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«Planet Earth»-Dreharbeiten
Verheddert sich der Seelöwe im Fischer­netz, rettet der Kamera­mann das Tier

Was tun, wenn sich Tiere in menschlichen Abfall verstricken?
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Naturdokus drehen? Das bedeutet auch heute noch, dass man eine Ewigkeit damit verbringt, auf hoher See winzige Krabben aufzuspüren. Ein pakistanischer Kameramann soll sich für den Dreh der neuen Staffel von «Planet Earth» während mehr als zwei Wochen nur 15-sekündige Mikro-Naps genehmigt haben, damit ihm nichts entging.

Die achtteilige neue Staffel der BBC-Serie, wiederum präsentiert von David Attenborough, ist vor kurzem gestartet und hat hymnische Kritiken bekommen. Es gibt wirklich Spektakuläres zu sehen: Wüstenlöwen, die bei Nacht Kormorane jagen, oder Robben, die einen Weissen Hai von der Küste vertreiben.

Die Unechte Karettschildkröte, die sich in einem weggeworfenen Netz verfangen hat.

Weniger erfreulich sind die Bilder von Meeresschildkröten, die sich in entsorgten Fischernetzen verfangen haben. Die Crew von «Planet Earth» suchte nach der Columbus-Krabbe, die sich mit Vorliebe auf Treibgut festkrallt, gern auch auf Fischernetzen – bis sie auf einer vorbeischwimmenden Meeresschildkröte andocken kann. Die Krabbe ist total süss, aber was tun mit der Schildkröte, die sich so fatal im menschlichen Abfall verstrickt hat?

Natur-Dokfilmemacher haben eine Regel, wird uns in «Planet Earth» erklärt: Sie beobachten das Verhalten in freier Natur, mischen sich aber nicht ein. Doch gilt dieses naturdokumentarische Ethos noch, wenn pro Jahr schätzungsweise 1 Million Tonnen Fischereimaterial in den Ozeanen landet? «Diese Situation ist alles andere als natürlich», schlussfolgert das Team auf dem Gummiboot und schneidet die Schildkröte aus ihrem Plastikkleid. Tier gerettet, Tränen bei den Menschen.

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Die Rettung des Seelöwenjungen

Die BBC sendete die erste Staffel von «Planet Earth» vor fast 20 Jahren. Die neuen Folgen entstanden unter dem Eindruck von Klimawandel und Anthropozän-Debatte, ein Begriff für eine Epoche der Erdgeschichte, in der die menschlichen Eingriffe in der Natur deutlich werden. Für die Filmemacher bedeutet es, dass sie die Anzahl aufwendiger Reisen reduzieren, mit lokalen Crews zusammenarbeiten und Aufnahmen per Drohnen oder ferngesteuerten Kameras machen – sogar unter der Wasseroberfläche.

Das «Planet Earth»-Team zeichnet auch Situationen auf, in denen Tiere sich an menschliche Eingriffe anpassen. Vor der Küste Chiles warten Seelöwen hungrig auf die Sardellenfischer; wird das Netz zusammengezogen, springen nicht wenige hinein, um zu fressen. Mit dem Resultat, dass am Ende ein paar Seelöwen im Netz hängen bleiben.

Die Filmcrew beobachtete, wie ein Weibchen ihr Junges vermisste – und griff abermals ein. Der Taucher, eigentlich Kameramann, bekam eine neue Aufgabe, er sollte das Seelöwenjunge befreien. Auch das klappte.

Ein Seelöwe verheddert sich in einem Fischernetz, nachdem er Sardellen gefressen hat.

Die Tierrettungen in den Naturdokus sind herzerwärmend. Bloss gibt es da einen Widerspruch, den «Planet Earth» nie reflektiert: Die Serie macht das Natürliche permanent «unnatürlich».

Geht es ums Fressen und Gefressenwerden, werden animalische Reflexe durch den Filmschnitt vermenschlicht: Auf den Angriff eines Raubtiers folgen Aufnahmen von anderen Tieren, die sich panisch zurückziehen. Andere wirken so, als würden sie die Fressszene aus der Distanz mitverfolgen. Solche «reaction shots» kennt man aus der Filmdramaturgie, etwa aus dem Western: In «Planet Earth» ist jede Nahrungsaufnahme quasi ein Duell vor dem Saloon.

«Planet Earth» muss das (natürlich) so ästhetisieren, ansonsten fühlten wir uns mit dem finsteren Chaos der Natur alleingelassen. Aber wo jedes über Bord geworfene Fischernetz als «unnatürlich» taxiert wird, müsste die Serie sich auch einmal fragen, ob aus wilder Natur Allzumenschliches wird.

«Planet Earth», nur auf BBC. Ab 2024 auf ZDF.