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Wahlkampf in Deutschland
Plötzlich überbieten sich alle mit höheren Klimazielen

Treibt bei diesem Thema alle anderen Parteien vor sich her: Annalena Baerbock, Kanzlerkandidatin der deutschen Grünen.
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Wer bietet mehr? Um 55 Prozent will Deutschland bis 2030 seinen Ausstoss von Treibhausgasen reduzieren, verglichen mit 1990. (In der Schweiz, zum Vergleich, wären es mit dem neuen CO2-Gesetz 50 Prozent.) Nun fordern die Sozialdemokraten plötzlich 65 Prozent, die Grünen 70.

Die deutsche Regierung hat (wie die schweizerische) Klimaneutralität bis 2050 versprochen, nun redet der christdemokratische Kanzlerkandidat Armin Laschet auf einmal von «deutlich vor 2050» und sein vormaliger Konkurrent Markus Söder sogar von 2040. Es habe wenig gefehlt, spottete die «Frankfurter Allgemeine», und Söder hätte die Neutralität schon für den Bundestagswahltag im September ausgerufen.

Hat einen Ruf als «Kohle-Politiker»: Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und Kanzlerkandidat der deutschen Christdemokraten.

Ausgelöst wurde die Hektik durch einen überraschenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vergangene Woche. Das oberste Gericht hatte die Regierung gemahnt, sie dürfe nicht alle Einschränkungen, die der Kampf gegen die Erderwärmung mit sich bringe, auf die Zeit nach 2030 verschieben. Dies beeinträchtige die Freiheitsrechte der jungen Generation in einer Weise, die gegen die Verfassung verstosse.

Streng genommen verlangte das Gericht an Korrekturen nur, dass die Regierung die notwendigen Schritte zur Erreichung der Ziele auch für die Zeit nach 2030 konkret benenne – mehr nicht. Politisch wurde der Beschluss aber von vielen ganz anders interpretiert: als Appell, die Klimaziele sofort zu verschärfen, um mehr «Generationengerechtigkeit» herzustellen. In einer Umfrage waren jedenfalls drei von vier Deutschen der Meinung, ihr Land tue nicht genug, um das Klima zu schützen.

Die noch bis Herbst amtierende Regierung von Angela Merkel (CDU) nahm die Vorlage beinahe freudig auf: Merkel bezeichnete das Machtwort aus Karlsruhe als «wegweisend», Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) sagte, man verspiele die Zukunft, wenn man jetzt nicht schnell handle. Schon diese Woche werde Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) eine Revision des Klimaschutzgesetzes vorschlagen, die noch vor der Sommerpause in Kraft treten solle. Damit vor allem Geringverdiener von höheren CO2-Preisen nicht übermässig belastet werden, soll im Gegenzug unter anderem der Strompreis sinken.

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Noch ist die Pandemie nicht überstanden, da ist der Klimaschutz als das zweite grosse Thema des Wahlkampfs bereits gesetzt. Die SPD drischt grimmig auf ihren Noch-Regierungspartner CDU/CSU ein und macht ihn für alle Versäumnisse der letzten Jahre verantwortlich. Dabei waren sich die Parteien in der Vergangenheit meist einig gewesen, dass der Kohleabbau und die Arbeitsplätze etwa bei VW wichtiger waren als ein ambitionierter Klimaschutz.

Die Grünen wiederum sehen sich plötzlich ins Zentrum des Wahlkampfs katapultiert. Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock forderte Merkel und Scholz zu beherztem Handeln auf, liess aber erkennen, dass sie eine energischere Klimapolitik eher als Aufgabe der nächsten Regierung sieht, an der sie mindestens beteiligt sein will. Ihr Hauptkonkurrent um das Kanzleramt, der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Laschet, hat einen Ruf als «Kohle-Politiker», weil er sich um die Zukunft der Menschen in seinen Abbaugebieten sorgt.

Generationengerechtigkeit gilt auch anderswo

Während die AfD über die neue «Klimahysterie» schimpft, warnen auch Politiker von FDP und CDU/CSU davor, nun überstürzt allzu radikale Massnahmen zu beschliessen. Damit lasse sich zwar ein Thema politisch abräumen, das im Wahlkampf die Grünen begünstige – aber nur zum Preis, dass man schon im Voraus kapituliere.

Friedrich Merz, in Laschets Wahlkampf für Wirtschaft zuständig, mahnte bereits Generationengerechtigkeit auch in anderen Bereichen an, der Schulden- oder der Rentenpolitik etwa. Dort würde das Prinzip Linke und Grüne schmerzen, nicht Konservative.