Kolumne «Miniatur des Alltags»Plötzlich Parkkontrolleur
Wer mit einem Notizblock unterwegs ist, kann mancherorts für helle Aufregung sorgen.
Ich war fünf Minuten vor dem Interviewtermin beim Treffpunkt in Adliswil. Ausgerüstet mit Notizblock und Kugelschreiber, wartete ich in der Zufahrtsstrasse des Mehrfamilienhausquartiers auf meine Gesprächspartner. Und weil es in dem geplanten Artikel über Inklusion von Menschen mit Beeinträchtigung unter anderem um Randsteine ging, studierte ich den dortigen ausführlich.
Den weissen VW Polo, der mit zwei Rädern auf dem Trottoir parkiert war, nahm ich kaum wahr. Mein Interesse galt voll und ganz dem Randstein. Als ich seine bauliche Ausführung gedankenverloren analysierte, hörte ich, dass das Auto entriegelt wurde. Ich dachte mir nichts dabei.
Bis kurz darauf eine Frau zum Auto gerannt kam. «Ich fahre gleich weg», sagte sie und rang nach Atem. Ich verstand ihre Aussage inhaltlich, aber ich verstand nicht, weshalb sie mich über das Wegfahren informierte. Dann sah ich, dass sie flehend auf meinen Notizblock schaute.
Da dämmerte es mir: Die Frau hielt mich für einen Polizisten, der den Block gezückt hatte, um ihr eine Busse unter den Scheibenwischer zu klemmen. «Ich bin kein Polizist», sagte ich, doch die Frau schaute mich ungläubig an. Wer sonst, dachte sie wohl, steht mit einem Block bei ihrem falsch parkierten Auto und notiert etwas?
«Ich bin Journalist und warte hier auf jemanden», erklärte ich weiter. Nun schien die Frau zu verstehen, denn sie lächelte, stieg in ihr Auto und fuhr davon. Ich sah meinen Notizblock an und erinnerte mich an eine frühere Situation, in der der Block für Aufregung gesorgt hatte.
Es war an einem Markt. Ich schlenderte umher und machte Notizen. Da schaute mich ein Herr hinter einem Stand besorgt an. «Keine Angst», erklärte ich auch ihm, «ich bin Journalist und kein Kontrolleur.» Für wen er mich wohl gehalten hat?
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