Forderungen der GewerkschaftenPöstler sollen 100 Franken mehr Lohn erhalten
Post, Telecom und Buchhandel seien in der Covid-Krise systemrelevant, sagt die Gewerkschaft Syndicom. Sie fordert eine bessere Entlöhnung für Angestellte dieser Branchen.
Wegen der Corona-Krise sind die mittelfristigen Aussichten für die Schweizer Wirtschaft ungewiss. Dennoch ist die Gewerkschaft Syndicom mit konkreten Lohnforderungen an Swisscom, Sunrise, UPC sowie an die Schweizerische Post gelangt.
Wie die Redaktion Tamedia erfahren hat, sollen Mitarbeiter der postalischen Zustellung und der Sortierdienste ab dem kommenden Jahr eine generelle Lohnerhöhung von 100 Franken pro Monat erhalten. Für die Angestellten aus den Bereichen Telekommunikation und Informatik verlangt Syndicom bis zu 0,8 Prozent mehr Salär.
Forderungen wegen Pandemie
Sollte sich die Arbeitnehmerorganisation mit ihren Forderungen durchsetzen, stünden Logistik und Telecom im Vergleich zu anderen Branchen gut da. In der Hotellerie und der Gastronomie haben sich die Sozialpartner bereits darauf verständigt, die Löhne für 2020 und 2021 auf dem Niveau des Vorjahres zu belassen.
Die erste grosse Lohnumfrage in diesem Herbst deutet darauf hin, dass die Saläre im Durchschnitt um 0,6 Prozent steigen dürften. Durchgeführt hat sie das St. Galler Beratungsunternehmen Know.ch. Vor allem Angestellte aus der Pharmaindustrie und dem Detailhandel dürfen demnach mit generellen Lohnerhöhungen rechnen.
Syndicom bestätigt die Tamedia-Informationen und hält fest: Sie stelle die Forderungen wegen und nicht trotz der Pandemie. Die Angestellten hätten dazu beigetragen, dass die Grundversorgung während des ersten Lockdown im Frühling gewährleistet gewesen sei. Deshalb sei eine Lohnerhöhung angebracht.
Beispiel Post
Der Paketzusteller habe Risikopersonen die Bestellungen von Lebensmitteln geliefert, sagt Matteo Antonini, Leiter Sektor Logistik bei Syndicom. «Dieser Mitarbeiter hat sich einem Ansteckungsrisiko ausgesetzt, um ein systemrelevantes Angebot in unserem Land aufrechtzuerhalten.» Für Briefträgerinnen, Paketzusteller und Logistiker der Post gibt es regional abgestufte Mindestlöhne. Im Gebiet Bern-Zürich-Basel liegt der Einstiegslohn für einen Zusteller bei 4461 bis 4538 Franken im Monat.
Beispiel Telecom
«Die Angestellten haben sichergestellt, dass die Netze funktionieren», sagt der zuständige Zentralsekretär Daniel Hügli. Nur so sei es für die Bevölkerung möglich gewesen, von zu Hause aus zu arbeiten und Kinder zu unterrichten. Davon hätten auch mittelständische Unternehmen profitiert, denn sie hätten ihre Geschäftstätigkeit aufrechterhalten können. Telecom-Mitarbeiter verdienen im Schnitt zwischen 6100 und 6900 Franken im Monat. Es bestehen Gesamtarbeitsverträge mit Swisscom, Sunrise und dem Kabelnetzbetreiber UPC.
Beispiel Buchhandel
Mit dem Argument einer funktionierenden Grundversorgung während der Pandemie will Syndicom auch höhere Löhne in dieser eher unscheinbaren Branche durchsetzen. «In der Deutschschweiz arbeiten rund 1800 Buchhändlerinnen und Buchhändler. Sie sorgen für eine funktionierende Kulturvermittlung in diesen schwierigen Zeiten», sagt Stephanie Vonarburg, Vizepräsidentin der Gewerkschaft und Leiterin Sektor Medien. Vonarburg beziffert die Lohneinbussen in der ganzen Branche wegen der Kurzarbeit auf 3 Prozent. Syndicom hatte sich für 2021 für eine Erhöhung der Mindestlöhne um 1,5 Prozent sowie aller Reallöhne um 50 Franken eingesetzt. Allerdings sind diese Lohnverhandlungen im November 2020 gescheitert.
Im Buchhandel beträgt der Medianlohn 4265 Franken im Monat. Das heisst: Die Hälfte der Mitarbeiter verdient mehr, die andere Hälfte weniger. Die Arbeitnehmer verlangen nun, dass rasch eine zusätzliche Lohnstufe von 4400 Franken pro Monat für Angestellte im achten Jahr nach der Ausbildung eingeführt wird. Vonarburg fände zudem eine «Corona-Lohngeste» gerade im stressigen Weihnachtsgeschäft angebracht.
Post und Swisscom äussern sich mit Verweis auf die laufenden Verhandlungen nicht zu den Forderungen von Syndicom. Eine Postsprecherin sagte, das Unternehmen habe im Frühling als Dankeschön für den Einsatz während der Pandemie eine Prämie von insgesamt 10,5 Millionen Franken an die Mitarbeiter ausbezahlt.
Fusion beeinflusst Verhandlungen
Anders ist die Ausgangslage bei UPC und Sunrise. Beide Unternehmen sind derzeit daran, ihre Fusion zu vollziehen. Das wirkt sich auch auf die Lohnverhandlungen aus. Ein Sunrise-Sprecher sagt, dass sich Lohnverhandlungen auf den Geschäftsverlauf stützten und nicht auf die Corona-Situation. Bei UPC heisst es, dass die Löhne im Rahmen der Integrationsarbeiten ein Thema seien.
Beim Schweizer Buchhändler-Verband ist zu erfahren, dass individuelle Lohngesten den einzelnen Mitgliedern überlassen seien. Die Arbeitgeber gehen offenbar lieber mit verdeckten Karten in den Lohnpoker.
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