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Meinung

Preiserhöhungen bei Spotify, Netflix, Disney und Co.
Schluss mit dem Streaming-Schlaraffenland

Langsam wird das Streamen teuer.
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BotTalk

Als Spotify im November 2011 in die Schweiz kam, kosteten die Monatsabos 6.45 Franken (Unlimited) und 12.95 (Premium). Dazu gab es – wie heute auch – die Gratisoption mit Werbung. Als Netflix im September 2014 zu uns kam, kosteten die drei Abos 11.90, 12.90 und 17.90 Franken pro Monat. Und als Disney Plus im März 2020 die Schweiz erreichte, kostete der Dienst 9.90 pro Monat. Zum Start gab es das Jahresabo sogar für 84.90 Franken. 

Heute kostet Disney Plus 12.90 pro Monat oder 129 Franken pro Jahr. Netflix-Abos kosten zwischen 11.90 und 24.90 Franken. Spotify kostet zwischen 13.95 und 22.95 (für Studenten 7.95) Franken pro Monat. Und morgen?

Spotify hat die Preise erst gerade erhöht. Unser Familien-Abo kostet nun zwei Franken mehr pro Monat. Auch Disney Plus will die Preise wieder erhöhen, und Netflix hat dieses Frühjahr das Teilen eines Abos kostenpflichtig gemacht, was dazu geführt hat, dass wir unser gemeinsames Abo mit den ehemaligen Nachbarn gekündigt haben.

Manchmal wird zwar der Preis der Abos nicht verändert, aber das Angebot der Abos.

Derzeit grassiert eine Preiserhöhungswelle bei den Streamingdiensten. Wohin man schaut, gehen die Preise hoch. Erst heute kam die Meldung, dass auch Amazon Music die Preise erhöht.

Und das sind nur die offensichtlichen Preiserhöhungen. Manche sieht man erst auf den zweiten Blick. Die Dienste machen das nämlich schlau: Manchmal wird zwar der Preis der Abos nicht verändert, aber das Angebot der Abos. Beste Bild- oder Tonqualität gibts dann vielleicht nur noch im Premium-Abo. Wer darauf Wert legt – schliesslich hat man ja extra einen 4K-Fernseher und eine Soundbar gekauft –, muss das Abo wechseln und mehr bezahlen, ohne dass der Anbieter etwas an den Abopreisen verändert hätte. 

Kein Wunder, machen sich immer mehr Leute Gedanken, wie viele Abos es noch braucht und wie man sparen kann (unsere Streaming-Spartipps). Für sich betrachtet mögen die Preiserhöhungen ja moderat sein, aber wenn man eben mehrere Dienste nutzt, geht es schnell ins Geld. 

Erst anfixen, dann abkassieren

Dass das Streaming-Schlaraffenland langsam teuer wird, darf niemanden überraschen. Um den Trick dahinter zu kennen, braucht man keinen Abschluss in Betriebswirtschaft. Der geht nämlich so: Man lanciert ein neues Angebot zu einem Kampfpreis, wartet, bis die alte Konkurrenz nicht mehr mithalten kann und die Kundschaft sich daran gewöhnt hat – und dann erhöht man die Preise. Im Idealfall macht man das so gemächlich, dass es kaum auffällt und nicht wehtut. Wegen der aktuellen Wirtschaftssituation und der Vielzahl an Streamingdiensten fällt dies nun natürlich dennoch auf. 

Es sind aber nicht nur Gewinnstreben und die Wirtschaftslage, die die Streaminganbieter zu Preiserhöhungen verleiten. Ganz gut sieht man das am Beispiel Spotify. Der Musikstreaming-Pionier hat ein grosses Problem: Was er kann, kann heute jeder. 

Alle können mitmischen

Einen Musik-Streamingdienst anzubieten, ist keine Hexerei mehr. Kein Wunder, bekommt man Musik heute bei den Grosskonzernen Amazon, Google und Apple je nach Abo als Gratisdreingabe. Selbst Tiktok arbeitet derzeit an einem eigenen Streamingdienst. Man braucht nur die nötigen Musikrechte und die technische Infrastruktur: Fertig ist der Streamingdienst. 

Anders als bei Videos ist bei Musik Exklusivität viel weniger ein Thema. Darum können auch kleine Anbieter mit den grossen mithalten, ohne dass dort wichtige Songs fehlen. 

Um dem entgegenzuwirken, hat Spotify Milliarden in Podcasts und damit exklusive Inhalte investiert. Die Logik ist klar: einzigartig werden und verhindern, dass die Kundschaft abwandert. Inzwischen wurde das Podcast-Angebot aber wieder zurückgefahren.

Ähnlich wie Spotify mit den Podcasts expandiert Netflix derzeit in den Sektor der Computerspiele.

Eine andere Idee, um mehr Geld zu verdienen, war die Einführung eines Abos mit höherer Klangqualität (Lossless!) und Rundumklang. Im Februar 2021 wurde das neue Angebot Spotify Hi-Fi angekündigt. Lanciert wurde es bis heute nicht. Nicht zuletzt weil der grösste Konkurrent Apple Music kurz darauf Lossless und Rundumklang lanciert hat. Ohne Aufpreis. 

Auch nicht besonders angenehm ist die Situation für Netflix. Der Vorzeigedienst, was exklusive Inhalte angeht, hat Konkurrenz durch die Grosskonzerne bekommen. Disney, Amazon und Apple können genauso gut Serien- und Filmproduktionen einkaufen und exklusiv als Streamingangebot verkaufen. Sie haben aber einen entscheidenden Vorteil gegenüber Netflix: noch viele weitere Standbeine. Streaming-Abos sind nur eine von vielen Einnahmequellen.

Ähnlich wie Spotify mit den Podcasts expandiert Netflix derzeit in den Sektor der Computerspiele. Wer ein Netflix-Abo hat, hat auch Zugriff auf immer mehr Spieletitel. Ob die Strategie mehr Erfolg hat als Spotifys Ausflug in die Podcast-Welt?

So teuer wie vorher – oder teurer

In den USA hat die «Financial Times» ausgerechnet, dass Amerikanerinnen und Amerikaner für die wichtigsten Videostreaming-Abos zusammen nun so viel bezahlen wie für ein Kabel-TV-Bundle. Die Streamingdienste sind also auf Kurs. Erst haben sie für viele Haushalte das alte System überflüssig gemacht, und nun rücken sie an dessen Stelle. 

Bei uns zu Hause sieht man das noch deutlicher. Wir hatten nie ein TV-Abo und abgesehen von Service-public-Gebühren und ganz selten einer DVD kein Geld für Videoinhalte ausgegeben. Heute haben wir einen Stapel an Streaming-Abos, auf die wir eigentlich nicht verzichten wollen. Aber nachdem wir uns überraschend schmerzfrei von Netflix getrennt haben, wird es Zeit, zu überlegen, was wir wirklich noch wollen und worauf wir verzichten können.

Die Zeiten, in denen man für einen kleinen Batzen Geld alle Musik, Filme und Serien der Welt haben konnte, sind nun genauso vorbei wie die Zeiten, als es mit Napster und ähnlichen Diensten im Netz alles gratis gab. Doch je teurer die Streamingdienste werden, desto attraktiver werden die längst vergessenen Piraterieplattformen.