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Konsumenten­preise im Vergleich
Wieso in Zürich das Leben weniger teurer wurde als in der übrigen Schweiz

An aerial view shows the headquarters of the Swiss banks Credit Suisse, right, and UBS, left, at Paradeplatz in Zurich, Switzerland on Sunday March 19, 2023. (KEYSTONE/Michael Buholzer).
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Es klingt paradox. In der Stadt Zürich steigen die Lebenskosten weniger schnell als im Rest der Schweiz. Das zeigt der Vergleich zwischen dem Landesindex der Konsumentenpreise (LIK, 106,2 Punkte) und dem Zürcher Index der Konsumentenpreise (ZIK, 105 Punkte).

Im vergangenen Jahr betrug die Inflation in der Schweiz im Durchschnitt 2,1 Prozent, in der Stadt Zürich lag sie bei 1,4 Prozent.

Zürich wird also im Vergleich zur Restschweiz von der Teuerung verschont.

Das entspricht kaum der Wahrnehmung. Pizza, ZVV, Mieten: Alles wurde teurer.

Wir haben das vermeintliche Paradox etwas genauer angeschaut. Das sind die vier – zum Teil überraschenden – Erkenntnisse:

Weniger stark steigende Mietpreise

Die Mieten sind die Hauptschuldigen für diese Entwicklung. Konsumentenpreisindizes bestehen aus Warenkörben mit verschiedenen Gütern und Dienstleistungen. Diese sind unterschiedlich gewichtet. Im ZIK hat die Gruppe Wohnen und Energie viel Gewicht, weil die Leute mehr Geld dafür ausgeben als beispielsweise für Schuhe und Kleidung. Die Mieten sind die mit Abstand wichtigste Gruppe.

Wie der Vergleich nun zeigt, sind in Zürich die Mieten weniger stark gestiegen als in der restlichen Schweiz. Seit Dezember 2020 sind die Mieten in der Schweiz im Durchschnitt um 5,3 Prozent auf 105,3 Punkte gestiegen, in der Stadt um 3,4 Prozent auf 103,4 Punkte. Das mag aus Stadtzürcher Perspektive erstaunen, bezahlbare Wohnungen sind die grösste Sorge der Zürcherinnen und Zürcher.

Zwei Punkte seien für die Differenz bei den Mieten verantwortlich, sagt Robert Weinert von der Immobilienberatungsfirma Wüest Partner. Erstens werde in der Stadt Zürich seltener umgezogen. «Bei häufigeren Umzügen sind die mittleren Mieten in den Verträgen tendenziell höher», sagt er.

Zweitens ist der Referenzzinssatz mitverantwortlich. In der Stadt Zürich wurden in der Vergangenheit bei fallenden Zinsen Mieten häufiger gesenkt. Somit hatten mehr Mietverhältnisse einen tiefen Referenzzinssatz. Entsprechend hätten die Erhöhungen des Referenzzinssatzes im vergangenen Jahr in Zürich stärker durchgeschlagen, sagt Stefan Pulfer vom Bundesamt für Wohnungswesen. Die Kluft zwischen der nationalen und der Zürcher Mietpreisentwicklung wurde jüngst entsprechend schmaler.

Statistik Stadt Zürich nennt noch zwei weitere Gründe: So seien gemeinnützige Vermieterinnen und Vermieter zurückhaltender bei Mietpreiserhöhungen, und die Stadt habe einen relativ hohen Anteil an solchen Wohnungen. Und: Der Mietpreisindex bilde nur die Teuerung in den Bestandesmieten ab, aber nicht die Steigerung des allgemeinen Mietpreisniveaus.

Die abweichenden Energiepreise

Bei den Energiepreisen fallen die Strompreise in Zürich auf. Die Stadt blieb weitgehend vom Strompreisschock verschont. Der Grund: Die Wasser-, Wind- und Solarkraftwerke des EWZ im In- und Ausland produzieren mehr Strom, als die Stadt Zürich verbraucht. Während in der Stadt Zürich der Strom seit Dezember 2020 um 8 Prozent gestiegen sind, ist er landesweit um 30,3 Prozent gestiegen.

