Politohr spezialBesuchte Christoph Blocher in Spiez eine Geheimkonferenz?
Die Fieberkurve in Bundesbern steigt steil. Vor den Bundesratswahlen jagen sich Gerüchte, Geheimpläne und Gemeinheiten. Wer wählt wen? Wer geht gar nicht? Und wer sorgt am Ende für die Entscheidung?
Alt-Bundesrat Christoph Blocher ist immer wieder für eine Verschwörung gut. So löste seine Reise ins Wallis, wo er eine Rede bei der Abdankung von Kunstmäzen Léonard Gianadda hielt, schon fast ein politisches Erdbeben aus. Er wurde gesehen, wie er in Zürich zusammen mit seiner Frau in den Intercity stieg. Doch dann geschah Unerhörtes. Blocher verliess in Spiez den Zug, und seine Frau fuhr laut Zeugen allein weiter. Daraus entwickelte sich flugs die Theorie, Blocher halte im Berner Oberland eine Geheimkonferenz ab zur Absetzung von Ignazio Cassis und der Inthronisation von Martin Candinas (Mitte). Doch so kann sich die Geschichte nicht abgespielt haben, denn Blocher war tatsächlich an Gianaddas Abdankung, wie mehrere Fotos und Aufnahmen der Westschweizer Tagesschau beweisen. Aber was passierte in Spiez? Blocher stieg kurz aus, um eine Zeitung zu kaufen – und stieg am falschen Ende des Zugs wieder ein. So dauerte es eine Weile, bis er schliesslich seine Frau wiederfand. Lange genug für ein neues Gerücht in Bundesbern.
Bauern liebäugeln weiter mit Sprengkandidaten
«Dass die Wahlen langweilig werden, würde ich nicht unterschreiben», sagt der Zürcher SVP-Nationalrat Martin Haab. Eine Überraschung sei durchaus möglich. Grund dafür ist vor allem der Unmut über das SP-Ticket. «Jans hat in den Hearings bei den Bauern und der SVP nicht überzeugt, Pult noch weniger», sagt Haab. «Ich kann mir durchaus vorstellen, dass noch ein dritter Name ins Spiel kommen könnte.» Möglichkeiten gibt es einige: Daniel Jositsch, Roger Nordmann, Evi Allemann, Eva Herzog oder sogar der Grüne Gerhard Andrey. Dieser wollte bisher zwar nicht auf Kosten der SP in die Landesregierung. Aber vielleicht überlegt er sich das im letzten Moment noch anders. Bauernchef Markus Ritter hat schon vor Wochen Andrey als «respektablen Kandidaten» bezeichnet und gesagt, die Grünen hätten «ihr Pferd im falschen Rennen angemeldet».
Geheimfavorit Candinas wählt seinen Freund Pult
Unter bürgerlichen Politikern scheint der Bündner Jon Pult nicht gerade viele Freunde zu haben. Mindestens einen aber gibt es: Martin Candinas, Mitte-Nationalrat, ebenfalls aus Graubünden. Candinas sagt: «Für mich ist klar: Ich werde Jon Pult wählen. Er ist wie ich Rätoromane. Ich kenne ihn als aufrichtigen Politiker.» Diese Treue muss Pult seinem Freund hoch anrechnen. Denn Candinas opfert damit seine eigene Karriere als Magistrat: Wird der junge Pult Bundesrat, wird er wohl mindestens zwölf Jahre in der Regierung bleiben. So lange wird Candinas kaum Bundesrat werden können. Denn zwei Bündner Bundesräte würde das Parlament nicht dulden.
Jans’ Läckerli-Trick
Der Basler Bundesratskandidat Beat Jans ist rührend. Da hat ihn doch der SVP-Doyen Christoph Blocher vor einer Woche als Bundesratskandidat regelrecht abgewatscht. Sein Leistungsausweis sei ungenügend, die nötige Lebenserfahrung fehle, seine Nomination sei eine Provokation. Und wie reagiert der gute Jans? Statt zurückzugeifern, macht er eine Werbeaktion für die Familie Blocher. Öffentlichkeitswirksam verteilt er den Bauern beim Hearing Basler Läckerli, eine Spezialität, die unter anderem Blochers Tochter Mirjam mit ihrem Läckerlihus verkauft.
Priska Seiler Graf schlägt zurück
Egal ob SVP, FDP oder Mitte: Überall stösst das SP-Ticket (was für ein doofer Name eigentlich) mit Beat Jans und Jon Pult auf Kritik. Die Unterschiede zwischen den beiden seien zu gering, sie seien zu links, man habe sich andere Profile gewünscht, heisst es. Für Christoph Blocher ist die Auswahl sogar eine «Provokation». Nun schlägt die SP zurück. Gemäss Nationalrätin Priska Seiler Graf sind Jans und Pult «absolut fähig, das Amt eines Bundesrats auszuführen». Es gebe keinen Grund, an ihrer Wählbarkeit zu zweifeln. «Unser Ticket als Provokation zu bezeichnen, finde ich frech», sagt Seiler Graf.
Cassis bringt die SP in die Bredouille
Unterstützt die SP den grünen Kandidaten Gerhard Andrey oder den bisherigen FDP-Bundesrat Ignazio Cassis? Die Antwort ist gar nicht so einfach. Denn entweder verärgert die SP ihre Schwesterpartei, die Grünen, oder die Freisinnigen. Selbst SP-Grössen sagen hinter vorgehaltener Hand, man befinde sich in der Bredouille. Doch öffentlich will niemand Position beziehen, bevor am Dienstag die knifflige Frage in der Fraktion diskutiert wird. Dafür erhöht die FDP den Druck. «Die SP tut gut daran, sich an die bisherigen Regeln zu halten», sagt Vizepräsident Andrea Caroni. Er erwartet von den Genossen ein klares Bekenntnis zu den Kandidierenden der FDP. «Die SP verlangt von uns ja auch, dass wir von ihrem Ticket auswählen.» Der Beziehungsstatus zwischen FDP und SP ist kompliziert.
War Beat Jans mal der Bachelor?
In Basel findet man derzeit offenbar Kleber, auf welchen ein junger Beat Jans lächelnd an einer Rose schnuppert. «Feel the Beat», heisst es dazu. Jetzt rätselt alles, was das zu bedeuten hat. Spielte Jans mal den Bachelor? Oder war er eher als Heiratsschwindler aktiv? Klar ist, dass er in Bern bisher nur Guetsli verteilt hat – und keine Blumen. Und eigentlich ist er derzeit gar nicht in der Position, um Rosen zu verschenken. Vielmehr möchte er am kommenden Mittwoch eine Rose vom Parlament erhalten. Oder noch mehr: Für die Wahl in den Bundesrat bekäme er gleich einen ganzen Blumenstrauss.
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