Politohr – Politnews der WocheBerset und die Tigeraugen
Das «Politohr» der SonntagsZeitung ist eine Institution. Gerüchte, Possen, Erfolgsmeldungen: Hier lesen Sie, was abseits der grossen Schlagzeilen in der Politik passiert.
Das Rätsel um das Armband des Bundesrats ist gelöst
Also doch, das auffällige Armband, das Gesundheitsminister Alain Berset seit einiger Zeit sehr demonstrativ trägt, ist doch eine Art Glücksbringer. Kein Talisman zwar, sondern nur ein Urlaubssouvenir, sagt er in einem Interview mit der Zeitung «Le Matin Dimanche». Dann muss Berset aber doch zugeben: «Es erinnert mich daran, dass es in einer Zeit, die ich zu vergessen neige, noch Ferien gegeben hat.» Und das Armband gebe ihm die Hoffnung, dass diese Zeit «bald wiederkommt.»
Bei den hell- und dunkelbraunen Steinen, aus denen das Armband gefertigt ist, handelt es sich gemäss Kennern um Tigeraugen. Die Steine sollen Mut und Sicherheit verleihen. Ausserdem schützen sie vor Zweifeln. Und so zweifeln auch wir nicht an Bersets
Zuversicht. (dvb)
Juso-Alarm im Villenquartier
Am Samstag kreuzten die Jungsozialisten bei Magdalena Martullo-Blocher im zürcherischen Meilen und bei Ernesto Bertarelli zu Hause im Waadtland auf. Damit wollte die Jungpartei auf ihre 99-Prozent-Initiative aufmerksam machen, die nächste Woche ins Parlament kommt. Die Juso fordern höhere Steuern für das reichste Prozent der Bevölkerung. Die Aktion war allerdings nicht besonders originell. Denn die Anhänger der Partei campierten schon vor drei Jahren vor Martullos Anwesen, als sie die Initiative lancierten. Trotzdem dürften sich die Juso kaum von einem weiteren Besuch abhalten lassen und mit 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit auch vor der Volksabstimmung nochmals bei Martullo-Blocher auftauchen.
Ein Maulkorb für «Mister Corona»?
Er trinkt Corona-Bier, springt im Neoprenanzug in die Aare, wird von Corona-Skeptikern bestürmt, und ein Buch über ihn gibt es jetzt auch noch: Daniel Koch, der mittlerweile pensionierte «Mister Corona», ist immer noch allgegenwärtig, obwohl ihn nicht wenige am liebsten auf den Mond schiessen würden. Das gilt wohl auch für den Walliser SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor. Er will jetzt vom Bundesrat wissen, ob es nicht angebracht wäre, Koch an seine Pflicht zu erinnern, sich zurückzuhalten – oder von ihm sogar zu verlangen, für eine gewisse Zeit in der öffentlichen Debatte zu schweigen. Was der Bundesrat davon hält, zeigt sich am Montag, dann muss er im Parlament die Frage beantworten. Ein Rüffel ist jedoch kaum zu erwarten. Schliesslich steht Koch nicht mehr auf der Lohnliste des Bundes und kann das Volk weiterhin nerven, wann immer und so oft er will.
CVP-Präsident kämpft in den Strassen von Basel um Stimmen
In Basel-Stadt fühlt sich die Christliche Volkspartei stark – so stark wie Kaffee, wie ein aktueller Wahlkampfslogan lautet. Die Crew, die sich am Samstag in den Strassenwahlkampf stürzte, dürfte sich ebenfalls ziemlich stark gefühlt haben: CVP-Präsident Gerhard Pfister war schliesslich mit dabei, Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter aus dem benachbarten Halbkanton ebenso wie Regierungsrat Lukas Engelberger, der als Präsident der kantonalen Gesundheitsdirektoren in der Corona-Krise mittlerweile auch eine nationale Grösse geworden ist. Jetzt zu behaupten, das Trio werde der Partei bei den kantonalen Wahlen diesen Herbst gleich noch hohe Sitzgewinne bescheren, hiesse allerdings, im Kaffeesatz zu lesen.
Thurnherr fährt mit Limousine vor
Bundeskanzler Walter Thurnherr vertrat diese Woche im Parlament die Regierung, als das umstrittene Covid-19-Gesetz beraten wurde. Dass er anstelle eines Bundesrats auftrat, passte nicht allen. Nun dürfte auch noch etwas anderes zu reden geben: Thurnherr lässt sich seit kurzem in einer neuen Limousine herumchauffieren. Er hat sich einen BMW 745 Le gegönnt. Der Preis beläuft sich gemäss Bundeskanzlei auf 128’000 Franken. Für die Bezahlung des stolzen Sümmchens kommen die Steuerzahlenden auf. Thurnherr habe sich «aufgrund der Energieeffizienz und des CO₂-Ausstosses» für den BMW entschieden, heisst es weiter. Das Auto hat nämlich einen Hybridantrieb – was irgendwie passt. Der Schweizer Bundeskanzler ist doch selbst eine Mischform. Niemand weiss so recht, ob er jetzt mehr achter Bundesrat oder nur oberster Beamter ist.
Balzaretti und die geheime Tupperware-Party
Das Aussendepartement EDA geht beim Persönlichkeitsschutz der eigenen Mitarbeitenden bis zum Äussersten. Das müssen hie und da auch Journalistinnen und Journalisten erfahren. So hat das EDA über Monate hinweg eine persönliche Bemerkung von Roberto Balzaretti unter Verschluss gehalten, die der EU-Unterhändler in einer E-Mail gemacht hatte. Die SonntagsZeitung verlangte, gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz, Einsicht in die E-Mail. Das EDA rückte das Schreiben zwar heraus, ein Satz wurde jedoch geschwärzt. Um keinen Preis wollte man den Inhalt bekannt geben. Es wurde bereits gemunkelt, Balzaretti habe sich dort offen für den EU-Beitritt ausgesprochen oder über seinen Chef, Bundesrat Ignazio Cassis, gelästert. Erst nach einer Intervention des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten waren die EDA-Beamten dann doch bereit, das Geheimnis zu lüften. Und siehe da, alles war halb so schlimm. Balzaretti hatte lediglich einem Arbeitskollegen mitgeteilt, dass er sich auf dem Weg nach Genf befinde – um dort an einer Tupperware-Party teilzunehmen.
Regazzi macht Jagd auf Stimmen und Wolf
Bei CVP-Nationalrat Fabio Regazzi dreht sich in diesen Tagen alles um die Jagd. Für das Präsidium des Gewerbeverbands, das er übernehmen will, muss er zwar kaum mehr auf Stimmenjagd gehen. Die Wahl ist dem Tessiner nicht mehr zu nehmen. Er setzt sich aber für das Jagdgesetz ein, über das in zwei Wochen abgestimmt wird. Als Co-Präsident des Pro-Komitees findet er, dass die Wolfsbestände in der Schweiz besser reguliert werden müssten. Ob er dann gleich selbst auf Pirsch gehen würde, bleibt offen. Dass er das könnte, steht ausser Frage. Regazzi ist ein passionierter Jäger, seit über 30 Jahren hat er keine Saison verpasst. Heuer sind ihm aber nur Hirsch und Gams vor die Flinte gekommen.
red
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