Riesenverluste bei CSPolitik will Bankmanager nicht in die Pflicht nehmen
Die Grünen wollten die oberste Führungsetage von Grossbanken zur Verantwortung ziehen. Doch in der Wirtschaftskommission des Nationalrats sind sie abgeblitzt. Weitere Vorstösse sind angekündigt.
Wenn eine Grossbank wie zuletzt die Credit Suisse wegen eines Finanzskandals Milliarden verliert, kommen die obersten Verantwortlichen meist ungeschoren davon. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) kann erst einschreiten, wenn Manager etwa mit einer schriftlichen Anweisung explizit zu Regelverstössen aufgerufen haben.
Das liess sich die Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) des Nationalrats, die am Montag bis in den Abend hinein über das CS-Debakel beriet, vom interimistischen Finma-Direktor Jan Blöchliger erklären.
Zur Debatte stand ein Lösungsvorschlag von Gerhard Andrey. Der Nationalrat der Grünen aus dem Kanton Freiburg, selber Verwaltungsrat der Alternativen Bank Schweiz, wollte die Chefetage in die Pflicht nehmen.. Denn das sei die Stelle, welche den Risikoappetit oder generell die Kultur eines Finanzinstituts vorgebe. Als Vorbild diente Andrey Grossbritannien, das im Nachgang zur Finanzkrise ein «Senior Managers und Certification Regime» geschaffen hatte, ein Zertifizierungsregime für die obersten Bankmanager.
In der Praxis kaum nötig
Darin wird detailliert festgehalten, welche Erwartungen die Chefs zu erfüllen haben – und ihre Verantwortung für den Fall von Verstössen in ihrem Bereich festgelegt. Werden sie dieser nicht gerecht, könnten Sie zur Verantwortung gezogen oder allenfalls finanziell haftbar gemacht werden, zumindest in der Theorie. In der Praxis sei das wohl gar nicht nötig, sagt Andrey auf Anfrage: «Wenn die Ansage von Anfang an klar ist, erübrigt sich die Sanktion.»
Das Modell habe inzwischen Schule gemacht und werde etwa in Australien oder Hongkong angewendet. Für die Schweiz sei es nicht zuletzt deshalb interessant, «weil die britische Finanzmarktaufsicht auch in der Branche als regulatorisches Vorbild gilt», erklärt Andrey.
Den WAK-Mitgliedern versuchte der Freiburger ein Postulat beliebt zu machen. Nach diesem hätte der Bundesrat in einem Bericht aufzeigen sollen, wie das britische Regime oder vergleichbare Ansätze als Mittel für die Aufsichtstätigkeit der Finma eingeführt werden könnten. Die Banken-Aufsichtsbehörde könnte sich damit durchaus anfreunden. Gemäss Mediensprecher Tobias Lux begrüsst sie es, wenn über Optimierungen im Bereich Corporate Governance und Fragen punkto persönlicher Verantwortung nachgedacht wird, «zumal hier einige wichtige Finanzplätze hier deutlich weiter gehen als die Schweiz».
Allerdings sollten solche Optimierungen «in jedem Fall unbürokratisch und verhältnismässig sein» und dürften weder bei den Behörden noch den Beaufsichtigten viele Ressourcen binden. Hier aber sieht Daniel Zuberbühler ein Problem, ehemaliger Direktor der eidgenössischen Bankenkommission und Finma-Vizepräsident. Er war ein zentraler Akteur, als Bund und Nationalbank die UBS 2008 vor dem Kollaps retteten. Das britische Regime sei «wenig sinnvoll», da es zu übertriebenem Formalismus und Bürokratie führe.
«Bei einer Bank, die viele Risiken eingeht, muss man viel höhere Anforderungen stellen als heute.»
In der nationalrätlichen Wirtschaftskommission überwog ebenfalls die Skepsis. Gemäss Tamedia-Recherchen lehnte eine bürgerliche Mehrheit das Postulat nach längerer Debatte ab. Zuerst müsse man die bestehenden Regeln durchsetzen, sagt etwa der Luzerner Mitte-Nationalrat Leo Müller. «Wir müssen aufpassen, dass wir nicht immer, wenn etwas passiert, neue Regeln schaffen. Wir ersticken sonst in unserer Regelungsdichte.»
Prisca Birrer-Heimo hingegen bedauert, dass das Aufsichtsregime nicht gestärkt wird. Es war die Luzerner SP-Nationalrätin, welche die WAK-Debatte über die Credit Suisse beantragt hatte. Jetzt will sie mit einem Vorstoss dafür sorgen, dass die Bank weiterhin auf der politischen Traktandenliste der Kommission bleibt. Allerdings will sie nun zuerst bei den Eigenmitteln ansetzen.
«Bei einer Bank, die viele Risiken eingeht, muss man viel höhere Anforderungen stellen als heute», sagt die Wirtschaftspolitikerin. Heute können die Grossbanken über den sogenannten internen Modellansatz selber die risikogewichteten Aktiven berechnen und damit die Grundlage festlegen, wie viele Eigenmittel sie im Verhältnis dazu halten müssen. Künftig müsse der Gesetzgeber da höhere Anforderungen festlegen und die Finma diese überprüfen: «Ziel muss sein», so Birrer Heimo, «dass wir mit Sicherheit ausschliessen können, dass der Staat und damit der Steuerzahler in die Pflicht kommt.»
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