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Postchef im Abbau-Interview
«Poststellen sind aus einer Zeit, als die Kundschaft zum Schalter ging»

Roberto Cirillo, CEO Schweizerische Post, spricht waehrend einem Interview, am Mittwoch, 29. Mai 2024, in Bern. Die Post gab heute die Schliessung von 170 Poststellen bekannt. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
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Herr Cirillo, vor nur gerade zwei Jahren haben Sie versprochen, die Post stabilisiere «ihr Netz an eigenen Filialen bei rund 800». Warum brechen Sie Ihr Versprechen?

Ich präzisiere gerne: Wir haben 2020 angekündigt, wir würden bis 2024 die Zahl der Filialen bei 800 stabilisieren. Und das haben wir getan. Mit der Ankündigung heute machen wir unser Ziel bis 2028 bekannt. Die rückläufigen Kundenfrequenzen geben uns die Richtung vor. Unter dem Strich: Wir informieren kohärent und vor allem sehr transparent.

Warum informieren Sie nicht darüber, welche Gemeinden vom Abbau betroffen sein werden? Sie müssen doch heute schon wissen, welche Filialen nicht mehr notwendig sind.

Es ist so: Wir wissen es nicht. Wir werden in den nächsten Monaten mit den Gemeinden, den Kantonen und mit unseren Teams vor Ort definieren, wie unser Filialnetz der Zukunft aussehen soll. Die echte und wichtige Nachricht heute ist, dass wir 100 Millionen Franken in das Filialnetz investieren. Wir bleiben nah bei unseren Kundinnen und Kunden.

Wie soll die 100-Millionen-Investition mit dem angekündigten Abbau zusammengehen?

Unser Filialnetz wurde über die letzten 100 Jahren aufgebaut und ist nicht mehr zukunftsfähig. Unsere Poststellen sind ausgerichtet auf eine Zeit, als unsere Kundschaft zum Schalter ging, um eine Einzahlung zu machen. Einzahlungen am Schalter nehmen um 20 Prozent ab – pro Jahr! Wir müssen damit rechnen, dass diese Entwicklung in diesem Stil weitergeht, ja sogar mit dem Szenario rechnen, dass Schaltereinzahlungen irgendwann ganz verschwinden werden. Die Schalterhalle mit Panzerglas und der Trennung zwischen unseren Mitarbeitern und der Kundschaft ist einfach veraltet.

Wie sehen die Filialen der Zukunft aus?

So, dass sie den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden in zehn oder zwanzig Jahren entsprechen. Das werden offene Filialen sein. Sie werden viel automatisierter sein und neue Angebote haben.

Muss ich als Postkunde damit rechnen, von Robotern bedient zu werden?

Sie müssen damit rechnen, dass Sie bei uns Zugang zu allen Dienstleistungen der Post haben werden. Das ist Ihr Recht, und wir werden es sicherstellen.

«In einer Postfiliale könnte genauso gut ein virtueller Austausch stattfinden.»

Geben Sie mir ein Beispiel.

Wir kennen es alle: Die meisten Menschen haben seit der Pandemie gelernt, mit Videokonferenz umzugehen. Ein virtueller Austausch könnte genauso gut in einer Postfiliale stattfinden. Zum Beispiel, wenn Sie eine komplexe Frage haben, und es antwortet Ihnen eine Person, die nicht vor Ort ist, sondern woanders sitzt. Die Technologie hat sich verändert, die Post muss sich auch verändern.

Als Ersatz für vollwertige Poststellen propagieren Sie die «Filiale mit Partner». Wie erklären Sie Ihren Kundinnen und Kunden den damit verbundenen Serviceabbau?

Ich propagiere nichts. Die «Filialen mit Partner» sind schon heute in unserem Netz von bedienten Poststellen die Mehrheit, nämlich 1230 von 2000. Und die Kundenzufriedenheit in den «Filialen mit Partner» ist genauso hoch oder sogar höher als in unseren eigenen Filialen.

Das spricht nicht gerade für die Post …

Sagen wir es so: Die Kundenbedürfnisse haben sich geändert, und darauf reagieren wir. Unsere Filialen sind zum Teil veraltet. Wir müssen sie renovieren. Darum investieren wir ja.

Die angekündigte Schliessung von 170 Poststellen bedeutet einen Personalabbau. Mit wie vielen Entlassungen muss Ihr Personal rechnen?

Sehen Sie: Die echte Herausforderung der Post in den nächsten viereinhalb Jahren werden nicht Entlassungen sein, sondern dass mehr als tausend Kolleginnen und Kollegen pensioniert werden. Wir wissen, dass wir signifikant mehr Personal benötigen, als in Pension geht. Wir werden mehrere Hundert Personen rekrutieren müssen.

Verwaltungsratspräsident der Post ist seit 2022 der ehemalige SP-Ständerat und Gewerkschafter Christian Levrat. Wie haben Sie ihn vom Filialabbau überzeugen können?

Ich muss ihn nicht überzeugen, weil es erstens keinen Abbau gibt, sondern eine Umwandlung zugunsten der Zukunftsfähigkeit. Zweitens ist unser gemeinsames Ziel, dass die Bevölkerung Zugang hat zu qualitativ hochstehenden Dienstleistungen in der Logistik und der Kommunikation – und das, ohne einen Franken Steuergelder. Das ist im Sinne des Verwaltungsrats und auch des Bundes, dem die Post ja gehört.