Der Strom ist kein Einzelfall. Auch bei anderen Energiepreisen reagierten die Zürcher Preise unterschiedlich auf das turbulente Umfeld. So etwa die Fernwärme, aber insbesondere auch der Gaspreis, der nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine rasch angestiegen ist.

Die Ursache für den Zürich-Schweiz-Gas-Graben liegt im Einkaufsverhalten. Hier verfolgen die Energieversorger unterschiedliche Ansätze. In der Stadt Zürich setzt Energie 360° auf gestaffelte Einkäufe, kauft also zu unterschiedlichen Zeitpunkten ein. Deshalb reagiert der Preis schneller – nach oben, aber auch nach unten. Inzwischen liegt die Gaspreisteuerung wieder unter dem Schweizer Durchschnitt.

Die Parkplatz-Schere

Eine interessante Entwicklung vollzogen auch die Parkplatz- und Garagenpreise in Zürich: Sie sind leicht gesunken, während sie in der übrigen Schweiz gestiegen sind. Und dies, obwohl die Stadt Parkplätze auf öffentlichem Grund abbaut. «Hier spielen wohl Angebot und Nachfrage», sagt Robert Weinert von Wüest Partner. Die Zahl der Haushalte mit Auto sinke in der Stadt Zürich, gleichzeitig müssen Neubauten für neue Parkplätze sorgen. «Hinzu kommt: Das Preisniveau war schon hoch, es war also kein Potenzial mehr da für höhere Preise.»

Die teureren Ausnahmen

Es gibt nur wenige Produkte, deren Preise in der Stadt Zürich stärker angestiegen sind als in der Restschweiz. Neben der Fernwärme sind es zum Beispiel die Kantinen und Personalrestaurants. Die angefragten grossen Unternehmen ZFV und SV, die Hunderte solche Betriebe führen, konnten die unterschiedliche Preisentwicklung nicht erklären. Generell hätten die Preise aber angehoben werden müssen, weil Lebensmittel und die Logistik teurer geworden, aber auch die Löhne gestiegen seien.

Auffällig ist auch die Produktgruppe Coiffeur- und Kosmetikdienstleistungen. In Zürich sind die Preise deutlich stärker gestiegen als in der übrigen Schweiz. Marc Rotter ist Mitinhaber der Schminkbar, die in verschiedenen Schweizer Städten Filialen hat. Er erklärt sich das so: «Insgesamt hat uns die Teuerung hart getroffen, weil diverse Kosmetikprodukte sowie deren Rohstoffe durch die Ukraine-Krise und die Pandemie um bis zu 20 Prozent teurer geworden sind.» Durchschnittlich habe sein Unternehmen die Preise um 3 bis 5 Prozent erhöht. Das sei aber lediglich Schadensbegrenzung gewesen, die Teuerung hätten sie nicht vollumfänglich an die Kundschaft weitergegeben. Dass in Zürich die Preise etwas stärker gestiegen seien, habe auch mit dem Standort Zürich und den höheren Lebenshaltungskosten zu tun, weshalb im Raum Zürich auch höhere Löhne bezahlt werden müssten.

Das Gefühl trügt nicht

Dennoch: Das Gefühl, dass in Zürich der Alltag teurer wurde, trügt nicht. Auch wenn die Preise bei gewissen Gütern im landesweiten Vergleich etwas moderater gestiegen sind. Teurer wurde es trotzdem. So bezahlt man heute für acht der zehn am stärksten gewichteten Produkte deutlich mehr als noch Ende 2020. Und dazu zählt auch die Margherita in der Pizzeria im Kreis 3. Die Preise in Zürichs Restaurants und Cafés sind um 6,4 Prozent gestiegen, Autos, Töffs und Velos kosten 9 Prozent mehr und deren Unterhalt gleich 16,2 Prozent.