt fort: «Unmittelbar nach dem Spiel eine solche Äusserung von ihm – dafür muss ich auch etwas Verständnis haben, weil wir nicht die Leistung gebracht haben, die wir von uns erwartet haben. Das Gespräch zwischen uns war gut. Jetzt schauen wir nach vorne.»

Yakin zur Polemik mit Granit Xhaka

Ob das von Nationalteam-Direktor Tami angekündigte Gespräch mit Granit Xhaka schon stattgefunden habe, wird Yakin zuerst gefragt.

Ja, es habe stattgefunden, sagt Yakin. Es sei ein offenes und ehrliches Gespräch gewesen. «Ich habe ihm gesagt, es sei unnötig gewesen, die Kritik öffentlich anzubringen. Ich habe seine Worte aber nicht als Kritik, sondern eher als Anregung empfunden.» Fazit des rund 45-minütigen Gesprächs sei, dass Xhaka stärker einbezogen werden möchte in die Planung der Trainingswochen.

Auf dem Podium

Nationalmannschafts-Sprecher Adrian Arnold begrüsst Trainer Murat Yakin und Mittelfeldspieler Remo Freuler.

Das sagt der Direktor

Bereits auf Xhakas Aussagen reagiert hat Pierluigi Tami. Der Direktor der Nationalmannschaften sagte, er glaube nicht an «Folgeschäden», nichts werde davon hängen bleiben. «Dieses Team ist super. Es steht zusammen.» Aber Tami hat klargestellt, dass er Xhakas Vorgehen nicht goutiert, so etwas helfe keinem. Er hätte sich lieber eine «offene, ruhige Diskussion» gewünscht, natürlich nicht öffentlich ausgetragen.

19.06.2023; Luzern; Fussball Nationalmannschaft - EM Qualifikation Schweiz - Rumaenien; 
Direktor Schweizer Nationalmannschaft Pierluigi Tami (SUI) 
 (Martin Meienberger/freshfocus)

Herzlich willkommen zur Pressekonferenz

Guten Tag, werte Fussballfans!

Unter gewöhnlichen Umständen gäbe es ja kaum einen Grund, eine Pressekonferenz vor einem EM-Qualifikationsspiel gegen Andorra mit grosser Spannung zu erwarten. Doch das Schweizer Nationalteam sorgt wieder einmal selbst für Brisanz. Zuerst war da der ungenügende Auftritt am Samstag in Pristina gegen Kosovo, dieses magere 2:2 (die Einzelkritik zum Nachlesen gibts hier). Und dann war da vor allem Granit Xhakas bemerkenswerter Rundumschlag nach dem Spiel.

Der Captain holte zur Fundamentalkritik aus, schalt zwar auch seine Mitspieler, vor allem aber zielte er auf die Arbeit von Trainer Murat Yakin, als er bemerkte: «Im Training war kein Rhythmus, da war keine Konzentration.» Und: «Wenn man die ganze Woche nicht so viel macht, kann man nicht komplett einen neuen Rhythmus finden».

Nationaltrainer Yakin sagte in einer ersten Reaktion: «Ich werde mit ihm besprechen, was die Idee hinter diesen Aussagen war.» Ob das bereits passiert ist? Heute im Sittener Tourbillon, wo die Schweiz morgen Dienstagabend auf Andorra trifft, wird er um Fragen zu seinem rebellischen Captain jedenfalls kaum herumkommen. (Lesen Sie zum Thema auch: Granit Xhaka provoziert, wo er kann.)